Kjell. Das Geheimnis der schwarzen Seerosen
ich beim
Sommerhaus ankam, war ich fast davon überzeugt, dass Britta
recht hatte. Alles passte zusammen und ergab für mich jetzt ein
schlüssiges Bild. Auch wenn es noch so unwahrscheinlich war.
Aber nur einer konnte meine Fragen endgültig beantworten. Ich
musste an all die verschwundenen Mädchen, Lilja und Ben denken.
Ich wollte endlich Gewissheit haben. Doch ich wusste nicht einmal wo
ich Kjell finden konnte. Mich packte eine unbändige Wut. Ich
stieg aus dem Auto und lief um das Haus, den Rasen hinab zum See.
Dort stellte ich mich ans Ufer und brüllte aus Leibeskräften
seinen Namen. Ich schrie immer wieder nach ihm. Ich rief über
das Wasser hinaus, dass ich alles wusste, dass er ein Mörder sei
und noch viel mehr.
Alles was mir auf
der Seele brannte, all die verrückten Vermutungen, die Britta
mit ihrer Legende in mir ausgelöst hatte, machten sich so Luft.
Dann rannte ich zurück ins Haus, holte den Hornanhänger und
warf ihn im hohen Bogen in den See. »Du kannst den Anhänger
von meinem Bruder behalten! Du hast mich belogen. Komm endlich,
Kjell! Komm her!«, schrie ich. Doch natürlich tauchte
Kjell nicht auf. Irgendwann sackte ich erschöpft auf dem Rasen
zusammen.
»Verdammt, ich
liebe dich«, sagte ich leise, als ich aufstand und noch einmal
auf das Wasser blickte. Es war völlig verrückt gewesen, zu
glauben er würde kommen. Natürlich würde Kjell mich
nicht hören, nur weil ich am Seeufer stand und wie eine Irre
brüllte. Vermutlich war es doch alles Unsinn, aber ich fühlte
mich jetzt wenigstens besser. Langsam ging ich zurück ins Haus,
putzte meine Nase und begann die letzten Klamotten zusammen zu
sammeln. Dann ging ich zum Schuppen und holte meine Angelsachen. Ich
verstaute sie im Auto. Als ich zurück ins Haus ging, um die
gepackten Taschen aus dem Schlafzimmer zu holen, und ebenfalls im
Wagen zu verstauen, ließ ich die Haustür hinter mir offen.
Als ich die Treppe
vom Obergeschoss wieder runterkam, sah ich ihn im Türrahmen
stehen. Er war klitschnass und seine tiefblauen Augen funkelten mich
an.
Ich erschrak
fürchterlich und ließ die Tasche fallen.
»Kjell! Was
machst du hier?«
»Du hast mich
doch gerufen. Über den ganzen See hast du gebrüllt, dass du
über uns Bescheid weißt. Ich kann dich jetzt nicht mehr
gehen lassen, Sofie.«
»Wie meinst du
das?« Ich machte einen Schritt zurück an die Wand.
Er trat auf mich zu
und fasste mich bei den Schultern.
»Was hast du
dir nur dabei gedacht? Ich habe doch alles versucht, damit du hier
fortgehst. Was hätte ich noch tun sollen, um dich in Sicherheit
zu bringen? Warum bist du nicht einfach abgereist? Jetzt verlangen
sie deinen Tod!«
»Wer sind
sie?«, fragte ich verständnislos.
»Meine
Familie!«, antwortete Kjell und blickte finster drein.
»Deine
Familie? Aber ich dachte du …du wärst ….ich
meine«, stammelte ich unsicher, was ich überhaupt sagen
sollte.
Kjell zog die
Augenbrauen hoch. »Natürlich meine Familie. Ich dachte, du
weißt alles.«
»Ehrlich
gesagt, weiß ich gar nichts mehr.« Ich ließ die
Schultern hängen. »Du bist völlig nass«, fügte
ich überflüssiger Weise noch hinzu. Wassertropfen liefen
ihm aus den Haaren über das Gesicht. Ich betrachtete ihn. Sein
T-Shirt klebt an seinem Oberkörper und obwohl die Situation
völlig unpassend war, hatte ich für einen Moment das
Bedürfnis mich an seine Brust zu schmiegen.
»Natürlich
bin ich nass. Ich hatte keine Zeit, mich zu trocknen«,
schnappte er.
»Dann bist du
also wirklich …«, meine Stimme versagte.
Er sah mir tief in
die Augen und um seinen Mund zuckte es. »Los sag es schon!«,
forderte er mich auf.
»Du bist der
Necken!«, stellte ich leise fest. Es klang selbst in meinen
Ohren völlig verrückt.
Kjell
lachte bitter auf. »Necken! Ja, so könnte man mich nennen.
Aber ich bin nicht der Neck.«
»Ich verstehe
nicht«, warf ich ein und suchte Kjells Blick. »Ich dachte
du bist der Wassergeist.«
»Ich sagte dir
doch, ich habe eine Familie. Wir sind, wenn du es so nennen willst,
alle Wassergeister. Meinen Cousin hast du ja bereits kennengelernt.«
»Oh«,
sagte ich nur und schwieg für einen Moment. Eine Million Fragen
lagen mir auf der Zunge und ich wusste nicht welche ich zuerst
stellen sollte. »Und ihr lebt hier …, hier im See?«
Ich konnte es irgendwie noch immer nicht glauben.
Er nickte nur. Ich
wollte es unbedingt genauer wissen, doch zuerst musste ich erfahren,
ob Britta recht hatte und Kjell wirklich für all die
Geschehnisse
Weitere Kostenlose Bücher