Kirchweihmord
studiert so wie Claudia, sondern eine simple Ausbildung als Diätköchin. Das hier«, sie wies in einer ausholenden Bewegung auf Haus und Garten, »habe ich, weil mein Mann eine gute Stelle hat. Er sitzt bei Siemens in Erlangen in einer ziemlich hohen Position. Dafür ist er auch wenig zu Hause, ich muss mich um alles kümmern. Aber seit unsere Verena da ist, seit ziemlich genau zehn Monaten, füllt mich das Hausfrauendasein auch ein wenig mehr aus. Das Wahre ist es trotzdem nicht.«
»Arbeiten Sie nicht mehr in Ihrem Beruf?«, wollte Katinka wissen.
»Ich habe zwei Jahre in Staffelstein in der Kurklinik gearbeitet, aber mit der Gesundheitsreform interessiert sich niemand mehr für eine Diätköchin. Und ehrlich gesagt, der Job hat mir keinen großen Spaß gemacht. Er war eine Notlösung. Na ja.«
Katinka nickte.
»Ach, da hinten ist Winfried!« Mila winkte zum Zaun hinüber. Sie wies auf einen jungen Mann in Shorts und T-Shirt mit einer Heckenschere in der Faust.
»Komm doch einen Augenblick rüber!«, rief Mila. Sie wandte sich an Katinka: »Winfried Denninger ist unsere gute Gartenseele. Man findet keinen besseren als ihn.«
»Ein Profigärtner?«, fragte Katinka erstaunt.
»Nein, Student. Er macht das als Ferienjob.«
Winfried kam herüber. Sein T-Shirt klebte schweißnass an seinem Körper.
»Hallo zusammen«, sagte er. »Eine Affenhitze.«
Entschuldigend hob er seine erdigen Hände: »Es ist keine Unhöflichkeit, wenn ich Ihnen nicht die Hand gebe«, sagte er grinsend.
Katinka zuckte die Schultern. »Kein Thema. Ist es Ihnen nicht zu heiß zum Arbeiten?« Die Frage war scherzhaft gemeint, aber Winfried Denninger nahm sie ernst.
»Überhaupt nicht. Ich mag es, draußen zu sein, egal bei welchem Wetter.«
»Nimm Dir einen Eistee«, unterbrach Mila.
»Wir sollten uns mal um den Kompost kümmern«, sagte Winfried, griff nach dem Glas und leerte es in einem Zug. »Willst du erst noch mit Reiner darüber sprechen?«
Mila zuckte die Schultern. »Nein, nein, wenn du meinst, dann machen wir das mit dem Kompost.«
Sie besann sich und sagte: »Sorry, die Hitze hat mein Gehirn verschmort. Das ist Katinka Palfy. Sie ist hier, weil Claudia verschwunden ist.«
Winfried machte zuerst ein betroffenes Gesicht, dann sagte er: »Claudia? Claudia Herzing?«
»Kennen Sie sie?«, hakte Katinka nach.
Winfried nickte und langte nach einem Keks.
»Hier in Scheßlitz kennt man sich«, sagte Mila mit einem Seufzer. »Und außerdem arbeitet Winfried auch bei den Herzings.«
Katinka zerrte ihren Block aus dem Rucksack.
»Wie würden Sie Claudia Herzing beschreiben?«, fragte sie und sah Winfried Denninger aufmerksam an.
»Uff, beschreiben!« Winfried wischte sich den Schweiß aus dem Gesicht. »Eine nette Frau. Arbeitet viel, kümmert sich um soziale Sachen und so. Ich mag sie recht gern.«
»Winfried ist ja während des Semesters nicht in unserer beschaulichen ländlichen Welt«, erklärte Mila.
»Was studieren Sie denn?«, fragte Katinka neugierig.
»Lebensmitteltechnologie in Weihenstephan. Es war mein Traumstudium, ich habe sehr um den Studienplatz gekämpft. Aber mittlerweile frage ich mich, ob es wirklich das Richtige für mich ist. Nächstes Jahr mache ich die Abschlussprüfung, dann hat der Zweifel ein Ende.«
Katinka nickte. »Es ist nicht immer leicht, sich gegen so viele Optionen zu entscheiden.«
»Genau!«, rief Winfried, als habe er gerade diese Bestätigung immer gesucht. »Genau, das ist es. Nicht, dass man sich für eine Sache entscheiden kann, sondern dass man sich gegen so viele Wege entscheiden muss, das macht mir Schwierigkeiten.«
Mila nahm sich noch einen Keks, knabberte daran herum und sagte dann: »Also, zu Claudia: pflichtbewusst, sozial eingestellt, energiegeladen, das sind ihre Haupteigenschaften. Fällt dir noch was ein, Winfried?«
Der Feriengärtner schüttelte den Kopf. »Trifft absolut zu. Entschuldigt ihr mich? Ich will mich an den Kompost machen. Die nächsten Tage«, er grinste, »wird es mit der Arbeit ein wenig langsamer zugehen.«
»Sandkirchweih?«, wollte Katinka wissen. Winfried Denninger zwinkerte ihr zu. »Exakt. Sie auch, oder?«
»Ich denke schon.« Er ist ein paar Jahre jünger als ich, dachte Katinka. Und jüngere Männer laden ältere Frauen nicht auf die Sandkirchweih ein.
»Im Prinzip gehen alle hin, die ich kenne. Boykott kommt einfach nicht in Frage!« Er stand auf, bedankte sich für den Eistee und zog ab.
»Netter Typ«, sagte Katinka. »Und er arbeitet
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