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Kinsey Millhone 15 - Gefaehrliche Briefe O wie Opfer

Kinsey Millhone 15 - Gefaehrliche Briefe O wie Opfer

Titel: Kinsey Millhone 15 - Gefaehrliche Briefe O wie Opfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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wissen.
    »Das war leicht. Sie wurden wegen eines kaputten Rücklichts angehalten und vorgeladen. Als die Polizei Ihren Namen in die EDV eingab, standen Sie in Ihrer ganzen Herrlichkeit da. Sie haben eine Menge Zeit im Gefängnis verbracht.«
    »Also, wissen Sie. Das ist wirklich Schwachsinn. Okay, vielleicht bau’ ich ab und zu Mist, aber nichts Schreckliches .«
    »Sie haben nie jemanden umgebracht.«
    »Das stimmt. Und ich habe nie jemanden beraubt. Und nie eine Pistole benutzt — außer das eine Mal. Ich hab’ nie Drogen genommen. Ich hab’ nie mit Frauen rumgemacht, die nicht mit mir rummachen wollten, und ich hab’ nie Kinder angefasst. Außerdem bin ich nicht einen einzigen Tag in einem Bundesgefängnis gesessen. Alles nur städtisch oder vom Bezirk, vor allem so Neunzig-Tage-Scheiß. Fahrlässige Körperverletzung. Was zum Teufel heißt das schon?«
    »Ich weiß es nicht, Duffy. Sagen Sie’s mir.«
    »Versehentliches Abschießen einer Feuerwaffe«, sagte er verächtlich. Das Vergehen war offenbar so daneben, dass es mich wunderte, dass er es zugab. »Es war Silvester — vor mittlerweile zwei Jahren. Ich war in so ‘nem Motel in E-town und hab’ mich bestens amüsiert. Ich hab’ Unfug getrieben, genau wie alle anderen. Dabei hab’ ich eine Runde abgefeuert, und im nächsten Moment zischt die Kugel durch die Decke und trifft ‘ne Lady in den Hintern. Wieso soll das meine Schuld sein?«
    »Wie könnte es?«, echote ich mit gleicher Entrüstung.
    »Außerdem ist Knast gar nicht so schlecht. Sauber und warm. Man hat sein’ Volleyball, ‘ne eigene Toilette und einen Farbfernseher. Das Essen ist mies, aber die medizinische Versorgung kostet keinen Cent. Ich weiß sowieso die meiste Zeit nicht, was ich anfangen soll. Der Druck steigt, und ich explodiere. Knast ist wie eine Art Auszeit, bis ich wieder klar im Kopf bin.«
    »Wie alt sind Sie?«, fragte ich.
    »Siebenundzwanzig. Warum?«
    »Sie werden langsam ein bisschen alt dafür, auf Ihr Zimmer geschickt zu werden.«
    »Da haben Sie wohl Recht. Ich will ja auch aufhören mit dem Quatsch, jetzt, wo ich hier bin. Andererseits macht es aber Spaß, die Regeln zu brechen. Da fühlt man sich frei.«
    »Das kann ich nachvollziehen«, sagte ich. »Haben Sie je einen richtigen Job gehabt?«
    Dass ich seinen beruflichen Werdegang in Zweifel zog, schien ihn leicht zu beleidigen. »Ich bin Schwermaschinenführer. Hab’ drunten in Tennessee gelernt und meinen Facharbeiter gemacht. Gerüste, Kräne, Gabelstapler, Planierraupen, was Sie wollen. Erdhobel, Grabenbagger, hydraulische Schaufeln, Baumlifte, alles, was Caterpillar oder John Deere je hergestellt haben. Sie müssten mich mal sehen. Ich sitze oben in der Kabine und leg’ mich ins Zeug.« Einen Moment lang wechselte er mit dem Mund die Gänge und verwendete seine Bierflasche als Hebel, während er einen imaginären Lader bediente.
    »Erzählen Sie mir von Ihrem Bruder.«
    Er stellte die leere Flasche neben seine Füße, beugte sich vor und stützte mit angeregter Miene die Ellbogen auf die Knie. »Benny war der Größte. Er hat besser für mich gesorgt als meine Eltern. Wir haben alles zusammen gemacht, außer als er in den Krieg zog. Da war ich erst sechs Jahre alt. Ich weiß noch, wie er nach Hause gekommen ist. Er war wegen seinem Kopf im Krankenhaus und dann in einer Reha. Mama hat gesagt, danach hat er sich verändert. Sie meinte, er wäre launisch und unberechenbar, irgendwie daneben. Mich hat’s nicht gestört. 1971 hat er die Triumph gekauft: Dreizylindermotor, Zwillingskupplung. War damals nicht neu, aber sie war heiß. Damals hat sich kein Mensch mit Harley Davidsons abgegeben. Und mit diesen Japsenmaschinen auch nicht. Da gab’s nur BSA und Triumph.« Er bedeutete mir, ihm die Chips und die Dose mit dem Dip zu reichen.
    »Was hat ihn nach Kalifornien geführt?«
    »Das weiß ich nicht genau. Ich glaube, es hatte was mit seiner Unterstützung zu tun. Irgendwie hat das Veteranenamt mit seinen Papieren Mist gebaut.«
    »Aber warum hat er das nicht in Kentucky erledigt? Dort hat das Veteranenamt auch Stellen.«
    Duffy legte den Kopf schief und knabberte Kartoffelchips, während er sich mit dem Handrücken den Mund wischte. »Er kannte hier in der Gegend jemanden, von dem er sich Hilfe erhofft hat. Hey, ich hab’ uns Nüsse gekauft. Geben Sie mir doch mal die Tüte.«
    Ich schob ihm die braune Tüte hinüber. Er fischte eine Dose Erdnüsse heraus und riss sie am Ring auf. Dann schüttete er sich und

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