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Kirschroter Sommer (German Edition)

Kirschroter Sommer (German Edition)

Titel: Kirschroter Sommer (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carina Bartsch
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hallte. »Emely?«
    »Komme schon!«, entgegnete ich sogleich und stand auf, bevor er wieder auf die Idee kam, mit seinem Gipsfuß nach oben zu trampeln. Ein Loch in der Treppe reichte definitiv aus.
    »Was gibt’s denn, Dad?«, fragte ich, während ich die Stufen nach unten schlenderte.
    »Kommst du kurz ins Wohnzimmer? Carla und ich würden gerne etwas mit dir bereden.«
    Er klang nicht so, als hätte er böse Absichten, trotzdem war ich ein bisschen verunsichert.
    »Okay«, sagte ich, zuckte mit den Schultern und folgte ihm in den besagten Raum. Meine Mutter saß bereits auf dem alten, eigentlich längst ausgedienten Zweisitzer-Sofa und mein Vater gesellte sich zu ihr. Ich steckte die Hände in die Hosentaschen und fühlte mich unter den Blicken meiner Eltern, als würde mir eine Standpauke bevorstehen. »Ich war’s nicht«, sagte ich und erntete ein Grinsen. »Keine Angst, Emely, wir wollen dir nichts vorwerfen. Ganz im Gegenteil. Aber jetzt setz dich doch erst mal.«
    Immer noch ein bisschen skeptisch folgte ich der Aufforderung und ließ mich auf den gegenüberliegenden Sessel nieder. »Also«, begann meine Mutter. »Wir haben dich hergerufen, weil wir dir sagen möchten, wie dankbar wir dir sind. Du kümmerst dich jetzt schon so lange um uns.«
    Ich stöhnte. »Mom, das ist ja wohl selbstverständlich.«
    »Nein, ist es eben nicht. Du hast Hals über Kopf alles stehen und liegen gelassen, um für uns da zu sein. Und das wissen wir wirklich sehr zu schätzen.«
    »Aber wir sind der Meinung«, brachte sich Karsten nun ein, »du solltest jetzt wieder zurück nach Berlin fahren.«
    Das war es also.
    »Fangt ihr jetzt schon wieder damit an?«, fragte ich. »Es war abgemacht, dass ich so lange hier bleibe, wie ihr mich braucht.«
    Diese Diskussion hatten wir schon geführt, bevor meine Mutter überhaupt aus dem Krankenhaus entlassen worden war. Nur damit ich wieder zurück könnte, hatten sie sogar überlegt, vorübergehend eine Haushaltshilfe einzustellen, obwohl sie eigentlich gar kein Geld dafür hatten.
    »Aber das ist doch genau der Punkt, Emely«, sagte meine Mutter. »Wir werden es jetzt ohne deine Hilfe schaffen. Wir wollen nicht, dass du unseretwegen in Verzug mit deinem Studium kommst. Du hast bereits drei Wochen gefehlt und es wird schwer genug werden, das Versäumte aufzuholen.«
    »Ihr braucht euch keine Sorgen zu machen, das kriege ich schon hin. Die Uni ist jetzt wirklich das geringste Problem. Ihr seid viel wichtiger.« Ich blieb standhaft, doch heute waren meine Eltern wesentlich sturer als sonst.
    »Emely«, sagte mein Vater und sprach in ruhiger Tonlage zu mir. »Du warst uns eine unermesslich große Hilfe und ohne dich hätten wir das niemals geschafft. Aber jetzt können wir uns größtenteils wieder selbst versorgen.« Als ich gerade den Kopf schütteln wollte, blickte er mich ernst an und sprach weiter. »Wir würden das nicht sagen, wenn es nicht so wäre.«
    Ich seufzte. So überzeugt sie auch von dieser Idee waren, ich war es nicht.
    »Schau, Emely«, fuhr mein Vater fort, »morgen kommt mein Gips endlich ab und dann bin ich wieder vollkommen hergestellt. Außerdem haben wir heute Früh mit Alena gesprochen. Sie hat uns versichert, dass wir sofort auf sie zählen können, wenn wir wegen irgendetwas Hilfe benötigen. Glaub mir, du kannst wirklich ruhigen Gewissens zurück nach Berlin fahren.«
    Die Tatsache, dass die Schwarz‘ ihre Hilfe angeboten hatten, beruhigte mich tatsächlich ein bisschen. Immerhin wüsste ich so, dass meine Eltern sich in guten Händen befanden und nicht komplett auf sich allein gestellt waren.
    Ich legte den Kopf zurück und versuchte mir vorzustellen, ob meine Eltern ernsthaft dazu in der Lage waren. Zwar würde mein Vater ohne Gips tatsächlich wieder agiler sein, aber könnte er einen ganzen Haushalt schmeißen? Daran hegte ich Zweifel. Am Ende würde es wahrscheinlich doch darauf hinauslaufen, dass meine Mutter viel zu viel mit anpackt.
    »Seid ihr euch wirklich ganz sicher?«, fragte ich.
    Meine Eltern nickten. Wir diskutierten noch eine ganze Weile weiter, und ich wurde die Sorge nicht los, dass es ihnen nur um mein Studium ging und sie in Wahrheit noch lange nicht auf eigenen Beinen stehen konnten. Sie versicherten mir jedoch hartnäckig, dass das nicht der Fall wäre und so gab ich mich schließlich nach langem hin und her geschlagen.
    »Aber sobald irgendetwas sein sollte«, stellte ich meine Bedingung, »und wenn es nur eine Kleinigkeit ist – ihr

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