Klar Schiff zum Gefecht
schmaler heller Spalt, dann blinkte freies Wasser auf, wo vorher nur eine einzige schwere, in Rauch gehüllte Masse gelegen hatte. Die Lücke verbreiterte sich. Das Kaperschiff hatte Fock und Klüver gesetzt, um sich vom Gegner zu lösen. Endlich war die Miranda frei.
Die See zwischen den beiden Schiffen war mit Treibgut und zerrissenem Segelzeug bedeckt. Da und dort warf ein Mann verzweifelt die Arme hoch, um sich in den Knäueln treibender Menschen über Wasser zu halten.
Auf dem Geschützdeck der Sparrow erklang ein rauhes Hurra. Seeleute rannten an das Schanzkleid, um den Feind zu beobachten, der immer mehr Segel setzte.
Tyrells Grinsen gefror, als ihn Bolitho anfuhr: »Sehen Sie zu, daß die Leute das Maul halten!«
Er bemerkte, daß er seine Faust immer noch schmerzhaft um den Degengriff gekrampft hatte.
»Schauen Sie dorthin, Mr. Tyrell, kein Grund zum Hurrabrüllen heut.«
Der Leutnant wandte sich um und starrte zu den dunklen Umrissen der Miranda hinüber, zu den quirlenden Rauchwolken, zu den Seeleuten, die die Brände zu löschen versuchten oder zwischen den Trümmern ihres Schiffes herumsuchten. Als sich die Sparrow näher heranschob, konnten alle die dünnen, scharlachroten Fäden sehen, die aus den Speigatten rannen, und die großen, ausgezackten Löcher in allen Teilen des Rumpfes.
»Geben Sie Befehl an Mr. Tilby, die Boote klarzumachen, rufen Sie den Arzt und schicken Sie ihn mit hinüber.«
Kaum hörte Bolitho seine eigene Stimme. Sie klang wie zerbrochen, dumpf, unmenschlich. »Lassen Sie dann die Segel reffen und die Marssegel wegnehmen. Wir werden zunächst leewärts der Miranda bleiben.«
Er überhörte das Getrampel, als Tilbys Leute an die Bootstaljen rannten. Graves kam ausgemergelt nach achtern und wischte sich im Gehen Gesicht und Brust mit einem nassen Lumpen ab. Hoch oben über all dem Getriebe auf Deck zogen die Segel immer noch gut, obwohl sie viele Löcher hatten, die vor Einbruch der Dunkelheit noch geflickt werden mußten. Einige Stagen und Fallen waren gebrochen, und er wußte, daß der Rumpf öfters in der Nähe der Wasserlinie getroffen worden war. Aber die Pumpen schienen ausreichend zu arbeiten. Die Sparrow hatte alles wie ein alter Krieger hingenommen. Dalkeith eilte die Niedergangsleiter herauf. Die schwere Instrumententasche hielt er gegen die Brust gedrückt. Ströme von Schweiß rannen über sein angestrengtes Gesicht.
»Wie viele, Mr. Dalkeith?« Wieder hörte Bolitho seiner Stimme zu, als ob ein Fremder spräche.
Der plumpe Arzt starrte mit stumpfen Augen die Fregatte an.
»Zwei Tote, Sir, fünf durch Splitter verletzt.«
Bolitho versuchte, sich an den Mann zu erinnern, der an seiner Seite gefallen war. Manners, ja, so hatte er geheißen.
»Manners«, sagte er, »und wer war der andere?«
»Yelverton, Sir. Er wurde vorn beim Fockmast von einer Kugel getroffen.« Dalkeith blickte zu Boden. »Hat ihm den Kopf abgerissen.«
Graves war schon halbwegs die Leiter heraufgekommen, fuhr aber zurück, als Bolitho ihn ansprach. »Yelverton, haben Sie das gehört, Mr. Graves? Der einzige Mann, der seine Sinne beisammen hatte, als alle anderen zu blind waren, um die Wahrheit zu erkennen! Der Mann, den Sie unbedingt auspeitschen lassen wollten!«
Er wandte sich ab. »Nun, in Zukunft wird er Ihnen keine Schwierigkeiten mehr machen, und wir ihm auch nicht.«
Mit halbblinden Augen sah er Stockdale am Fuß des Besanmastes warten. »Lassen Sie die Gig wegfieren. Ich werde Kapitän Selby aufsuchen und sehen, was getan werden muß.«
»Aye, Sir!«
Im Wegeilen schaute Stockdale zu ihm zurück. Niemals zuvor hatte er seinen Kapitän so geschlagen und bewegt gesehen. Und zum ersten Mal wußte er nicht, wie er ihm helfen konnte.
Bolitho betrat seine Kajüte, schnallte den Degen ab und warf ihn auf die Sitzbank unter dem Fenster. Fitch und ein junger Seemann bemühten sich, die Einrichtungsstücke wieder an ihren alten Platz zu stellen. Ein anderer wischte die Rußflecken von der niedrigen Kajütendecke. Während eines Gefechtes blieben selbst die Wohnräume eines Kapitäns nicht verschont. Durch hastiges Wegreißen von Zwischenwänden war die Kajüte zu einer Verlängerung des Geschützdecks geworden. Zu beiden Seiten standen kurze, gedrungene Zwölfpfünder, die jetzt hinter Chintzvorhängen diskret verborgen wurden. Bolitho starrte die Kanonen an. Seine Augen waren trüb vor Müdigkeit. »Ein Hauch von Weiblichkeit!« Dann wandte er sich heftig nach Tyrell und Graves um, die
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