Kjell. Das Geheimnis der schwarzen Seerosen
Sie so lange in Beschlag genommen habe.
Vielen Dank für die Informationen!«
***
Der Regen war
stärker geworden. Als ich die Einkäufe im Wagen verstaut
hatte, war ich klitschnass. Ich stieg ein und startete meinen Fiat.
Während der Fahrt kamen die Scheibenwischer kaum gegen die
vielen Tropfen an. Ich musste aufpassen, die Abzweigung durch den
Wald zum Sommerhaus nicht zu verpassen. Der CD-Player hakte und
weigerte sich standhaft die eingelegte CD zu spielen. So konnte ich
mich nicht einmal durch lautes Mitsingen meiner Lieblingssongs
ablenken. Ich hörte nur das Trommeln des Regens und die
Motorengeräusche während der Fahrt. Meine Gedanken
kreisten. Darin hatten sie in den letzten Tagen wirklich Übung
bekommen. Diesmal drehten sie sich aber nicht nur um Kjell, sondern
auch um diese alte Frau. Natürlich tat sie mir leid, und
vermutlich versuchte sie immer noch, ihre Schwester zu finden. Soweit
ich die Verkäuferin verstanden hatte, sprach Britta gewöhnlich
nicht jeden Fremden an. Also was wollte sie von mir? Wollte sie mich
warnen? Warum hatte sie diesen seltsamen Satz gesagt? Wie konnte sie
wissen, dass ich mich gerade verliebte? Hatte sie mich vielleicht im
Wald mit Kjell zusammen gesehen und dachte bei jeder jungen Frau
gleich an ihre Schwester? Sah ich ihrer Schwester irgendwie ähnlich?
Oder war diese alte Dame einfach nur total verrückt? Plötzlich
musste ich wieder an die seltsamen Fußspuren denken. Vielleicht
war es doch diese alte Frau gewesen. Oder jemand von der
Sommerhaus-Bande, der auskundschaften wollte, ob noch jemand im Haus
wohnte. Aber warum waren es dann Abdrücke von nackten Füßen
gewesen? ›Trolle und Waldgeister gibt es nur in den alten
Sagen. Vielleicht ist es sogar der entsprungene Häftling
gewesen‹, schoss es mir durch den Kopf. Heftig schüttelte
ich mich, um diesen gruseligen Gedanken zu vertreiben. So komme ich
nicht weiter, dachte ich mir. Das ergab alles keinen Sinn.
Mittlerweile war ich
beim Sommerhaus angekommen. Ich schaltete den Motor ab und blickte
hinüber zum Haus. Genauso wie ich es bei meiner Ankunft getan
hatte. Jetzt im Regen wirkte es schon nicht mehr so einladend. Ich
wäre gerne hinüber zu Uffe gegangen, aber sein Wagen stand
nicht mehr vor dem Sommerhaus und das Fenster war mit Brettern
vernagelt. Vermutlich war er in die Stadt zurückgefahren.
Für einen
Moment dachte ich daran, meine Koffer zu packen und abzuhauen. Aber
so würde ich Kjell nie wiedersehen. Nein, ich wusste, all diese
Fragen würden mich weiter beschäftigen, auch wenn ich weit
fort wäre. Außerdem war da sofort dieser schwere Stein auf
meiner Brust, wenn ich nur daran dachte, Kjell zu verlassen, obwohl
er mich so mies behandelt hatte. Mir wurde bewusst, dass ich längst
nicht mehr frei war, einfach zu gehen. Ich musste bleiben und
wenigstens einige Antworten finden. Vor allem wollte ich wissen, was
das Gespräch am Strand zu bedeuten hatte. Ich war schon immer
viel zu neugierig gewesen und das würde mir noch irgendwann zum
Verhängnis werden …
Nachdem ich die
Einkäufe verstaut und den Kater gefüttert hatte, zog ich
mir trockene Sachen an und kochte mir eine heiße Tasse Kakao.
Der Regen wollte immer noch nicht aufhören. Ich fachte ein Feuer
im Kamin an und langsam breitete sich die Wärme im Haus aus. Bei
so einem Wetter kühlte das Holzhaus schnell aus. Captain One Ear
lag lang ausgestreckt auf dem Sofa und schnurrte leise im Schlaf. Ich
stellte mich mit dem Kakao in der Hand ans Fenster und blickte auf
den See. Die Wasseroberfläche wurde von unzähligen
Regentropfen in Bewegung gehalten. Vermutlich würden die letzten
Seerosenblüten diesen Regen nicht überstehen. Wenn es so
weiter regnete, würde ich morgen erst mal eimerweise Wasser aus
dem Ruderboot kippen müssen. Mein Blick hing an dem kleinen Boot
fest. Etwas irritierte mich. Ich kniff die Augen zusammen. Hing da
nicht etwas an der Halterung der Ruder? Es sah aus, wie ein weißes
Stückchen Stoff. Ich ging vom Wohnzimmer in den Wintergarten und
schaute durch die große Fensterfront hinüber zum Anleger.
Tatsächlich, dort war etwas Weißes befestigt! Ob es wieder
eine Nachricht von Kjell war? Was war das, etwa eine Art
Taschentuch-SMS? Wollte er mich um Verzeihung bitten? Wenn er
glaubte, ich würde durch den Regen laufen, nur um zu gucken, was
er mir für eine Botschaft hinterlassen hatte, dann täuschte
er sich. Nein, ich würde ihn warten lassen! Schließlich
konnte er auch persönlich vorbeikommen und mit mir
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