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Klang des Verbotenen

Klang des Verbotenen

Titel: Klang des Verbotenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reinhard Febel
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einzuklinken hatten, wieder hörbar: »… der Hölle Feuerqualen sind nicht die einzige Strafe, nein, bedenkt auch dies: Die unaufhörlichen Gelüste und Wünsche, die auf euch niederprasseln wie eine Heuschreckenplage! Auf welche Weise wollt ihr dem entkommen? Wünscht euch nichts – und dann auch dieses nicht? Das ist schwer, sehr schwer. Ich habe es versucht – und des Weiteren sind da all die Angst, unsere abertausend Momente der Furcht, die wie Kröten vom Himmel herabregnen, endlos wie der Sintflut Wolkenbruch. Auch das …«
    »Diese zwei dort«, flüsterte Curro auf einmal und wies auf ein Paar vermeintlicher Anhänger des Weisen: ein kleiner und ein sehr kleiner Mann, die durch das übrige Volk näherkamen, unauffällig, doch besser gekleidet als der Rest.
    Sie pflanzten sich vor dem Redner auf. Der Kleinere hieß ihn schweigen und sprach den Alten an: »Ihr gehört zu keiner Bruderschaft, die uns bekannt ist. Wer hat Euch das Predigen erlaubt?«
    Der Alte versuchte, den Sinn der Frage zu erfassen, was ihm schwerfiel. Benötigt man eine Erlaubnis, um die Wahrheit zu sagen?
    »Du redest wirres Zeug«, fuhr der Spitzel der Inquisition fort – denn um einen solchen handelte es sich –, nun in respektloser Anrede. »Und das ist uns nicht wohlgefällig und auch nicht …«, hier gab er mit einem Ruck des erhobenen Zeigefingers Auskunft darüber, dass Gott im obersten Geschoss wohnte, »… unserem Herrn.«
    »Eurem Herrn?«, sagte der Alte verwundert und verstand wieder nicht. »Wem gehört denn dies alles hier?« Er kniff die Augen zusammen und drehte sich im Kreis: Wo in der Menge war der Besitzer dieser Welt zu finden, jener, der die beiden Knechte ausgesandt hat?
    »Tu etwas«, sagte Curro zu Escarlati. »Du bist aus dem Palast. Du kannst etwas unternehmen, bevor es zu spät ist.«
    »Hoffentlich.« Escarlati erhob sich und ging auf die Gruppe zu. Um die drei war offener Raum entstanden wie ein Hof um den Mond. Alle Passanten, die sehr wohl das Schlimme des Geschehens spürten, hatten sich zurückgezogen.
    Durch diesen leeren Raum also schritt Escarlati auf den Kleinen, offensichtlich den Chef, zu.
    »Was wollt Ihr von dem Mann? Ich bin vom Alcázar«, sagte er. »Direkt unterstellt Ihrer Hoheit der Prinzessin Maria Barbara und somit auch dem König, dem obersten Dienstherrn aller, auch von Euch.«
    »Das kann man so oder so sehen«, sagte der Kurzgewachsene sachlich und nicht unfreundlich. »Wir, die Einrichtung für Glaubensfragen, das Amt der Inquisition, sind unabhängig, übrigens sogar vom Heiligen Stuhl. Wir kümmern uns um strittige Fragen betreffs der Auslegung des göttlichen Wortes – die auch Euch als Christ nicht gleichgültig sein kann, nein, das ist schlicht unmöglich, zumindest hoffen wir dies doch sehr –, insbesondere dessen Darstellung in der Öffentlichkeit. Und hier …« Er legte dem Prediger die Hand auf die Schulter, wofür er hoch hinauflangen musste wie in eine Baumkrone. »… gibt es in der Tat ein paar Fragen, nicht wahr?«
    Der Gehilfe nickte, eifrig, als wäre er angesprochen. Escarlati nicht.
    »Dieser Mann«, sagte er, wobei er den kleinen Spitzel beiseite zu nehmen versuchte, der dies jedoch nicht zuließ und sich starr machte, »ist doch offensichtlich … nun ja, verrückt. Das sehr Ihr doch auch?«
    »Es wird zu klären sein«, erwiderte der Inquisitor ruhig und fest. »Dazu sind wir ja da.«
    »Dazu sind wir da«, wiederholte sein Handlanger stolz.
    »Und wenn dem so sein sollte«, fuhr der Kleine fort, »dann macht Euch keine Sorgen.« Nun drehte er sich von dem Propheten weg wie ein Arzt vom Kranken, wenn er einem Angehörigen die Diagnose verkündet. »Ist er tatsächlich geistig nicht gesund – und dies wird sich ja leicht feststellen lassen –, so soll ihm selbstverständlich nichts geschehen.«
    Womit nun auch die gegenteilige Möglichkeit ausgesprochen war, nicht direkt natürlich, denn die Inquisition ist höflich und schlau.
    »Dann wird ihm nichts geschehen? Sicherlich nicht? Bedenkt, er gehört zu uns. Und hat weder Familie noch Heim, ist zwar verwirrt, tut jedoch keinem etwas zuleide.« Damit hatte sich Escarlati weit vorgewagt und ruderte sogleich ein wenig zurück: »… Zu mir gehört er, genauer gesagt.« Wollte er doch niemanden in irgendetwas hineinziehen, niemanden, der machtloser wäre als er – vielleicht gar Gitano oder verdächtiger Japaner – und somit von vornherein verloren.
    »Wir kümmern uns darum«, sagte der Kleine, als nähme er

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