Kirchweihmord
auch für die Herzings?«
»Und für etliche andere Gartenbesitzer im Ort«, fügte Mila hinzu. »Er hat eine unheimlich gute Intuition für Pflanzen, auch für exotische, die man wirklich gut pflegen muss. Hat es geschafft, bei den Nachbarn zur Linken einen dicken Bougainvilleabusch zu züchten.«
»Claudias Beziehung zu ihrem Mann, wie sieht die eigentlich aus?«, kam Katinka zum Thema zurück.
»Du lieber Himmel, Sie fragen mich Sachen, Frau Palfy. Man weiß das ja auch bei den besten Freundinnen nicht so genau. Aber Johannes und Claudia verstehen sich schon recht gut. Johannes ist in manchen Dingen etwas langsam. Claudia kann viel schneller Entscheidungen treffen und tut es auch. Dann fühlt sich Johannes über den Tisch gezogen, Claudia ist von seinem Zögern genervt. Aber im Großen und Ganzen … »
»Hat oder hatte Claudia ein Verhältnis mit einem anderen Mann?«
Mila wurde knallrot. »Nein«, sagte sie bestimmt.
»Warum erschüttert Sie meine Frage?«, erkundigte sich Katinka.
»Ich … sie erschüttert mich nicht. Nur … es ist unwahrscheinlich, dass eine Frau mit drei Kindern einen Lover findet.«
Katinka hatte das deutliche Gefühl, dass Mila auswich und außerdem versuchte, das Gespräch anderswohin zu lenken. Sie kritzelte auf ihrem Block herum. Ihre Hand klebte am Papier fest.
»Claudia scheint sehr viel zu unternehmen. Schafft sie das denn zeitlich?«
»Die Herzings haben an zwei Abenden die Woche einen Babysitter, die Tochter einer Kusine von Claudia. Augenblicklich ist sie in Ferien, aber Johannes und Claudia haben diese beiden freien Abende eingeführt, um auch mal wieder Zeit füreinander zu haben.«
»Hat Claudia weitere Freundinnen? Kennen Sie jemanden, bei dem sie sich vielleicht aufhält?«
Mila schüttelte den Kopf. »Ich habe Ihnen doch schon gesagt: Claudia würde nicht einfach so abhauen.«
»Dann ist ihr etwas passiert!«, stellte Katinka hart fest. Sie warf Block und Bleistift auf den Korbtisch.
»Aber«, begann Mila, um dann mit einem neuen Keks in der Hand dazusitzen und in die Ferne zu starren.
»Entweder ist sie freiwillig weggegangen und hält sich immer noch freiwillig irgendwo anders auf, oder jemand hindert sie, zurückzukommen, oder sie ist tot.« Katinka wusste nicht, weshalb sie plötzlich mit so viel Unmut hinter den Kulissen hervorkam. Schnell griff sie wieder nach dem Stift. Mila war zusammengezuckt. Jetzt sah sie eher blass aus. Dann öffnete sie den Mund, zögerte, biss in den Keks und stieß zwischen den Zähnen hervor:
»Claudia hat eigentlich überall Freunde.« Sie nannte Katinka ein paar Namen von Frauen aus dem Chor, gab auch die Telefonnummern an, soweit sie sie wusste. »Ich möchte nicht, dass ihr etwas passiert ist, verstehen Sie? Ich möchte es nicht.«
»Keiner möchte das«, betonte Katinka. »Was hat Claudia am Sonntag gemacht? Am Samstag? Wann haben Sie sich zuletzt gesehen?«
»Am Samstag«, antwortete Mila. »Ich wollte mal nach Bamberg und einkaufen, mein Mann musste arbeiten, also brachte ich die Kleine zu ihr, gegen zehn. Um eins war ich wieder in Scheßlitz und holte Verena ab. Ich ging gleich heim, denn sie war müde und unleidlich.«
»Hat Claudia Ihnen erzählt, was sie für das Wochenende noch vorhatte?«
»Ich glaube, sie wollten mit den Jungs Richtung Lichtenfels an einen Baggersee fahren. Aber Oliver, der Kleinste, war nicht so gut drauf, deswegen stand alles noch in den Sternen.«
Katinka steckte ihren Block ein. »Melden Sie sich bei mir, wenn Ihnen etwas einfällt oder Sie noch etwas hören, was von Belang sein könnte, o.k.?«
Sie verließ den Düthornschen Garten. Mila sah ihr über die Hecke hinweg zu, wie sie aufs Rad stieg und davonfuhr.
Herzings wohnten nur ein paar hundert Meter die Straße hinauf. Katinka sprang vom Sattel und wurde von einer sabbernden schwarzen Promenadenmischung begrüßt.
»Aus, Kalle, aus!«, rief ein Junge, der hinter der Haus-ecke hervorkam.
»Hallo!«, rief Katinka. »Bist du Oswin?«
»Ja, wer sind Sie?« Der Junge wirkte aufgeweckt und neugierig.
»Katinka Palfy. Ist dein Papa da?«
»Klar. Er baut mit Oldrick ein Flugzeug.«
Oswin führte Katinka um das Haus herum zu einer Kellertreppe. Katinka stieg hinunter. Im Keller war es angenehm kühl. Der Junge öffnete die Tür zu einem Hobbyraum. Ein ausgedientes Sofa stand in der Ecke. Auf einer Tischtennisplatte waren die Einzelteile eines Flugzeugbausatzes ausgebreitet. Leim, Pinsel, Handwerkszeug aller Art stand herum. Es roch
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