sich ständig zu streiten“, gab Volker nach einer Weile zu.
„Wenn du etwas - brauchst“, sagte Rick, „dann ruf mich an, okay?“
„Was soll ich brauchen?“
„Sex?“
Plötzlich spürte Volker das erigierte Glied an seinem Kinn, das sich durch Ricks Hose drückte.
„Ich glaube, das ist keine gute Idee“, wehrte er ab. Doch Ricks Hände hielten seinen Kopf fest.
„Wer sagt, dass ich nur gute Ideen habe?“
„Und wer sagt, dass ich bei deinen schlechten mitspielen muss?“ Volkers Stimme war zu einem Flüstern verkommen. Sein Verstand wusste genau, wie man sich in einer solchen Situation verhalten musste, doch seine Hände gehorchten einer anderen Instanz, die weit tiefer lag.
Volker knotete das Kondom zu und warf es in den Papierkorb neben dem Schreibtisch. Sein Blick glitt über Ricks Kehrseite, die soeben in der verwaschenen Jeans verschwand. Dann drehte sich sein Ex um und grinste.
„Das war gut, oder?“
„Ja“, antwortete Volker. Für ein paar Minuten hatte er seine Trauer über die zerbrochene Beziehung tatsächlich vergessen. Doch nun kam dieses elende Gefühl zurück.
„Was ist?“, fragte Rick. „Das war doch jetzt hoffentlich nicht mehr für dich, als nur ...“
„... als nur ein Fick?“ Volker spuckte die Worte zwischen sie aufs Laminat.
„Ja“, sagte Rick. „Ja, nur ein Fick.“
„So einfach ist das leider nicht.“
„Da sollten wir aber dran arbeiten“, sagte Rick und ging ins Schlafzimmer, um sich dort nach seinen Sachen umzusehen.
Volkers Blick hing an der Schreibtischplatte fest. Keine fünf Minuten zuvor hatte Rick da gelegen, seine Beine über Volkers Schultern, willig, sich der Lust mit dem Ex hinzugeben. Sex mit dem Ex. Volker lachte schmerzlich auf. Wie hatte er sich nur dazu hinreißen lassen können? Jetzt lebten sie das volle Programm aller Klischees. Erst scheiterte die Beziehung, weil es angeblich nicht genug Freiraum gab, weil nicht genug Abwechslung den Alltag interessant machte, dann stritten sie sich wie zwei Supertunten, nur um kurz danach übereinander herzufallen und - ja, wahrhaft guten Sex zu haben. Gab es überhaupt Klischees? War nicht vielmehr alles wahr?
„Darf ich das T-Shirt behalten?“, fragte Rick plötzlich und schwenkte einen dunkelblauen Baumwollstoff durch den Türrahmen.
„Das ist eins meiner Lieblings-Shirts“, sagte Volker.
„Ja, ich weiß, von mir auch“, antwortete Rick. „Ich dachte als Andenken.“
„Damit du an mich denken kannst, wenn du bei deinem Neuen in der Kiste liegst?“
„So in etwa“, sagte Rick und grinste frech.
„Hör mal, das ist alles noch viel zu frisch, um ...“ Volker brach ab. War es nicht besser, wenn sie Scherze über ihre gescheiterte Beziehung machten und es ab und zu miteinander trieben, als sich in erbittertem Zank zu ergehen?
„Um was?“, fragte Rick. Mittlerweile sah er doch tatsächlich wieder wie der ganz normale Rick aus. Keine Arroganz, keine Kälte, nur der nette Student, der sich noch nicht in eine feste Beziehung fügen konnte.
„Ach nichts“, sagte Volker. „Du kannst das Shirt haben.“
„Danke.“
War es am Ende nicht besser, sich mit einem Bisschen zu begnügen, anstatt alles zu verlangen - oder nichts? Volker musste sich lediglich von seinen konservativen Vorstellungen einer Beziehung trennen. Konservativ war doch eh nichts für Schwule.
„Weißt du was? Für den Rest komm ich später noch mal, wenn's dir nichts ausmacht.“
Volker nickte.
„Wie wär's nächste Woche, gleicher Ort, selbe Zeit?“
„Selber Ort, gleiche Zeit“, korrigierte Volker.
Rick nahm das als Zustimmung. „Gut, dann bis dann“, sagte er und verschwand.
Volker kam es vor, als hätte es Plopp! gemacht und sein Ex wäre verschwunden. Überhaupt erschien ihm das alles eher wie ein seltsamer Traum. An diese neue Art von Beziehung würde er sich erst noch gewöhnen müssen. Der Schmerz blieb. Sein traditionelles Ich wünschte sich immer noch ein ruhiges und beschauliches Leben. Da passten keine Abenteuer hinein.
Seine Gedanken wanderten wieder zum Gay-Chat. Dieser Chatter Finn schien wirklich nett zu sein, doch Volker fühlte sich zu alt dafür. Ein Onlinechat erschien ihm nicht das Medium eines 32-jährigen Lehrers zu sein.
Bevor er seinen Computer aber hinunterfuhr, rief er noch seine Mails ab. Mit einem Pling! erschien tatsächlich eine Nachricht.
[email protected] Volker starrte auf die Mail-Adresse. Der Junge hatte ihm zurückgeschrieben! Plötzlich begann sein