Kjell. Das Geheimnis der schwarzen Seerosen
verschwundenen Mädchen wissen!«
Britta Janson blieb
stehen. Sie wiegte den Kopf hin und her. »Ich bin eine alte
Frau, die die Wunden der Vergangenheit nicht heilen lassen konnte.
Ich habe keine Träume mehr, weißt du.«
»Ich verstehe
nicht, was Sie meinen. Können Sie mir nicht etwas über
Lilja sagen, bitte!«, flehte ich.
»Nun
vielleicht kann ich das, flicka. Vielleicht kann ich es aber auch
nicht. Das wirst du selbst herausfinden müssen.« Damit
drehte sie sich um und ging zum Ausgang.
Verwirrt stand ich
immer noch mit den Vermisstenanzeigen in der Hand vor der Pinnwand
und sah ihr nach. Dann wandte sie sich um und rief mir zu: »Was
ist Mädchen, kommst du?«
Schnell griff ich
meine Einkaufstüte und eilte ihr nach. Draußen fragte ich:
»Wohin gehen wir?«
»Zu mir nach
Hause. Ich will dir etwas zeigen.«
Ich war mir etwas
unsicher, ob es eine gute Idee war, allein mit dieser wunderlichen
alten Frau mitzugehen, aber ich wollte unbedingt erfahren, was sie
wusste.
»Es ist ein
Stückchen, ich wohne draußen vor der Stadt, gleich beim
Wald.«
»Wir könnten
mit meinem Wagen fahren«, schlug ich vor. Doch Britta
schüttelte den Kopf. »Nein, ich ziehe es vor, zu Fuß
zu gehen.«
»Gut, aber
wenn Sie erlauben, würde ich wenigstens kurz meine Einkäufe
in den Kofferraum packen.«
Sie nickte und ich
beeilte mich die Tüte zu verstauen. Dann folgte ich ihr die
Hauptstraße entlang.
Wir schwiegen. Ich
überlegte, ob ich ein Gespräch beginnen sollte. Nach einer
Weile fragte ich sie: »Kannten Sie die vermissten Mädchen
persönlich?«
Frau Janson
überlegte einen Moment bevor sie mir antwortete: »Nein,
auch wenn dieser Ort recht klein ist, kannte ich nicht alle. Ich lebe
seit vielen Jahren für mich sehr zurückgezogen im Haus
meiner Eltern. Da verliert man den Kontakt zur Außenwelt. Aber
einige der Mädchen kannte ich schon. Warum fragst du?«
Ich zuckte die
Schultern. Britta Janson schaute mich mit listigem Blick an. »Glaubst
du vielleicht ich habe etwas mit dem Verschwinden der Mädchen zu
tun?«
Ich fühlte mich
ertappt. Ehrlich gesagt, war es tatsächlich eine Möglichkeit
gewesen, die ich in Betracht gezogen hatte. Immerhin erschien mir die
alte Dame bisher etwas verrückt. Vielleicht sogar wie eine
gefährliche Irre. Wer wusste schon, was der Verlust ihrer
Schwester in ihr ausgelöst hatte? Psychologie war noch nie meine
Stärke gewesen. Ich schwieg und Britta kicherte. »Du hast
es tatsächlich gedacht. Wie ulkig. Als würde die Maus der
Eule gefährlich werden.«
»Entschuldigen
Sie, so war das nicht gemeint. Ich …«, stammelte ich
unbeholfen.
»Ist schon
gut, flicka. Ich habe dir Angst gemacht, richtig?«
»Ja, das haben
Sie in der Tat«, gab ich zu.
Britta nickte mit
einem grimmigen Zug um ihre schmalen Lippen. »Das wollte ich
auch. Leider hat es nicht gereicht. Du bist trotzdem geblieben. Wir
sind fast da. Dort ist mein Haus.« Sie zeigte auf ein kleines
hellblaues Holzhaus. Davor lag ein gepflegter Garten mit einigen
Birken. Hinter dem Haus begann der Wald. Ich weiß nicht, was
ich erwartet hatte. Ein schiefes Hexenhaus mit Ofen? Jedenfalls nicht
dieses Schwedenidyll.
Als wir das Haus
betraten, musste ich allerdings wieder an ein Hexenhaus denken. Das
spartanisch eingerichtete Wohnzimmer war mit dunklem Holz verkleidet
und die Gardinen vor den kleinen Fenstern ließen kaum die
Nachmittagssonne hinein. Alles wirkte düster. An der Wand
gegenüber hing ein Elchkopf. Britta bat mich an einem schweren
Holztisch Platz zu nehmen, der wohl auch als Esstisch genutzt wurde.
Dann verschwand sie mit den Worten: »Warte. Ich bin gleich
wieder da.«
Ich schaute mich um.
Eine Uhr ticke auf einem Sideboard. Daneben standen gerahmte
Fotografien. Ich hörte die Schritte der alten Frau im Stockwerk
über mir und nutzte die Zeit. Ich stand auf und trat an das
Sideboard heran. Ich nahm ein gerahmtes altes Foto zur Hand. Es
zeigte eine wunderschöne junge Frau mit strahlend blauen Augen
und langen blonden Haaren. In ihrem Blick lag etwas Sehnsuchtsvolles.
Sie trug ein Sommerkleid und in ihrem Arm hielt sie einen Strauß
Wildblumen. Sie wirkte so zart und schön wie eine Waldfee.
Britta Janson war
leise neben mich getreten. Sie hielt zwei dicke Fotoalben im Arm. Ich
beeilte mich das Foto wieder zurückzustellen. »Ist das
ihre Schwester?«, fragte ich sie und deutete auf das Bild.
»Nej, das bin
ich«, antwortete sie. »Das Foto wurde kurz nach Mariettas
Verschwinden
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