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Kjell. Das Geheimnis der schwarzen Seerosen

Kjell. Das Geheimnis der schwarzen Seerosen

Titel: Kjell. Das Geheimnis der schwarzen Seerosen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Boyd
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ob du daran glaubst.«
    Ich war
verunsichert. Worauf wollte die alte Frau hinaus. »Glauben?
Nun, es sind Legenden, nicht?«
    »In jeder
Legende steckt immer auch ein Funken Wahrheit. Die Menschen fangen
nicht ohne Grund an, bestimmte Geschichten zu erzählen«,
erklärte Britta.
    »Sie meinen
Trolle, Waldkobolde und so etwas?«, fragte ich.
    »Ja, so
ähnlich. Kennst du die Legende vom Necken?« Britta sah
mich aufmerksam an.
    »Der Necken,
ja natürlich. Ich erinnere mich.« Ich lächelte bei
der Erinnerung daran, wie Rune uns Kindern die Geschichte erzählt
hatte, als wir das erste Mal Midsommar gefeiert hatten.
    »Es ist die
Geschichte von einem Wassergeist, der wunderschön Geige spielen
kann. Der Legende nach, kann man in der Mittsommernacht vom Neck, wie
Rune ihn auch nannte, das Geige spielen erlernen.«
    Britta lachte kurz
auf. »Javisst, ein Wassergeist. Aber Geige spielen lernen an
Midsommar – das ist die romantische Fassung. Es gibt aber noch
eine zweite Fassung. In der er ein wunderschöner Jüngling
ist, der in einem Fluss Geige spielt und die jungen Frauen, die sich
in ihn verlieben, ins Verderben lockt. Er zieht sie in die Tiefe, auf
den kalten Grund und keine von ihnen taucht wieder auf. Diese Fassung
der Legende trifft wohl eher die Wahrheit.«
    »Moment mal,
so eine ähnliche Geschichte hat mein Freund mir erzählt. Er
meinte sein Ur-Ur-Großvater spielte immer Geige im Fluss und
die Mädchen hätten sich alle in ihn verliebt. Dann hat er
mich angelogen und es war gar nicht sein Ur-Ur-Großvater
sondern eine Legende.«
    Ich hatte doch
gewusst, dass ich die Geschichte irgendwie gekannt hatte! Prompt
wurde ich wieder sauer. Ich hatte etwas über Kjells Familie
wissen wollen und er hatte mir einfach eine Legende erzählt. Er
hatte mich also auch in dem Punkt an der Nase herum geführt.
    »Dein
Freund«, begann Britta und betonte das Wort , »hat dir
die Wahrheit erzählt. Das ist ja verwunderlich. Aber das Ende
der Geschichte hat er dir vermutlich verschwiegen. Wie nämlich
all die Mädchen endeten, die sich in seinen Großvater
verliebten.«
    »Das ist
völliger Schwachsinn!«, rief ich erbost. »Warum
sollten sich überhaupt alle diese Mädchen, die verschwunden
sind, in einen angeblichen Wassergeist verliebt haben und ihm dann in
einen See oder Fluss folgen?«
    »Die Sehnsucht
danach, zu lieben und geliebt zu werden, macht unfrei«,
sinnierte Britta. »Willst du nicht auch geliebt werden? Und hat
er dich nicht vielleicht auch betört, verwirrt oder dir ein
Geschenk aus dem See gemacht, um dich an ihn zu binden? So hat er es
nämlich mit meiner Schwester gemacht. Er schenkte ihr Seerosen.
Sie kam eines Nachts damit von ihrem heimlichen Stelldichein zurück.«
    Ich musste an die
Kette mit Bens Hornanhänger denken. »Nein!« Ich
wollte mir die Ohren zuhalten.
    »Ich habe ihn
gesehen. Er schwamm im See. Glaub mir, er hatte Haare wie der
Silbermond …«, redete Britta weiter auf mich ein.
    »Aber Kjells
Haare sind nicht silbern«, warf ich ein.
    » …und
als er auftauchte waren sie dunkel wie die Nacht«, beendete die
alte Dame ihren Satz.
    Sie griff meine
Hand. »Bitte, keiner hat mir geglaubt. Aber du musst mir
glauben. Er hat mir Marietta genommen. Er ist da draußen und
wartet auf dich, Mädchen. Flieh solange du noch kannst!«
    Ich sprang auf. »Das
kann nicht wahr sein. Das ist doch alles total verrückt! Ich
glaube es nicht. Es tut mir leid, Frau Janson. Es war sehr nett von
Ihnen, dass Sie mir ihre Alben gezeigt und von Ihrer Schwester
erzählt haben, aber jetzt muss ich wirklich los.« Ich ging
zur Tür.
    Britta Janson wirkte
hager und zerbrechlich. Sie ließ die Schultern hängen und
seufzte. »Ich habe dich gewarnt, flicka. Bitte pass auf dich
auf. Er ist der Tod!«
    Ich warf die Tür
hinter mir ins Schloss, froh der düsteren und stickigen
Atmosphäre von Frau Jansons Haus zu entkommen. Dann rannte ich
zu meinem Auto und fuhr wie der Teufel zurück. Das war einfach
alles zu viel für mich. Waren denn alle verrückt? Dennoch
regten sich in mir Zweifel. Ich dachte an Kjells seltsames Verhalten,
Bens Anhänger, die verschwundenen Mädchen und unserer
Vollmondbad. Ich war mir sicher: Er hatte einige silberne
Haarsträhnen gehabt, bevor wir in jener Nacht ins Wasser
gegangen waren. Und dann waren da auch noch seine außerordentlichen
Schwimmkünste und diese Kälte, die er zuweilen ausgestrahlt
hatte. Aber das, was Britta angedeutet hatte, war doch völlig
unmöglich, oder etwa nicht?
    Als

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