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Klatschmohn

Klatschmohn

Titel: Klatschmohn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anke Greifeneder
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lachen oder empört »nee« rufen zu lassen.

    Erst als wir sie zu gut kannten, um sie loszuwerden, hatte sie ihr wahres Gesicht gezeigt. Ihr Talent bestand darin, immer zu riechen, wenn etwas Spannendes, was sie garantiert nichts anging, passierte, um dann mit überflüssigen Ratschlägen zu nerven. Denn Witta hatte Lebenserfahrung. Witta war ja bereits verheiratet gewesen und Witwe. Welch Wortspiel: Witta, die widerliche Witwe.

    »Ihr Mann wusste schon, was er tat«, rutschte es Lilli heraus, und Lilli sagt selten fiese Sachen.

    Am nächsten Morgen im Büro kam mir meine Assistentin Vera merkwürdig gut gelaunt vor. Und das hatte seinen Grund.

    »Stell dir vor, wen du interviewen wirst!«, rief sie aufgeregt.

    »Vera, wir arbeiten in einem Verlag, der sich darauf spezialisiert hat, Biografien zu veröffentlichen, falls du dich erinnerst; da kommt - angefangen von Ebby Thust bis hin zu Helmut Kohl - eigentlich jeder in Frage.« Inständig hoffte ich, dass es sich um niemanden aus einer Soap handelte, denn Vera schaute leidenschaftlich gerne Soaps. Ansonsten war sie als Assistentin nicht zu schlagen.
    Freundlich, tüchtig, und was das Beste war: Sie konnte schweigen!

    »Also gut«, klärte sie mich auf. »Du kommst nie drauf. Es handelt sich um Leander Berglandt.«

    Leander Berglandt! Jetzt war ich an der Reihe zu schlucken. Leander Berglandt war dieser unverschämt gut aussehende Talkmaster, der zwei Shows im öffentlich-rechtlichen Fernsehen hatte. Er war keine dieser schmierigen Eintagsfliegen, sondern seriös, anspruchsvoll und dabei charmant.

    Ein Typ, der Generationen vereinte. Generationen von Frauen natürlich.
    Schon seit Jahren schwärmte ich für Leander Berglandt und hätte in meiner imaginären Männer-Top-Ten für ihn sogar Rupert Everett von der Bettkante gestoßen, falls Rupert je auf die Idee käme, doch noch hetero zu werden, worauf ich und der Rest der weiblichen Hemisphäre wohl vergeblich warteten.

    Leander Berglandt! Und ich war die Auserwählte, die sein bewegtes Leben in Worte fassen durfte!

    Witta wird wimmern, dachte ich gehässig, und im selben Moment ging mir durch den Kopf, dass dieser Satz sich vorzüglich als Titel für ihre Biografie eignen würde.

    Witta hatte schon immer ein Faible für Glamour und Prominente gehabt, was an sich ja nichts Verwerfliches ist, denn wer-Hand aufs Herz - greift zum »Spiegel«, wenn daneben die druckfrische »Gala« liegt? Doch Wittas Neugier überstieg das gesunde Maß und angemessene Anteilnahme am Glitzerleben bei weitem. Sie sprach von Promis wie ich von meiner Verwandtschaft und ging auch nur in Läden, in denen Boris schon mal beim Whiskey schlürfen gesehen worden war. Dort stand sie mit anderen Möchtegernpromifrauen herum, immer auf der Suche nach einem Unsterblichen. Witta gehörte zu den Frauen, die auch noch mit Anfang dreißig darauf hofften, entdeckt zu werden.

    Schauspielerin, Model oder Sängerin - für alles meinte Witta, begabt zu sein, aber anstatt jemals konkret etwas dafür zu tun, sei es mit einer Gesangsausbildung zu beginnen oder zu Castings zu gehen, blieb sie lieber auf ihrem sicheren Posten bei der Bank und wartete darauf, dass ein starker Mann in Form eines Agenten ihr Talent auf der Tanzfläche bemerkte. War Celine Burer nicht genauso entdeckt worden?

    Witta beim Tanzen zu beobachten schlug alles. Sie wand sich in allen erdenklichen erotischen Posen, in denen bereits Demi Moore in »Striptease«
    kläglich versagt hatte, was der anwesenden Männerschar ziemlich egal war, solange es was zu gucken gab. Nicht, dass Witta etwa leicht zu haben gewesen wäre!

    Nein, seit ihrem Verstorbenen hatte es niemanden mehr gegeben, denn Witta wartete auf die richtig große Nummer, die es wert war, sich hinzugeben.
    Zumindest für die Aufwand/Nutzen-Kalkulation hatte ihr Job bei der Bank etwas gebracht.

    Leider bemühte sich Witta in letzter Zeit auffallend um mich und meine Freundschaft, was nur einen Grund haben konnte: Ich hatte die Schwangerschaftsvertretung meiner Kollegin Jana übernommen. Jana arbeitete in unserer verlagseigenen Zeitschrift »update« als Kolumnistin und besuchte in dieser Funktion alle wichtigen Premierenpartys, Modeveranstaltungen und Hochzeiten. Ich würde sie für fünf Monate vertreten.

    Natürlich war ich aufgeregt und hatte Bammel, ob ich bei den witzigen Vorlagen von Janas Kolumne mithalten konnte, denn bisher hatte ich nur Biografien geschrieben, meistens klassischer gehalten. Das Allerletzte,

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