Klappohrkatze kommt nach Hause: Meine Abenteuer mit Norton (German Edition)
schließlich sagte sie: »Na gut, Sie können es machen, aber eigentlich wollen wir seine Sicht der Dinge.« Also lautete mein Auftrag nicht nur, ihn von seinen Fans bewundern zu lassen, sondern auch, Nortons Eindrücke von Memphis festzuhalten.
Meine langjährige und sehr geliebte Freundin Janis ist in Memphis aufgewachsen, also lud ich sie ein, ebenfalls herzukommen. Wir drei wohnten im Peabody Hotel, das berühmt ist für seine Schönheit, seine Pracht und seine Enten. Ja, Sie haben richtig gelesen. Jeden Morgen um neun öffnen sich die Aufzugtüren, und ein Hotelmitarbeiter führt einen Gänsemarsch von Enten in die Lobby, wo sie über den Boden watscheln, bis sie zu einem großen marmornen Springbrunnen kommen. Um sechs Uhr abends hüpfen sie alle aus ihrem Pool, kehren quer durch die Lobby zurück und verschwinden wieder im Aufzug. Ich weiß nicht, wohin sie dann gehen, würde allerdings am liebsten glauben, dass sie eine eigene Suite haben und nicht nur einen Käfig auf dem Dach. Dafür weiß ich ganz genau, dass Norton von diesem täglichen Ritual absolut fasziniert war. Wir waren zwei Tage dort, und jeden Morgen hing er auf meiner Schulter und starrte die Quakeriche an, wenn sie vorbeispazierten. Eines Nachmittags nahmen wir einen Drink in der Lobby – Norton liebte die großen, bequemen Sessel –, und er schlenderte zum Rand des Springbrunnens und sprang auf den niedrigen Rand. Eine gewöhnliche Katze hätte wohl angesichts all dieses Geflügels an ein frühes Abendessen gedacht. Norton jedoch zeigte nicht diesen lippenleckenden Gesichtsausdruck. Er war vor allem neugierig. Mir gefällt der Gedanke, dass er darüber nachdachte, dass diese Enten es irgendwie geschafft hatten, einen noch besseren Job als er zu ergattern.
Es war Frühsommer, als wir in Memphis waren, was heißt, dass die Temperatur bei etwa schlappen hundertfünfzig Grad lag. Janis hatte mich sogar vor der Hitze gewarnt, aber ich hatte sie nicht ernst genommen und erklärt, dass ich alle extremen Temperaturen mag und mich dabei wohlfühle. Was ich im Allgemeinen auch tue. Der Aufenthalt in Memphis allerdings war kein normales Extrem. Den Schritt von der klimatisierten Hotellobby hinaus in die Sommerluft von Tennessee kann ich nur beschreiben als einen Schritt direkt in die Eingeweide der Hölle. Aber wir taten den Schritt, denn ich wollte, dass Norton Graceland sah, das Zuhause des King.
Zugegeben, Elvis war vor Nortons Zeit – Norton war eher ein REM - und Tom-Petty-Fan –, aber ich dachte, es würde ihm guttun, ein bisschen Rock’n’Roll-Geschichte mitzubekommen. Leider erlebten wir eine direkte Verletzung der FRA – Feline Rights Amendment oder Katzenrechtskonvention – und einen Fall von offenem Katzismus, als man uns an der Tür abwies und sagte, Katzen hätten keinen Zutritt. Es war das perfekte Beispiel dafür, wie weit wir uns beide von der Realität entfernt hatten. Da Norton in einigen der besten Restaurants der Welt diniert hatte und in Museen und Kathedralen in ganz Europa willkommen gewesen war, war er ebenso erstaunt wie ich, dass er in einer öffentlichen Einrichtung abgewiesen wurde, besonders in einer, die mehr Wildleder- und Samtcapes zeigte als jedes andere Gebäude östlich des Liberace-Museums. Aber nach einem kurzen Wortwechsel akzeptierten wir unser Schicksal und kehrten tapfer zurück in die glühende Hitze von Memphis.
Um meine Katze, deren Gefühle eindeutig verletzt waren, wieder versöhnlich zu stimmen, fuhr Janis’ Vater Marv mit uns zu einem der tollsten Barbecue-Lokale der Welt, Corky’s (dessen einziger Nachteil ist, dass es dort, im Gegensatz zu einigen der kleineren, weniger kommerziellen Barbecue-Lokale in Memphis, keine gegrillte Fleischwurst gibt). Dort entkamen wir dem Schatten von Colonel Parker, und Norton saß auf einem eigenen Stuhl, mümmelte köstliches Pulled Pork , speziell zubereitetes Schweinefleisch, für Grillfreaks die Königsdisziplin, und tröstete sich mit dem erstaunten Gemurmel der Kellnerin, die ständig in ihrem dicken Südstaaten Akzent wiederholte: » Ah nevah saw a cat eat bah-bee-cue befaw – ich habe noch nie eine Katze Barbecue essen sehen.«
Wir tourten im Laufe von zwei Wochen mehr oder weniger durchs ganze Land. Nach und nach entwickelte sich eine gewisse Routine.
Verleger engagieren »Betreuer«, um die Autoren in der jeweiligen Stadt herumzukutschieren. Diese Betreuer sorgen nicht nur dafür, dass wir pünktlich am richtigen Ort ankommen, sondern kennen meist
Weitere Kostenlose Bücher