Kirschroter Sommer (German Edition)
allzu gerne ihr Gesicht gesehen.
»Was?«, fragte sie in heller Stimmlage. »Du kommst wieder zurück?«
»Richtig gehört.«
»Wirklich?«
»Ja!«
»Oh Gott!«, quietschte sie. »Warum sagst du das nicht gleich? Da lässt du mich erst mal fünf Stunden reden!«
»Ich wusste ja nicht, was mit dir los ist.«
»Und du nimmst mich auch nicht auf den Arm? Du kommst wirklich?«
»Ja«, bestätigte ich zum dritten Mal und hörte ein Quietschen am anderen Ende der Leitung.
»Hab ich dir schon mal gesagt, dass ich dich liebe?«, fragte sie.
»Ja, aber einen Kuss kriegst du von mir auch nicht.«
»Scherzkeks«, kicherte sie.
»Okay, also wir brauchen unbedingt einen Plan für Sebastian«, fing sie an und war auf einmal wieder voll in ihrem Element.
Ich atmete aus, lehnte mich zurück und wartete darauf, was ihr wirres Hirn jetzt wieder ausbrüten würde …
KAPITEL 14
Süßer Rauch
Fünf verdammte Stockwerke.
Stufe für Stufe schleppte ich mich nach oben. Erst seit gestern war ich wieder in Berlin und hatte eigentlich alle Hände voll damit zu tun, den Stoff nachzuholen, den ich in den letzten drei Wochen versäumt hatte. Aber Alex‘ »Problem« mit Sebastian war natürlich viel wichtiger – zumindest ihrer Ansicht nach. Alex zuliebe opferte ich also meinen Samstagabend und war gerade auf dem Weg zu ihrem geplanten DVD-Abend.
Gesetz dem Fall, ich würde überhaupt jemals dort oben ankommen.
Sebastian, den Stargast, hatte sie als erstes eingeladen. Damit die Situation aber nicht so gedrungen wirkte, sollten Elyas und ich den beiden aus Alibizwecken Gesellschaft leisten.
Warum genau hatte ich mich noch mal darauf eingelassen? Ach ja, richtig, ich hätte inzwischen fast alles getan, nur damit Alex um Gottes Willen endlich ihren Kuss bekam!
Mit keuchenden Lauten und schmerzenden Oberschenkeln schleppte ich mich weiter nach oben. Je weiter ich kam, desto flauer wurde das Gefühl in meinem Magen. Ich hätte mir nur allzu gerne eingeredet, dieses Gefühl aus einem anderen Grund zu verspüren, aber eigentlich wusste ich, dass es nur auf eine einzige Person zurückzuführen war. Schon allein bei dem Gedanken daran, ihn nach drei Wochen wieder zu sehen, wurde ich nervös. Und mit Recht konnte ich behaupten, mich dafür zu hassen.
Als ich die fünfte Etage endlich erreichte, blieb ich wie jedes Mal noch eine Weile vor der Wohnungstür stehen. Schließlich hatte ich keine Lust, mir erst mal ein paar blöde Kommentare wegen meiner schlechten Kondition anhören zu müssen. So wie ich Elyas kannte, könnte er sich das mit Sicherheit nicht verkneifen. Außerdem wollte ich verhindern, dass ihn mein Keuchen womöglich an etwas anderes erinnerte, wie zum Beispiel an das erniedrigende Erlebnis im Park vor zweieinhalb Monaten. Böses Erlebnis!
Als ich mich einigermaßen erholt hatte, brauchte ich drei Anläufe, um tatsächlich auf die Klingel zu drücken. Kaum hatte ich mich überwunden, verstärkte sich mein flaues Gefühl noch mal ums Doppelte. Wie würde er mir gegenübertreten? Hatte sich seit unserer letzten Begegnung etwas zwischen uns verändert? Und warum hatte er sich nicht gemeldet?
Ich wäre am liebsten umgedreht und wieder nach Hause gegangen, doch die Tür öffnete sich schneller, als meine Füße sich bewegen konnten. Zwei strahlend türkisgrüne Augen, die nicht im Geringsten überrascht wirkten, mich zu sehen, empfingen mich. Mit einem verträumten Lächeln auf den Lippen seufzte er, lehnte den Kopf an die geöffnete Tür und betrachtete mich. »Wunderschön wie eh und je …«, hauchte er.
Nichts, aber auch rein gar nichts hatte sich geändert.
Als mir das bewusst wurde, verdrehte ich die Augen. »Und ich Idiot hatte schon gehofft, du hättest aufgegeben.«
»Aufgegeben? Ganz im Gegenteil, Hase.« Verheißungsvoll schob er den rechten Mundwinkeln nach oben. »Ich weiß lediglich, wann es besser ist nicht zu nerven.«
Ich hob die Augenbraue an. Das sollte der angebliche Grund dafür gewesen sein, warum er während meiner Abwesenheit seine Stalkerambitionen komplett eingestellt hatte?
»Du weißt, wann es besser ist nicht zu nerven?«, erwiderte ich. »Das ist mir neu.«
»Es gibt so einiges von mir, was du nicht weißt.« Er trug ein so viel versprechendes Lächeln auf den Lippen, dass ich ihm seine Worte tatsächlich abnahm. Aber ob ich diese Dinge überhaupt wissen wollte, war wiederum eine andere Frage.
Wir hielten Augenkontakt und für einen Moment kehrte Stille ein, die erst durch Alex’
Weitere Kostenlose Bücher