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Kleine freie Männer

Kleine freie Männer

Titel: Kleine freie Männer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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»Und nach dem Verschwinden des Jungen gingen die Leute zu ihrer Hütte und sahen in den Backofen und gruben im Garten, und sie warfen mit Steinen nach der Katze, bis sie starb, und sie trieben Frau Schnappich aus ihrer Hütte, bildeten in der Mitte des Zimmers eine Haufen aus ihren Büchern, zündeten sie an und brannten alles nieder, und alle nannten sie eine alte Hexe.«
    »Sie haben die Bücher verbrannt«, sagte Fräulein Tick mit tonloser Stimme.
    »Weil sie alte Schriften enthielten«, sagte Tiffany. »Und Bilder von Sternen.«
    »Das hast du gesehen, als du in den Wald gegangen bist, nicht wahr?«, fragte Fräulein Tick.
    Tiffany spürte jähe Kälte. »Woher weißt du das?«
    »Ich höre gut zu. Hast du die alten Schriften und Bilder gesehen?«
    Tiffany seufzte. »Am nächsten Tag bin ich in den Wald gegangen, und einige Seiten waren in der Hitze nach oben geflogen. Ich habe ein halb verbranntes Buch gefunden, mit alter Schrift und goldenem und blauem Rand. Und ich habe die Katze begraben.«
    »Du hast die Katze begraben?«
    »Ja!«, erwiderte Tiffany mit Nachdruck. »Jemand musste sie begraben!«
    »Und du hast den Backofen gemessen«, sagte Fräulein Tick. »Das weiß ich, weil du mir eben seine Größe genannt hast.« Und du misst Suppenteller, dachte Fräulein Tick. Was habe ich hier gefunden?
    »Ja, das stimmt. Ich meine... Der Backofen war winzig! Und wenn Frau Schnappich einen Jungen und ein ganzes Pferd wegzaubern konnte... Warum hat sie dann nicht auf Magie zurückgegriffen, um all die Männer verschwinden zu lassen? Es ergibt keinen Sinn...«
    Fräulein Tick unterbrach Tiffany mit einem Wink. »Und was geschah dann?«
    »Dann sagte der Baron, dass niemand etwas mit ihr zu tun haben sollte«, fuhr Tiffany fort. »Er meinte, jede Hexe, die man in unserem Land findet, soll gefesselt und in den Teich geworfen werden. Äh, du bist vielleicht in Gefahr«, fügte sie unsicher hinzu.
    »Ich kann Knoten mit den Zähnen lösen und habe ein Goldenes Schwimmerzeugnis vom Internat für junge Damen in Quirm«, sagte Fräulein Tick. »All die Zeit, die ich damit verbracht habe, angezogen ins Schwimmbecken zu springen, war gut investiert.« Sie beugte sich vor. »Lass mich raten, was mit Frau Schnappich geschehen ist. Sie lebte vom Sommer bis zum Schnee. Sie stahl Lebensmittel aus Scheunen, und vermutlich gaben ihr Frauen an der Hintertür etwas, wenn die Männer nicht daheim waren. Ich schätze, die größeren Jungen warfen Steine nach ihr.«
    »Woher weißt du das alles?«, fragte Tiffany.
    »Man braucht dafür nicht viel Phantasie, glaub mir«, sagte Fräulein Tick. »Und sie war gar keine Hexe, oder?«
    »Ich glaube, sie war nur eine kranke Alte, die niemandem etwas nützte und roch und seltsam aussah, weil sie keine Zähne hatte«, sagte Tiffany. »Sie ähnelte einfach nur einer Hexe aus einer Geschichte. Jede halbwegs intelligente Person hätte das erkennen können.«
    Fräulein Tick seufzte. »Ja. Aber manchmal ist es schwer, eine halbwegs intelligente Person zu finden, wenn man eine braucht.«
    »Kannst du mich lehren, was ich wissen muss, um eine Hexe zu sein?«, fragte Tiffany.
    »Sag mir, warum du noch immer eine Hexe sein möchtest, nach dem, was mit Frau Schnappich geschehen ist?«
    »Damit so etwas nicht noch einmal geschieht«, erwiderte Tiffany.
    Sie hat sogar die Katze der alten Hexe begraben, dachte Fräulein Tick. Was ist dies für ein Kind?
    »Gute Antwort. Eines Tages könntest du eine anständige Hexe werden«, sagte sie. »Aber ich bringe niemandem bei, eine Hexe zu werden. Ich lehre über Hexen. Hexen lernen in einer ganz besonderen Schule. Ich zeige nur den Weg, wenn jemand gut genug ist. Alle Hexen haben spezielle Interessen, und ich mag Kinder.«
    »Warum?«
    »Weil sie leichter in den Backofen passen«, sagte Fräulein Tick.
    Aber Tiffany empfand keine Furcht, nur Ärger.
    »Das war eine scheußliche Bemerkung«, kommentierte sie.
    »Hexen müssen nicht unbedingt nett sein«, entgegnete Fräulein Tick und holte einen großen schwarzen Beutel unter dem Tisch hervor. »Es freut mich, dass du aufpasst.«
    »Gibt es wirklich eine Schule für Hexen?«, fragte Tiffany.
    »In gewisser Weise, ja«, antwortete Fräulein Tick.
    »Wo?«
    »In der Nähe.« »Ist sie magisch?«
    »Sehr magisch.«
    »Ein wundervoller Ort?«
    »Es gibt nichts Vergleichbares.«
    »Kann ich mit Magie dorthin? Erscheint zum Beispiel ein Einhorn, um mich dorthin zu bringen oder so?«
    »Warum?«, erwiderte Fräulein Tick.

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