Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kinsey Millhone 15 - Gefaehrliche Briefe O wie Opfer

Kinsey Millhone 15 - Gefaehrliche Briefe O wie Opfer

Titel: Kinsey Millhone 15 - Gefaehrliche Briefe O wie Opfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
Vom Netzwerk:
mich interessiert an. Aus der Nähe wirkten seine Gesichtszüge zu spitz, um attraktiv zu sein: schmale, helle Augen und eine lange, dünne Nase. Er hatte einen schiefen Schneidezahn, der nach vorn herauszustehen schien. Der Rest seiner Zähne war ein Wirrwarr aus überlappenden Kanten, von denen manche Goldränder hatten. Das Gelb seiner Haare war die Folge von Peroxid, und an den Wurzeln dunkelte es bereits nach. Er roch muffig, wie Holzrauch gemischt mit schmutzigen Sportsocken. »Ich hab’ Sie schon mal gesehen«, sagte er.
    »Wahrscheinlich im Honky-Tonk. Da war ich gerade.«
    »Ich auch. Hab’ ein paar Niggern beim Billard ‘ne Stange Geld abgenommen. Wie heißen Sie?«
    »Ich heiße Kinsey. Und Sie sind Carlin Duffy. Ich habe Sie gesucht.«
    Er warf einen Blick in meine Richtung und starrte dann zur Windschutzscheibe hinaus, während sich seine Miene verschloss. »Warum das?«
    »Sie kennen Mickey Magruder.«
    Er taxierte mich kurz und sah dann zum Seitenfenster hinaus. Sein Tonfall verlagerte sich auf eine Skala zwischen mürrisch und abwehrend. »Ich hatte mit dieser Geschichte in L.A. nichts zu tun.«
    »Ich weiß. Ich dachte, wir könnten rausfinden, was passiert ist, ganz unter uns. Nennen Ihre Freunde Sie Carlin?«
    »Duffy. Ich bin keine Schwuchtel«, erwiderte er. Er sah mich verschmitzt an. »Sie sind Polizistin, stimmt’s?«
    »Früher mal. Jetzt bin ich Privatdetektivin und arbeite selbstständig.«
    »Was wollen Sie von mir?«
    »Ich würde gern etwas über Mickey hören. Woher kennen Sie sich?«
    »Warum soll ich Ihnen das verraten?«
    »Warum nicht?«
    »Ich weiß rein gar nix.«
    »Vielleicht wissen Sie mehr, als Sie glauben.«
    Er erwog dies, und ich konnte ihm fast ansehen, wie er die Gangart wechselte. Duffy war einer von der Sorte, die nichts hergeben, ohne etwas dafür zu bekommen. »Sind Sie verheiratet?«
    »Geschieden.«
    »Passen Sie auf: Wir holen uns ein Six-Pack und gehen zu Ihnen nach Hause. Dann können wir so viel reden, wie Sie wollen.«
    »Wenn Sie auf Bewährung sind, hat Ihnen ein Verstoß gegen die Alkoholbestimmungen gerade noch gefehlt.«
    Duffy sah mich scheel an. »Wer ist auf Bewährung? Ich habe meine Strafe abgesessen und bin so frei wie ein Vogel.«
    »Dann gehen wir eben zu Ihnen. Ich habe eine Mitbewohnerin und darf um diese Zeit keinen Besuch mehr mitbringen.«
    »Ich habe keine Wohnung.«
    »Sicher haben Sie eine. Sie wohnen im Geräteschuppen von Bernie Hirnes’ Gärtnerei.«
    Er stampfte auf den Wagenboden und fuhr sich nervös mit der Hand durchs Haar. »Verflucht noch mal! Woher wissen Sie denn das?«
    Ich tippte mir gegen die Schläfe. »Ich weiß außerdem, dass Sie der Bruder von Benny Quintero sind. Möchten Sie über ihn sprechen?«
    Inzwischen war ich an der Einfahrt zur Gärtnerei vorbeigefahren und überquerte den Freeway in Richtung Berge.
    »Wohin fahren Sie eigentlich?«
    »Zum Spirituosenladen.« Ich bog zu einem Lebensmittelmarkt in einer ehemaligen Tankstelle ab. Dann holte ich einen Zwanziger aus der Tasche und sagte: »Ich lade Sie ein. Kaufen Sie, was Sie wollen.«
    Er sah den Schein an, dann nahm er ihn und stieg mit kaum unterdrückter Erregung aus dem Auto. Ich musterte ihn durchs Fenster, als er den Laden betrat und an den Regalen entlangzuschlendern begann. Ich konnte es nicht verhindern, wenn er zur Seitentür hinausging und sich zu Fuß davonmachte. Aber wahrscheinlich dachte er sich, dass das nicht viel Sinn hätte. Ich brauchte ja nur zur Gärtnerei fahren und dort auf ihn zu warten.
    Der Mann an der Kasse behielt ein wachsames Auge auf Duffy, als rechne er damit, dass dieser etwas mitgehen ließ oder eine Pistole zückte und den Kasseninhalt forderte. Duffy nahm hinten im Laden zwei Six-Packs Flaschenbier aus dem Kühlschrank mit den Glastüren und hielt sich dann so lange in einem anderen Gang auf, wie er brauchte, um eine große Tüte Chips und ein paar andere Sachen auszuwählen. An der Kasse angelangt, bezahlte er mit meinem Zwanziger und steckte sich das Wechselgeld in die Hosentasche.
    Als er wieder ins Auto stieg, schien sich seine Laune gebessert zu haben. »Haben Sie schon mal Lakritz mit Bier probiert? Ich habe uns ein paar Good and Plentys besorgt und noch ‘nen Haufen anderen Scheiß.«
    »Ich kann es kaum erwarten«, sagte ich. »Übrigens, was ist das für ein Akzent? Kentucky?«
    »Ja, Ma’am.«
    »Ich wette, es ist Louisville, stimmt’s?«
    »Woher wissen Sie das?«
    »Ich habe einen Instinkt für so

Weitere Kostenlose Bücher