Kjell. Das Geheimnis der schwarzen Seerosen
Plastikgeschirr auf dem Tisch verteilte. Nachdenklich beobachtete ich diese Familienidylle. Mir wurde wieder einmal schmerzlich bewusst, dass ich solche Augenblicke nie wieder erleben würde.
»Reiß dich zusammen, Sofie Bachmann!«, flüsterte ich mir energisch zu und ließ meinen Blick über den Fluss gleiten. Einige Angler standen bis zu den Hüften im Wasser und warfen ihre Ruten aus.
Ben und ich waren in jenen Sommern auch immer mit dem Ruderboot zum Angeln raus gefahren. Manchmal hatte Vater uns begleitet, aber meistens waren wir Kinder allein unterwegs. Ben war ein sehr guter Ruderer gewesen. Natürlich hatte Vater uns stets zur Vorsicht ermahnt. Wir lernten, auf die Zeichen des Wetterwechsels zu achten und stets umsichtig zu sein. Doch all das hatte nichts genutzt.
Ich klappte die Kühlbox energisch zu und vertrieb die trüben Gedanken an den letzten gemeinsamen Schwedenurlaub mit meiner Familie.
Ich war mir nicht mal sicher, ob es das kleine Ruderboot immer noch gab. Trotzdem hatte ich aus alter Gewohnheit meinen Angelkasten und die Angelrute mit eingepackt. Schweden, ohne Angeln, war eben nicht Schweden. Außerdem wollte ich mir meine Fische selbst fangen. Nie wieder hatten die so gut geschmeckt wie hier.
Als ich meinen Imbiss beendet hatte, verstaute ich die Kühlbox im Auto und fuhr weiter. Die Sonne kam immer mehr hervor und der frische Wind vertrieb auch die letzten Wolken. Es versprach, ein herrlicher Nachmittag zu werden. Um ein Uhr mittags tauchte das große, wagenradartige Ortsschild der Gemeinde Vaggeryd am Straßenrand auf. Je näher ich der Abfahrt kam, desto aufgeregter wurde ich.
Wenig später fuhr ich von der Autobahn ab und näherte mich dem gleichnamigen Ort. Ich überlegte kurz, ob ich nach Vaggeryd fahren und mich mit Lebensmitteln eindecken sollte. Damals hatte es einen kleinen ICA-Supermarkt gegeben. Auch wenn ich so schnell wie möglich zu dem Sommerhaus am See wollte, war es sicherlich nicht verkehrt, wenn ich mich vorher mit ein paar Grundnahrungsmitteln ausstattete. Ich lenkte meinen Wagen Richtung Supermarkt und parkte auf dem Kundenparkplatz. Es gab den ICA.-Markt noch immer. Um die Mittagszeit war es ruhig und nur wenige Kunden im Laden. So lief ich ungestört durch die Gänge und suchte die nötigen Lebensmittel zusammen. Die naturfette schwedische Milch, Blaubeerjoghurt, meine Lieblingsmarmelade und das weiche, etwas süße Brot durften nicht fehlen. Da ich mir nicht sicher war, was sich in der Vorratskammer im Sommerhaus befand, landeten auch Zucker, Kaffee, Toilettenpapier und Kerzen im Einkaufswagen. Als ich zum Schluss auch noch Obst, Getränke und einige Dosen mit Suppe – falls mir das Angelglück nicht hold sein sollte – dazu legte, war der Einkaufswagen voll. Vor der Kasse griff ich noch zu einem schwedischen Comic, mit Hälge, dem Elch und ein paar Tageszeitungen, um meine Sprachkenntnisse wieder aufzufrischen. Nachdem ich bezahlt hatte, brachte ich die Einkäufe zu meinem Wagen. Es war eine kleine Herausforderung, all die Sachen in dem ohnehin mit Gepäck voll beladenen Fiat unterzubringen. Während ich das Gepäck so umschichtete, dass ich die Einkäufe einladen konnte, hielt neben mir ein staubiger Volvo. Eine junge Frau stieg aus und nahm einen Korb aus dem Kofferraum. Von der gegenüberliegenden Straßenseite, winkte ihr eine ältere Frau zu. Diese stieg von ihrem Fahrrad und schob es über die Straße. »Hej«, begrüßte sie die Volvofahrerin. Beide Frauen begannen ein Schwätzchen. Während ich mich abmühte die Wasserflaschen zwischen meine Wolldecke zu quetschen, bekam ich Teile der Unterhaltung mit. Mein Schwedisch war nicht ganz so eingerostet, wie ich befürchtet hatte. Ich freute mich und verfolgte mit einem Ohr das Gespräch. Es ging zunächst um die Familie und um das Wetter. Dann fragte die junge Frau, die Fahrradfahrerin: »Ist Ida wieder aufgetaucht?«
»Nej«, antwortete die andere mit einem Kopfschütteln. »Sie suchen jetzt bereits seit drei Wochen nach ihr. Die Familie macht sich große Sorgen, denn die Polizei hat immer noch keine Spur.«
»Hoffentlich, ist dem Mädchen nichts passiert.«
»Und was die arme Familie Pettersson durchmachen muss!« Beide Frauen blickten sich betreten an. Dann gingen sie in Richtung ICA-Markt davon.
Im Fortgehen hörte ich noch, wie die ältere Frau sagte: »Meine Nachbarin meint, Ida wäre mit einem jungen Mann durchgebrannt. Glaubt man das?«
Ich stand wie erstarrt da und hielt mich an der
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