Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Klagelied der Sterne: Der frühe Homanx-Zyklus, Bd. 2

Klagelied der Sterne: Der frühe Homanx-Zyklus, Bd. 2

Titel: Klagelied der Sterne: Der frühe Homanx-Zyklus, Bd. 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alan Dean Foster
Vom Netzwerk:
alles und jeden in ihrem Weg, wobei sei keinen Unterschied machten zwischen thranxischen »Eindringlingen« und menschlichen »Verrätern«.
    Obgleich die Thranx friedlich waren, kam ihre Zivilisationsgeschichte einer Litanei des Krieges gleich: Stets hatte ein Stock den anderen unterwerfen wollen. Später hatten sich die Thranx einem frustrierenden, scheinbar endlosen Kampf gegen die eher militaristischen AAnn stellen müssen. Daher war ihnen Gewalt nicht fremd, weder ihnen als Individuen, noch ihrer ganzen Spezies.
    Sobald sich die Nachricht von Ausmaß und Grausamkeit des Überfalls wie ein Lauffeuer innerhalb des Stocks verbreitet hatte, schlossen die Thranx interne Barrieren, um die Angreifer in ihrer Bewegungsfreiheit einzuschränken. Bewaffnet mit Werkzeugen und Küchenutensilien, rückten Reihen aus schweigenden, entschlossenen Thranx gegen die Eindringlinge vor. Es stand zwar außer Frage, auf die Hilfe der menschlichen Behörden zu warten, die nach dem Notruf der Kolonie gewiss prompt Truppen ins Reservat entsandt hatten. Aber der Stock war in Gefahr, und der Stock musste verteidigt werden.
    Viele weitere Thranx fielen bei den wiederholten Versuchen, das gedankenlose Gemetzel zu beenden. Auch einige Menschen starben, die im Stock gearbeitet oder geforscht hatten. Die Fanatiker waren bewaffnet und kampfbereit angerückt. Doch trotz ihrer Entschlossenheit und ihrer tödlichen Waffen waren sie keine ausgebildeten Soldaten. Und dass sich die Thranx in den engen Stollen ihres Stocks gut auskannten, war ein weiterer Nachteil für die barbarischen Angreifer.
    Als die Reservats-Ranger schließlich eintrafen, waren viele der Eindringlinge bereits tot oder lagen im Sterben, umgeben von kleinen Bergen aus Thranx-Leichen. Und als die ersten Soldaten aus dem Transporter sprangen, den die Regierung eilig vom Inland aus der nächstgelegenen Militärbasis in Recife entsandt hatte, war schon beinahe alles vorbei.
    Von anderen Fanatikern als Märtyrer bejubelt und von »zivilisierten« Unterstützern bewundert, wurde den Schlächtern des Amazonas-Stocks schließlich genau das Medieninteresse zuteil, das der arme Adjami vorausgesagt hatte. Glücklicherweise, war der Großteil der Bevölkerung von dem Massaker peinlich berührt und entschuldigte sich dafür. Die Thranx lehnten die Wiedergutmachungsangebote der schuldbewussten Regierung ab, mit der Erklärung, dass sie materialistischen Trauerbekundungen nichts abgewinnen könnten. Andererseits nahmen sie die vielen Briefe und Beileidsbekundungen von gewöhnlichen Bürgern mit kunstvoll ausgeführten Gesten der Dankbarkeit entgegen.
    Nicht einmal eine solche Katastrophe konnte die Wirkung mindern, welche die Pitar (die den Thranx ebenfalls rücksichtsvoll ihr Beileid aussprachen) auf die menschliche Gesellschaft ausübten. Ein Pitar-Paar (sie reisten niemals allein) besuchte sogar den verwüsteten Stock, um den Schauplatz der Tragödie zu besichtigen und den Thranx im Namen der pitarischen Regierung hier an Ort und Stelle der ungeheuerlichen Geschehnisse ihr Beileid auszusprechen. Die planetaren Medien nahmen ihren mitleidsvollen Besuch gebührend zur Kenntnis. In ihren Berichten strichen sie den Edelmut der Pitar mehr heraus als das Leid der Stockbewohner, die bei dem Massaker viele Freunde, Mitarbeiter und sogar Angehörige verloren hatten.
    Während die Medien sich darauf konzentrierten, die Hintergründe der kleinen, aber mit tödlicher Energie arbeitenden Gruppe von Fanatikern aufzudecken und deren Geldgeber zu ermitteln, entsandte die Weltregierung Spezialisten, die das Desaster untersuchen und Hinweise auf bislang unbekannte Hintermänner oder gar eine etwaige Verschwörung sammeln sollten. Unmittelbar nach dem Vorfall kam es zu einer Begegnung, die wesentlich weitreichendere Konsequenzen für die Beziehungen zwischen Menschen und Thranx haben sollte als die Nachwirkungen des barbarischen Überfalls selbst. Keiner der Anwesenden hätte die Folgen absehen können. Gewiss ahnte niemand, in welche Richtung sich alles entwickeln würde. Im Nachhinein war das nicht überraschend.
    Wer hätte schon ahnen können, dass es von Bedeutung sein konnte, wenn man sich mit der Zukunft der Toten statt mit der der Lebenden befasste?

4
    Reverend Pyreau hob das Gewehr auf, ohne nachzudenken. Hier, in den Tiefen des außerirdischen Stocks, fiel ihm das Atmen schwer. Er litt ein wenig unter Klaustrophobie und hätte eher einen weiten, offenen Platz oder eine hohe Kathedrale als Treffpunkt

Weitere Kostenlose Bücher