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Klang des Verbotenen

Klang des Verbotenen

Titel: Klang des Verbotenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reinhard Febel
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Cristofori.
    Ein Cembalo? – Keineswegs, das hieß nur noch so. Es handelte sich um etwas völlig Neues: um ein Pianoforte nämlich; die Saiten nicht mehr angerissen, sondern von lederüberzogenen Hämmern geschlagen, eine geniale Erfindung, vielleicht den Glockenspielern in den Niederlanden abgeschaut oder auch dem Schmied, der seinem Amboss Töne entlockt. Wie dem auch sei – nun endlich würde Musik erklingen für eine neue, bessere Zeit!
    Natürlich musste man sich an den neuen Klang gewöhnen. Das Spitze war nun stumpf geworden, die Töne kratzten nicht mehr wie Dornen, tanzten nicht mehr auf Insektenbeinen, nein, nun gingen die Melodien in Filzlappen eingeschlagen umher.
    Doch dafür war das Instrument viel lauter geworden – und diese Lautstärke ließ sich durch den Fingerdruck sogar verändern, ein neues, wunderbares Gefühl von Macht über die Materie! Auch hatte der Klang etwas Warmes und Leuchtendes bekommen. Anstelle des bekannten Chores zirpender Grillen erklangen nun Vögel, Amseln oder eine Nachtigall – oder gar eine menschliche Stimme.
    Ehrfürchtig setzte sich Escarlati an das Instrument, genoss die Stille vor dem ersten Anschlag, eine Stille, die den Duft des frischen Holzes enthielt, aus dem das Klavier gemacht war, schlug dann den Tastendeckel zurück, der mit einem Klacken niederklappte und dabei ein Echo im leeren, großen Raum erzeugte, stellte den ziselierten Notenständer senkrecht, obwohl er diesen, da er immer auswendig spielte, beim Konzert nicht brauchen würde.
    Dann griff er in die Tasten, vorsichtig zunächst und leise, die neuartige Mechanik erforschend, die tiefsten Töne wieder und wieder anschlagend und bewundernd, Töne, so tief wie noch nie zuvor von einem Tasteninstrument hervorgebracht – außer natürlich von einer Orgel, doch diese Monstren mochte Escarlati nicht besonders.
    Wieder einmal begann eine absteigende Quart im Bass zu kreisen: Der Meister bereitete sich auf das Konzert vor, legte versuchsweise dieses und jenes Brechungsgeflecht, diese oder jene Linie über Fundament und Akkorde.
    Ja, bei einem Fest kann auch der Musiker ein wenig über die Stränge schlagen: Er hatte vor, ohne dass die übrigen Zuhörer dies würden merken können, ganz besonders für Candela und Curro zu spielen, Melodien vom Festplatz in seine Improvisation einzuweben, darunter vielleicht sogar das Stück, das Maria Barbara bei ihrem nächtlichen Ausflug gehört und dann rekonstruiert hatte.
    Als er mitten im Spiel war und auf einmal hinter sich ein Rascheln hörte, drehte er sich erschrocken um und blickte zunächst auf ein weißes Kleid, dessen Saum sich über den marmornen Boden schob, und dann in das Gesicht der Prinzessin.
    Sie war lautlos, wie er zuvor, durch die hintere Türe in das Musikzimmer getreten. Abrupt fuhren seine Hände von der Klaviatur und er sprang auf.
    »Das Arpicembalo. Ist es nicht ein großartiges Instrument?«, sagte sie und sah ihm dabei fest in die Augen.
    »Ja … die … Zukunft … Ich habe gerade schon …«, stammelte Escarlati und spürte, wie ihm der Schweiß ausbrach. Auch wusste er nicht, ob er ihre Hand nach dem unverzeihlichen Ereignis noch küssen durfte und zögerte, doch die Prinzessin hielt ihm wie immer ihre gerundete Rechte hin, wie ein Pfötchen und als wäre nichts geschehen. So fasste er zitternd die Hand und drückte einen Kuss darauf.
    Dann richtete er sich auf und spürte, dass er sich verkrampfte, als er die Brust wie zum Rapport gestreckt aufbaute. Die junge Frau blickte ihn ernst und fragend an, während er sagte: »Was geschehen ist, Maria Barbara … das heißt, Prinzessin, Hoheit: Ich werfe es mir vor und bitte Euch …«
    Doch sie unterbrach ihn sogleich – und da spürte er ihre unwiderstehliche und wahrhaft königliche Autorität, denn mit leiser Stimme und kaum wahrnehmbarer Handbewegung zerhieb sie den Knoten und löste ihm den Stein aus der Brust, wies ihn, den Meister, jedoch gleichzeitig weit von sich fort.
    »Ich weiß nicht, was Ihr meint«, sprach sie. »Seht doch, dieses Instrument habe ich für Euch bauen lassen, denn Ihr, nur Ihr seid seiner würdig. Schaut hinein, es ist ein wahres Wunderwerk!« Sie wollte den Deckel heben, doch Escarlati kam ihr zu Hilfe, klappte den schweren hölzernen Schmetterlingsflügel hoch, wobei er vermied, dass ihrer beider Hände sich berührten, und arretierte die Stütze.
    »Jede Taste besitzt ihre eigene Maschinerie«, sagte Maria Barbara, während sie sich über das Innere des

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