Kirschroter Sommer (German Edition)
schrillen Ausruf aus dem Hintergrund durchbrochen wurde. »Elyas, hör auf, Emely anzugraben und lass sie endlich rein!«
»Tja, du hast es gehört«, sagte ich äußerst dankbar für die Unterbrechung, die ich sogleich nutzte, um mich an ihm vorbei in die Wohnung zu schlängeln. Sein Seufzen hinter mir ignorierte ich. Im Wohnzimmer angelangt, warteten schon die Hauptdarsteller des heutigen Abends auf mich. »Hey«, sagte ich in die kleine Runde und steckte die Hände in die hinteren Hosentaschen.
Alex saß im Schneidersitz auf dem Sofa und aß Salzstangen. Direkt neben ihr, mit einem kleinen Sicherheitsabstand, hockte Sebastian und winkte mir zu.
Alex hatte mich gebeten, Sebastian bis ins kleinste Detail im Auge zu behalten und herauszufinden, ob sie sich womöglich doch nur falsche Hoffnungen machte. Deswegen speicherte ich den Sicherheitsabstand sofort ab. Doch bei genauerem Nachdenken kam ich zu dem Schluss, dass nicht zwangsläufig eine Bedeutung dahinter stecken musste. Vielleicht litt er einfach nur unter Salzstangenbröselphobie.
»Ich habe das von deinen Eltern gehört«, sagte Sebastian. »Tut mir sehr leid. Ich hoffe, es geht ihnen wieder besser.«
»Danke«, antwortete ich, »und ja, das tut es. Man könnte sagen, sie sind schneller wieder die Alten geworden als mir lieb war.«
Er schmunzelte. »Das hört sich nach einer guten Prognose an.«
Ich blickte zu meiner Rechten, wo Elyas auftauchte. »Was möchtest du trinken, Schatz?«
Schatz, Hase, … Diese verdammten Kosenamen! Ich hatte immer gehofft, dass er eines Tages von selbst damit aufhören würde, wenn ich es nur lange genug an mir abprallen ließ. Aber bisher hatte ich relativ wenig Erfolg mit dieser Taktik.
Ich zuckte mit den Schultern. »Egal.«
»Wein?«, bot er an.
Nachdem ich kurz darüber nachgedacht hatte, nickte ich. »Aber nur wenn du einen süßen Wein hast.« Von allem anderen zog es mir nur den Mund zusammen.
»Süß?«, wiederholte er. »Da muss ich mal nachsehen, ich kann dir nichts versprechen.«
»Ist nicht schlimm. Ein Wasser tut’s auch«, sagte ich noch, bevor er sich zum Kühlschrank begab. Mein Blick wanderte zurück auf das große schwarze Sofa. Da fiel mir plötzlich ein entscheidendes Detail auf: Alex saß links außen und neben ihr Sebastian. Im Klartext bedeutete das also, dass es für mich unumgänglich war, neben Elyas zu sitzen. Ich stöhnte auf. Ich hatte noch bestens in Erinnerung, was das letzte Mal passiert war, als ich mich zu Elyas auf genau diese Couch gesetzt hatte.
Ich überlegte, ob ich Alex darum bitten sollte, einen Platz weiter zu rutschen, ließ es aber sein. Für die Annäherung der beiden wäre es wahrscheinlich nicht von Vorteil, wenn sie in der Mitte von mir und Elyas eingekapselt wären. Na super. Und wer fragte danach, was für mich von Vorteil wäre?
Ich gab einen unzufriedenen Laut von mir, beugte mich widerwillig meinem Schicksal und setzte mich an Sebastians freie Seite. »Wenn mir Elyas zu nahe kommt, dann lässt du mich auf deinen Schoß, verstanden?«
Sebastian lachte. »Verstanden.«
Obwohl das ohne Zweifel ein rein freundschaftlicher Hilfsdienst wäre, warf Alex mir einen drohenden Blick zu. Mir lag es auf der Zunge, zu sagen: » Natürlich nur, wenn ich dabei nicht gegen die vom Giftzwerg bereits aufgestellten Besitzansprüche verstoße.« Doch schweren Herzens verkniff ich es mir.
Wenig später kehrte Elyas zurück und überreichte mir ein mit goldgelber Flüssigkeit gefülltes Weinglas. »Eiswein«, sagte er. »Ich habe ihn probiert, er schmeckt sehr gut.«
»Oh, danke.« Ich nahm ihm das Glas ab und nippte davon.
»Siehst du, ich wusste, du würdest ihn mögen«, las er mir vom Gesicht ab.
»Was du alles weißt …« Ich verdrehte die Augen. »Aber mach dich zur Abwechslung doch mal nützlich und sag mir, welchen Film wir ansehen.«
» Fight Club . Ist das in Ordnung?«
Fight Club ? Nun ja, tröstete ich mich, waren auch die Umstände nicht die besten, so war wenigstens der Film eine gute Wahl. Ich nickte Elyas zu, und er sprang sofort auf, um sich am DVD-Player zu schaffen zu machen. Als der Vorspann den Flachbildschirm erhellte, schaltete Elyas das Licht im Wohnzimmer aus und steuerte auf das Sofa zu. Mit einem Grinsen, das eine böse Vorahnung in mir aufkommen ließ, setzte er sich dicht an meine Seite und legte den Arm auf die Sofalehne hinter meinem Kopf. Ich knurrte, rutschte ein bisschen von ihm weg und verkreuzte die Arme. Gemächliches Tempo war für
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