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Klagelied der Sterne: Der frühe Homanx-Zyklus, Bd. 2

Klagelied der Sterne: Der frühe Homanx-Zyklus, Bd. 2

Titel: Klagelied der Sterne: Der frühe Homanx-Zyklus, Bd. 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alan Dean Foster
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nicht. Es hätte auch keinen Zweck. Wie viel Vernunft der rasende Verrückte dort vor ihm auch einmal besessen haben mochte, er hatte sie restlos irgendwo dort in der grünen Hölle des Dschungels zurückgelassen, von wo aus er seinen mörderischen Feldzug durch den Stock angetreten hatte. Der Wahnsinn funkelte in seinen Augen und schwang in seiner Stimme mit.
    Selbstverständlich müssen sich alle Feldgeistlichen einer militärischen Grundausbildung unterziehen. Rechts von Pyreau lag eine Neuronalpistole. Die grün blinkende Anzeige in ihrem Griff verriet, dass die Waffe noch immer zur Hälfte geladen war. Was Pyreaus Finger lenkte, konnte götüiche Intervention gewesen sein oder auch nur primitiver Selbsterhaltungstrieb. Pyreau packte die Pistole und hob sie auf, als ein lauter Knall in seinen Ohren widerhallte. Eine heiße Klinge stach ihm ins Fleisch seiner linken Schulter. Pyreau zielte, mehr aus Reflex denn aus antrainierter Gewohnheit, und feuerte.
    Der Xenophobe erschauerte… gab aber noch einen zweiten Schuss ab. Die Kugel verfehlte Pyreau, schlug in die Wand des Ganges links hinter ihm ein. Die Neuronalpistole hatte ihre Wirkung nicht verfehlt: Wie gelähmt sackte der Mann in sich zusammen, und das Gewehr glitt ihm aus den Fingern. Die eintretende Stille schien Pyreau anzubrüllen. Erneut war der Geistliche der einzige Lebende im Stollen.
    Mit vor Schock geöffnetem Mund legte er die Pistole ab und warf einen Blick auf seine Schulter. Blut rann aus einer Wunde, die nur von einem Streifschuss stammen konnte - welch Glück! Pyreau versuchte aufzustehen, musste jedoch feststellen, dass sich seine Muskeln in Gummi und seine Knochen in Gelee verwandelt hatten. Er konnte nicht stehen. Dann zogen ihn Hände auf die Beine, Hände, die keinem Menschen gehörten. Die Stimme des Helfers klang kräftig und weich zugleich, beinahe flüsternd; während er die Konsonanten merkwürdig melodiös aussprach, bereiteten ihm die Vokale, die er einzeln betonte, offenbar Schwierigkeiten. Was Pyreau hinterher am besten in Erinnerung blieb, war der pikante Duft von feuchtem Geißblatt.
    »Bitte versuchen Sie die Beine zu bewegen! Ich kann Sie nicht ohne Ihre Hilfe hochheben.«
    Pyreaus derart ermahntes Gehirn aktivierte seine Muskeln, und ehe er sich’s versah, stand er aufrecht im Armageddon. Der Thranx trat zurück und musterte ihn von Kopf bis Fuß. »Sie tragen die Uniform eines Soldaten.«
    »Ich … ich bin ein Soldat, aber ein Feldgeistlicher. Wissen Sie, was das ist?«
    Der Thranx ließ die Antennen in entgegengesetzte Richtungen rotieren, um so viel von dem beißenden Rauch wie möglich fortzufächern. »Ich fürchte nein. Sie gehören zu dem Rettungsteam, das prompt, aber trotzdem zu spät eingetroffen ist.«
    »Ja.« Pyreau nickte. »Das tut mir Leid. Wir sind so schnell hergekommen, wie es nur ging.«
    »Das glaube ich Ihnen.« Mit einer Echthand wies er auf das stumme Blutbad ringsum: Wellenberge aus totem Fleisch, mitten im Sturz erstarrt. »Es wird Ärger deswegen geben. Lautes Pfeifen und Klicken und reichlich Gegenbeschuldigungen werden die Runde machen.« Er hob den Kopf und sah dem Feldgeistlichen mit seinen goldenen Facettenaugen an. »Genug für beide Spezies. Was ist die Aufgabe eines Feldgeistlichen?«
    Pyreau zeigte hilflos auf die vielen Leichen, von denen der Großteil aus Thranx bestand. »Ich repräsentiere eine der Hauptreligionen der Menschheit und, falls nötig, sogar alle Religionen. Ich biete den Männern und Frauen der Einheit, der ich zugeteilt bin, spirituellen Beistand, leite sie privat und an bestimmten traditionellen Tagen im Gebet, helfe denen, die im Herzen krank sind, und halte spezielle, religiös gefärbte Zeremonien ab, wie etwa die Bestattung der Toten.«
    Der Thranx hob eine Echt- und eine Fußhand und wies auf den Fanatiker, den Pyreau soeben erschossen hatte. »Ihm haben Sie ganz sicher geholfen.«
    Pyreau blickte nicht zurück - nicht, weil er es nicht über sich brachte, sondern weil er es nicht wollte. »Ich hatte keine Wahl. Entweder er oder ich. Obwohl ich an ein Leben nach dem Tod glaube, habe ich es nicht eilig, dieses Leben hier gegen das andere einzutauschen. Das werde ich tun, wenn die Zeit reif ist - so wie wir alle.«
    »Ein interessanter Glaubensinhalt.« Der Thranx hob eine Echthand und klopfte sich mit allen vier Fingern auf den rechten Schulterpanzer. Nach Art der Thranx, ihren Körper zu verzieren, war ein kleiner, glänzend schwarzer Kreis in den harten

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