Kleider machen Bräute
Mund. Jetzt wusste er alles. Und er war immer noch da.
»Wo seid ihr beide euch denn begegnet?«, fragte Caitlin, aber Molly zeigte auf den Wecker auf dem Nachttisch und hob resignierend die Hände.
»Ein anderes Mal vielleicht?«, schlug sie vor. »Unten wartet ein unbedeutendes Ereignis auf uns.«
»Gutes Argument.« Caitlin ging zum Spiegel und kontrollierte ein letztes Mal ihr Make-up.
»Ich lasse euch jetzt lieber allein«, sagte Simon.
»Wie hast du uns eigentlich gefunden?«, fragte Molly, ohne auf seine Bemerkung einzugehen.
»Pascal«, antwortete Simon.
Dieser Mann!, dachte Molly. Mein guter Geist.
»Etwas Geliehenes!«, platzte Caitlin plötzlich zu Mollys und Simons Überraschung heraus. Verblüfft sahen sie die Braut an.
Dann fiel bei Molly der Groschen. »Aber natürlich! Du hast noch nichts Geliehenes, stimmt’s? Hier, nimm mein Armband.« Sie fingerte am Verschluss des zierlichen, silbernen Armbands an ihrem Handgelenk herum. »Ich bin nicht sicher, ob es gut zum Kleid passt, aber du kannst es gern haben …«
»Das ist nicht das, woran ich gedacht habe«, sagte Caitlin, »trotzdem danke.«
Sie ging zu den beiden und legte Simon die Hand auf den Arm. »Würdest du mich zum Altar begleiten, Simon?«
Erschrocken sah Simon Molly an, die stolz und glücklich übers ganze Gesicht strahlte.
»Es ist nicht weit, ich werde dir nicht lange lästigfallen«, versicherte ihm Caitlin. »Und in ein paar Minuten gebe ich dich wieder an Molly zurück.«
»Es wäre mir eine Ehre«, sagte Simon, richtete sich kerzengerade auf und rückte seine Krawatte zurecht.
Molly nahm Caitlins Brautstrauß und reichte ihn ihr. Feierlich bot Simon Caitlin seinen Arm, und Caitlin hakte sich bei ihm ein. Molly öffnete den beiden die Tür, schnappte sich den kleinen Strauß, den sie für sich selbst gebunden hatte, und nahm ihren Platz hinter den beiden ein.
»Bereit?«, flüsterte sie.
Caitlin nickte, nur ein einziges Mal. Simon warf Molly einen kurzen Blick über die Schulter zu und lächelte. Molly meinte, vor Glück zu zerspringen.
Nur die Ruhe! Das war Caitlins Tag, und obwohl sich Mollys Welt soeben für immer verändert hatte – dessen war sie sicher –, war sie entschlossen, sich heute hundertprozentig auf ihre Schwester zu konzentrieren; zumin dest, bis sie sicher verheiratet und an Francesco übergeben war, der nervös unten an der Treppe wartete.
Am oberen Treppenabsatz blieb Caitlin plötzlich stehen.
Molly war direkt hinter ihr und Simon. »Alles klar?«, fragte sie.
Caitlin nickte.
»Also?« Molly warf Simon einen besorgten Blick zu. Was war mit ihr los?
»Ich liebe dich, Schwesterherz«, sagte Caitlin. »Das wollte ich dir nur sagen.«
»Bring mich bloß nicht zum Heulen, nicht jetzt«, flüsterte Molly. »Aber ich liebe dich auch.«
Sie waren die Hälfte der Treppe bereits hinuntergeschritten, als Molly plötzlich eine Idee hatte.
»Halt!«, zischte sie.
Caitlin zuckte zusammen. Sie und Simon wirbelten herum.
»Was ist passiert?«, flüsterte Caitlin.
»Etwas Altes, etwas Neues, etwas Geliehenes … du hast nichts Blaues!«
Caitlin lächelte, beugte sich zu ihrer Schwester und flüsterte: »Molly, du hast dir wohl die Schleife an meinem Strumpfband nicht angesehen, wie?«
»Puh!« Molly grinste und begegnete Simons Blick.
»Ich kann wohl nur mutmaßen, wo sich dieses blaue Etwas befindet«, sagte dieser leicht errötend. Er deutete auf die Treppe. »Wollen wir?«
»Und ob«, erwiderte Molly lächelnd. Sie hatte für diese Hochzeit den Begleiter, den sie sich gewünscht hatte. Es könnte nicht besser sein.
27. Kapitel
W enn Molly in Zukunft ehrlich zu sich selbst war, dann musste sie sagen, dass das Bewegendste an Caitlins Hochzeit nicht die Freude auf dem Gesicht ihrer Mutter war, als sie ihre älteste Tochter zum Altar schreiten sah, um den Mann ihrer Träume zu heiraten.
Es war auch nicht die Begeisterung, aus nächster Nähe zu erleben, wie ein umwerfendes Modellkleid von Pascal Lafayette (ehemals bekannt als Modellkleid von Delametri Chevalier) der Welt vorführte, wie solides Hand werk und raffiniertes künstlerisches Genie im Zusammenspiel etwas so scheinbar Einfaches wie zeitlose Schönheit erzeugten.
Es war auch nicht Simon, der seine Aufgabe so rührend ernst nahm, als er Caitlin durch den kurzen Gang zu dem freundlichen Priester geleitete.
Es war Francesco. Der Mann, den Molly bis zu diesem Tag mit an Verachtung grenzendem Misstrauen betrachtet hatte, war hingerissen
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