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Klang des Verbotenen

Klang des Verbotenen

Titel: Klang des Verbotenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reinhard Febel
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treten, und gleichzeitig wollte er gerade dies, wollte die Wiederbegegnung so bald wie möglich hinter sich bringen, sehnte sich danach zu erfahren, wie oder wer sie ihm gegenüber nun war – darüber hinaus allerdings auch danach, sie wiederzusehen – und wie ihrer beider Verhältnis sich fürderhin würde anfühlen dürfen.
    Liebte er sie? Diese Frage stellte er sich nicht und musste sich dies nicht einmal verbieten. Über eine Unmöglichkeit Rechenschaft abzulegen, das wäre ganz und gar sinnlos und führte zu nichts.
    Manchmal dachte er an Maricati in der fernen Heimat und an das in ihr wachsende Kind.
    Würde er Maria Catalina wieder lieben können, nach allem, was in Sevilla mit ihm geschehen war und geschah?
    O ja, sicherlich, dachte er – nur vorübergehend war das Zuhause verblasst und unscharf, wie hinter einem Vorhang verborgen, der wohl aus den Wolkenbänken bestand, die sich zwischen Sevilla und Napoli endlos übers Meer schoben und die Gedanken dämpften, als wären es Worte oder Rufe.
    Nein, beides konnte gut nebeneinander existieren: die Erinnerung und die Gegenwart.
    Die letzten Nächte hatte er allesamt mit Candela verbracht, das heißt, jeweils den ersten Teil der Nacht, war nämlich vom Tanzplatz oder aus dem Alcázar zu ihr, also zu Curros Haus geschlichen, in ihrem Bett versunken wie in warmem Gras, hatte an ihrem braunen und heißen Körper, daneben, darüber, darunter gelegen, sich jung und glücklich gefühlt, mit dem Mond und den Gerüchen der Nacht sich verbrüdert und seine Muse wieder und wieder geliebt, war dann aber stets in den Morgenstunden zum Palast zurückgekehrt, an dem augenzwinkernden Nachtwächter vorbei, und dies längst, ohne den Passierschein vorzuzeigen – wenn der Pförtner denn überhaupt erwachte – und in sein eigenes Bett, um auch dieses pro forma noch ein wenig zu zerknüllen und Spuren von Candelas Düften dort zu deponieren, von denen umgeben er dann aufwachte, immer allein, denn natürlich war es nicht gestattet, fremde Personen in die privaten Räume mitzunehmen.
    Candela aber hatte von dem Fest gehört und von der Möglichkeit, Gäste einzuladen – dummerweise hatte Escarlati den Mund nicht halten können –, und so war sie nicht mehr davon abzubringen gewesen, als seine Begleiterin zumindest die dem Publikum zugänglichen Bereiche des Alcázar wenigstens einmal im Leben, ein einziges Mal in ihrem erbärmlichen Leben, wie sie sich scherzend ausgedrückt und dabei Domingos Hals umschlungen hatte, zu sehen.
    Also hatte er sie zusammen mit ihrem Bruder auf die Gästeliste schreiben lassen und auch – die Einladung persönlich Bekannter war Vertrauenssache – zwei Einlasspapiere ausgehändigt bekommen.
    »Aber«, hatte er ihr eingeschärft, »niemand darf wissen, dass wir uns kennen …«
    »Dass wir vögeln.«
    »Also … am besten gar keinen Kontakt!«
    »Wie schade!«, rief sie. »Vor aller Augen, sogar vor der Königin wollte ich meinen Schoß auf den Euren drücken, mein Kleid entwickeln und …«
    »Na«, lachte er unsicher; sie seufzte und grinste zugleich. »War Spaß – nur Spaß! Vielleicht zwinkere ich dir einmal zu, mehr nicht.«
    »Allerhöchstens!«
    »Und meinen Schatz spielt Curro, führt mich an der Hand und tanzt mit mir.«
    »Gut.«
    Escarlati war nicht zur Gänze beruhigt.
    Während die Gäste, darunter auch Candela und Montoya, in den Palast strömten, ihre Passierscheine vorzeigten und in den inneren Höfen flanierten; während die Frauen ihre Körper in schönen Kleidern zur Schau stellten, was besonders die Geistlichkeit erfreute; während man ungewohnte Freiheit des Umgangs daraus schöpfte, die Gesichter zumindest zeitweise hinter bunten, vogelgleichen und an Stöckchen getragenen Masken zu verstecken, ein Brauch, über den man sich aus Venezia hatte berichten lassen; während also die Festlichkeiten bereits in vollem Gange waren und auch schon der Wein in glitzernden Bögen in der Luft stand, zwischen Karaffen und Bechern scheinbar in der Zeit angehalten von virtuosen Küfern in Stiefeln und Uniform; währenddessen hatte sich Escarlati durch die Hintertüre in den noch verschlossenen Musiksalon begeben, denn dort stand das Wunder, das gerade noch rechtzeitig zum Fest aus Italien eingetroffen war.
    Das Wunder? O ja, ein größeres als etwa ein Einhorn in irgendeinem botanischen Garten oder ein Rhinozeros im Geschenkepark des Königs Soundso: Nein, dort stand das erste Arpicembalo Spaniens, gefertigt in den Werkstätten des großen

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