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Kinsey Millhone 10 - Stille Wasser

Kinsey Millhone 10 - Stille Wasser

Titel: Kinsey Millhone 10 - Stille Wasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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Juli. Die Schaufenster jedes zweiten Geschäfts waren von hübschen Leinenmarkisen beschattet, und ich fragte mich, ob der Bürgermeister vielleicht einen Schwager hatte, der in der Branche tätig war.
    Die Wohnsiedlung, in der Dana Jaffe jetzt lebte, war wahrscheinlich in den Siebzigern aus dem Boden gestampft worden, als sich Perdido eines kurzen Immobilienbooms erfreut hatte. Das Haus war einstöckig, anthrazitgrau, mit weißen Fensterstöcken und Türen. In den Einfahrten der meisten Häuser im Viertel standen drei oder vier Fahrzeuge, was darauf schließen ließ, daß in vielen dieser sogenannten »Einfamilienhäuser« mehrere Parteien hausten. Ich steuerte meinen Wagen in die Einfahrt und stellte ihn hinter einem Honda älteren Modells ab.
    Das abendliche Zwielicht verdichtete sich. Neben dem Gartenweg waren Gruppen von Zinnien und Ringelblumen angepflanzt. Im spärlichen Lichtschein einer ornamentalen Lampe konnte ich erkennen, daß die Büsche ordentlich gestutzt waren, der Rasen frisch gemäht. In dem Bemühen, dem Haus, das seinen Nachbarn zum Verwechseln ähnlich war, ein eigenes Gesicht zu geben, hatte man an der Grundstücksgrenze ein Gitter hochgezogen, an dem sich betörend süß duftendes Geißblatt emporrankte und wenigstens eine Illusion von Privatheit vermittelte. Ich läutete und nahm, während ich wartete, eine meiner Geschäftskarten aus der Handtasche. Auf der Veranda vor dem Haus standen, gepackt und verschlossen, Stapel von Umzugskartons. Es hätte mich interessiert, wohin sie wollte.
    Nach einer Weile öffnete mir Dana Jaffe, mit einem Telefonhörer am Ohr, den sie an einem langen Kabel durch das ganze Haus mitgeschleppt hatte. Mit dem honigblonden Haar, den feingemeißelten Wangen, dem ruhigen, kühlen Blick war sie genau der Typ Frau, den ich furchtbar einschüchternd fand. Sie hatte eine schmale, gerade Nase, ein kräftiges Kinn und einen leichten Überbiß. Sehr weiße Zähne blitzten hinter vollen Lippen.
    Sie drückte die Sprechmuschel des Hörers an ihre Brust, als sie mich ansprach. »Ja?«
    Ich hielt ihr meine Karte hin, so daß sie meinen Namen lesen konnte. »Ich würde gern kurz mit Ihnen sprechen.«
    Mit einem kleinen Stirnrunzeln der Verwunderung blickte sie auf die Karte, ehe sie sie mir zurückgab. Sie hob einen Zeigefinger und machte eine entschuldigende Miene, als sie mich ins Haus winkte. Ich trat durch die Haustür direkt ins Wohnzimmer. Mein Blick folgte dem Telefonkabel in ein Eßzimmer, das in ein Büro umfunktioniert worden war. Offenbar war sie als eine Art Hochzeitsberaterin tätig. Überall lagen Stapel von einschlägigen Zeitschriften. An einer Pinwand über dem Schreibtisch hingen Fotografien, Mustereinladungen und — anzeigen, Bilder von Brautsträußen, Artikel über Flitterwochenangebote. Eine Liste mit etwa fünfzehn bis zwanzig Namen und Daten erinnerte sie an kommende Termine.
    Der Teppich war weiß und flauschig, die Couchgarnitur stahlblau mit Zierkissen in Creme und Seegrün. Abgesehen von einer Gruppe Familienfotos in silbernen Rahmen gab es keinerlei Schnickschnack. Einige glänzende Grünpflanzen schmückten den Raum; große, gesunde Exemplare, die die Luft mit Sauerstoff anzureichern schienen. Ein Glück bei dem vielen giftigen Zigarettenrauch, der in der Luft hing. Die Möbel waren geschmackvoll, wahrscheinlich preiswerte Nachahmungen von Designerstücken.
    Dana Jaffe war gertenschlank. Sie trug eine enge, ausgewaschene Jeans, ein einfaches weißes T-Shirt und Tennisschuhe ohne Strümpfe. Wenn ich mich so anziehe, sehe ich aus, als wollte ich bei meinem Auto mal schnell einen Ölwechsel machen. Bei ihr hatte man den Eindruck lässiger Eleganz. Ihr Haar hatte sie im Nacken mit einem Tuch zusammengebunden. Ich sah jetzt, daß das Blond von Grau durchzogen war; es schien sie nicht zu kümmern, als sei sie sicher, daß zunehmende Reife ein Gesicht, das so vollkommen geschnitten war, nur interessanter machen könne. Durch den leichten Überbiß wirkte ihr Mund aufgeworfen, und das verhinderte wahrscheinlich, daß man sie »schön« nannte, was auch immer das beinhaltete. Man würde sie wohl eher als »interessant« oder »apart« bezeichnen, obwohl ich persönlich alles für ein solches Gesicht gegeben hätte, so klar und fesselnd, mit einem so makellosen Teint.
    Sie nahm die Zigarette, die sie im Aschenbecher abgelegt hatte, zog ausgiebig daran und setzte ihr Telefongespräch fort.
    »Ich glaube nicht, daß Sie damit glücklich sein werden«, sagte

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