Kjell. Das Geheimnis der schwarzen Seerosen
eine Scheibe bei ihrem Handwerk zusehen. Nachdem ich eine Zeit lang der Zubereitung der rot-weißen Süßigkeiten zugeschaut hatte, kaufte ich im Laden mehre Zuckerstangen verschiedener Geschmacksrichtungen. Ich nahm auch zwei für Kari mit.
Anschließend brachte ich meine Beute zum Auto und überlegte, ob ich dem Brahehus, einer Ruine mit Blick über den See oder der Insel Visingsö einen Besuch abstatten sollte. Gränna hatte neben seinen süßen Versuchungen nämlich noch einen Vorteil. Es lag am Vättern. Das ist der zweitgrößte See Schwedens.
Ich entschied mich, zur Insel zu fahren. Im Auto hatte ich Badesachen, einen Krimi und ein Handtuch und stopfte alles in meine Tasche. Dann machte ich mich auf den Weg zur Fähre. Es dauerte nicht lange, da legte sie auch schon an. Die Überfahrt war herrlich. Die Sonne stand am wolkenlosen Himmel. In der Ferne entdeckte ich schon die alte Ruine am östlichen Strand. Es war eine von zwei Schlossruinen, die sich auf der Insel befanden. Kurz darauf legten wir an.
Ich wanderte erst eine Weile durch den Eichenwald und besuchte dann die Ruine von Näs slott an der Südspitze der Insel. Ich liebte es durch alte Ruinen zu spazieren. Man konnte so schön träumen und sich vorstellen, wie es früher einmal dort ausgesehen hatte. Später aß ich in einem kleinen Ausflugslokal zu Mittag. Der Tag war zu schön, um schon zurückzufahren und so ging ich an den Oststrand nahe der Fähranlegestelle, um noch eine Weile am Strand zu liegen und zu lesen. Ich suchte mir einen sonnigen Platz und breitete mein Handtuch aus. Zunächst fiel es mir schwer, mich auf das Buch zu konzentrieren, aber dann nahm mich die Geschichte gefangen und ich las und las.
Irgendwann fiel ein Schatten auf mich. Ich hob den Blick und schirmte meine Augen mit der Hand gegen die Sonne ab, um zu sehen, wer da vor mir stand. Ich erkannte ihn sofort. Diesmal trug er zu seiner Jeans ein weißes T-Shirt. Eine dunkle Haarsträhne fiel im verwegen ins Gesicht. »Darf ich?«
Bevor ich antworten konnte, setzte er sich neben mich in den Sand.
»Tu was du nicht lassen kannst«, antwortete ich mürrischer als beabsichtigt. Was machte er hier? Doch ich traute mich nicht, ihn danach zu fragen. Also widmete ich mich wieder meinem Krimi. Einen Moment herrschte Stille. Dann griff er plötzlich nach meinem Buch und besah sich das Cover. »Was liest du da?«
»Hey!«, entfuhr es mir. Ich entriss ihm das Buch wieder. »Das verstehst du sowieso nicht.«
»Wirklich?« Er grinste mich an.
Ich schnaubte. »Ja, das ist nämlich nicht auf Schwedisch geschrieben und überhaupt: Hat dir schon mal jemand gesagt, wie unhöflich es ist, jemand einfach ein Buch aus der Hand zu reißen?«
»Na, wie gut, dass du so etwas nicht tust.« Er streckte sich lang aus und blickte mich herausfordernd an.
»Du, du bist einfach …«, ich stockte. »Ich weiß nicht einmal deinen Namen.«
Er schwieg und sah mich an. In seinen Augen blitzte es amüsiert.
Ich wartete. Doch er sagte nichts. Wollte er mich ärgern? »Also, wie heißt du?«, fragte ich ihn ungeduldig.
»Man nennt mich Kjell.«
»Aha, ich bin Sofie.«
Der Junge, der Kjell hieß, nickte nur kurz, als ob ich ihm nichts Neues erzählt hätte. Er lag einfach neben mir im Sand und betrachtete mich schweigend. Sein Blick glitt langsam an mir entlang – fast wie eine zarte Berührung. Er verweilte für einen Augenblick auf meinen Beinen und sah mir dann wieder ins Gesicht. Ich wurde ganz zappelig. Irgendetwas an Kjell machte mich total nervös. Es war, als könnte ich seinen Blick fast körperlich spüren. Meine Hände umklammerten krampfhaft das Buch. Ich überlegte mir fieberhaft, was ich sagen sollte. Mein Kopf war plötzlich so leer.
Um seinen Mundwinkel zuckte es. Mit einem Lächeln griff er nach meiner Hand. »Vorsicht, du zerknickst die Seiten.«
»Oh!«, entfuhr es mir. Er nahm mir erneut das Buch aus der Hand und legte es neben sich. Seine andere Hand hielt dabei weiterhin meine Hand umschlossen und er machte auch keine Anstalten sie wieder loszulassen. Meine Haut kribbelte leicht unter seiner Berührung, aber es fühlte sich auch so vertraut an. Also lagen wir einfach nebeneinander im warmen Sand und hielten uns schweigend an den Händen. So als hätten wir nie etwas anderes getan. Kjell benahm sich komplett anders, als alle Jungs, die ich bisher kennengelernt hatte.
»Laut einer Legende wurde Visingsö vom Riesen Vist geschaffen. Wusstest Du das?«, fragte Kjell mich. Er drehte
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