Kinsey Millhone 18 - Ausgespielt
zu fahren, wo ich so nah an der Einfahrt parkte wie möglich. Jede Parklücke war mit Farbe markiert, und eine an die Mauer neben dem Laden angeschlagene Tafel verkündete, dass die Gebührenzahlung auf Treu und Glauben erfolgte. Brav suchte ich nach dem entsprechenden Kästchen und schob die Anzahl von Dollarscheinen hinein, die für mein Gefühl die Parkzeit abdeckten. Ich war derart fasziniert von dieser Demonstration kommunaler Tugend, dass ich Misty erst bemerkte, als sie die Straße bereits halb überquert hatte. Sie futterte einen Schokoriegel und hatte eine Stange Zigaretten unter dem Arm.
Ihr Ziel lag direkt vor ihr. Es war ein Striptease-Lokal namens Flesh Emporium. Unter der doppelten Reihe von Glühbirnen, die den Namen bildeten, blinkte ein Neonschild: Girls, Girls, Girls... nackt, scharf und wild. Darunter stand in kleineren Lettern: Tätowierungen und Piercings sofort. Und dann noch kleiner: Bücher, Videos, Live-Zeitschriften. Der Türsteher winkte sie hinein. Ich wartete einen Anstandsmoment ab, ehe ich die Straße überquerte. Sie verlangten zwanzig Dollar Gedeckpauschale, die ich nur sehr ungern entrichtete. Ich bezahlte, nahm mir jedoch vor, den Betrag auf meine Spesenabrechung zu setzen, allerdings so, dass nichts auf bezahlten Sex hinwies.
Drinnen tat sich ein Spielsalon bescheidener Größe vor mir auf, in dem dick der Zigarettenrauch hing und alles im Schein der Lichter von hundert einarmigen Banditen schimmerte, die Rücken an Rücken dastanden. Im Vorübergehen vernahm ich die weichgespülte, geistlose Flöten- und Glöckchen-Musik, die beim Spielen aus den Automaten ertönte. An der mit schalldämmenden Platten verkleideten niedrigen Decke hingen zylindrische Spots, Kameras, Rauchmelder und Sprinklerköpfe. An den Spielautomaten war kaum Betrieb, aber weiter drinnen, hinter den Black-Jack-Tischen, gab es eine abgedunkelte Bar, an die sich auf einer Seite eine breite Bühne anschloss. Auf drei grell beleuchteten Plattformen präsentierten sich nackte Tänzerinnen, indem sie sich wanden, hin und her stolzierten und ihre körperlichen Vorzüge darboten. Nichts davon wirkte besonders scharf oder wild. Ich suchte mir einen Tisch ziemlich weit hinten, da ich mich unbehaglich fühlte. Die meisten Besucher waren Männer. Alle tranken, und die meisten beachteten die Brüste und Pos, die vor ihnen paradierten, wenig oder gar nicht.
Misty war nirgends zu sehen, doch eine Bedienung namens Joy kam an meinen Tisch und legte eine Cocktailserviette vor mich hin. Paillettenbesetzte Plättchen im Format von Pfefferminztalern schützten ihre Brustwarzen vor unkeuschen Blicken, und über dem, was meine Tante Gin ihre »Scham« genannt hätte, trug sie ein glitzerndes Feigenblatt. Ich bestellte mir eine Flasche Bass Ale, in der Annahme, dass die Geschäftsleitung das nicht verwässern konnte. Als Joy mit meinem Bier und einem Körbchen voll gelb gefärbtem Popcorn zurückkam, bezahlte ich die fünfzehn Dollar, die auf der Rechnung standen, und gab ihr fünf Dollar Trinkgeld. »Ich suche Misty. Ist sie da?«
»Sie zieht sich gerade um. Ihr Auftritt steht kurz bevor. Sind Sie eine Freundin von ihr?«
»Nicht ganz, aber beinahe.«
»Sagen Sie mir Ihren Namen, dann richte ich ihr aus, dass Sie da sind.«
»Mein Name wird ihr nichts sagen. Eine Freundin einer Freundin hat gemeint, ich soll mich bei ihr melden, wenn ich in der Gegend bin.«
»Wie heißt die Freundin?«
»Reba Lafferty.«
»Lafferty. Ich sag’s ihr.«
Ich nippte an meinem Bier und aß ein wenig von dem kalten, zähen Popcorn, froh über die Ablenkung, da ich mich nur minimal für den Anblick nackter Frauen erwärmen kann, die mir ihre Hintern entgegenschwenken, wenn auch nur aus der Ferne. Ich hatte mir üppige Körper in der Art von Showgirls vorgestellt, aber nur eine der drei besaß die erforderlichen fußballgroßen Möpse. Wahrscheinlich mussten die beiden anderen noch sparen.
Misty hatte sich nicht direkt umgezogen, sondern lediglich die Kleider abgelegt, die sie auf dem Weg zur Arbeit getragen hatte. Ihre Beine waren nackt, und nur ein String und ihre Stilettos waren geblieben. Sie war groß und schlaksig, hatte pechschwarzes Haar, hervorstehende Schlüsselbeine und lange, dünne Arme. Im Gegensatz dazu besaß sie Brüste von geradezu sperrigen Ausmaßen — Brüste, die Rückenschmerzen verursachen und einen BH mit so festen Trägern erfordern, dass sie einem dauerhafte Striemen in die Schultern schneiden, die aussehen wie
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