Kleine freie Männer
hier. Im Gegensatz zu mir .«
»Eine andere Welt kollidiert mit dieser«, erklärte die Kröte. »So. Bist du jetzt zufrieden? Das glaubt Fräulein Tick. Aber es passiert schneller, als sie dachte. All die Ungeheuer kehren zurück.«
»Warum?«
»Es ist niemand da, der sie aufhalten kann. Für kurze Zeit herrschte Stille.
»Ich bin da«, sagte Tiffany.
Auf dem Rückweg zur Farm geschah nichts. Der Himmel blieb blau, keins der Schafe in den Koppeln war sehr schnell rückwärts unterwegs, und heiße Leere lag über allem.
Rattenbeutel hockte auf dem Weg zur Hintertür und hatte etwas zwischen den Pfoten. Als er Tiffany sah, nahm er es ins Maul, sauste mit dem Hochgeschwindigkeitsschleichen einer schuldbewussten Katze davon und verschwand hinter der Hausecke. Mit Erdbrocken konnte Tiffany zu genau treffen.
Wenigstens steckte nichts Rotes und Blaues zwischen seinen Zähnen.
»Sieh ihn dir nur an«, sagte Tiffany. »Großer feiger Kloß! Wenn ich ihn doch nur davon abhalten könnte, kleine Vögel zu fangen. Es ist so traurig!«
»Hast du keinen Hut, den du tragen könntest?«, kam die Stimme der Kröte aus der Schürzentasche. »Ich hasse es, wenn ich nichts sehen kann.«
Tiffany betrat die Molkerei, die sie normalerweise fast den ganzen Tag für sich hatte.
Im Gebüsch bei der Tür fand ein leises Gespräch statt. Es klang so:
» Was hat die kleine Hexe gesagt?«
»Sie möchte, dass sich der Kater keine Vögelchen mehr schnappt.«
»Ach, tatsächlich? Null Problemo!«
Tiffany setzte die Kröte ganz vorsichtig auf den Tisch.
»Was frisst du?«, fragte sie, denn sie wusste, dass die Höflichkeit es gebot, Gästen etwas zu essen anzubieten.
»Ich habe mich an Schnecken, Würmer und solche Sachen gewöhnt«, erwiderte die Kröte. »Leicht ist es mir nicht gefallen. Ist nicht weiter schlimm, wenn du nichts dergleichen hast. Bestimmt hast du nicht damit gerechnet, dass eine Kröte zu Besuch kommt.«
»Wie war's mit Milch?«
»Sehr freundlich von dir.«
Tiffany gab Milch in eine Untertasse und beobachtete, wie die Kröte hineinkroch.
»Warst du einmal ein hübscher Prinz?«, fragte sie.
»Ja, vielleicht«, sagte die Kröte und sabberte Milch.
»Und warum hat Fräulein Tick dich verhext?«
»Sie? Ha, dazu wäre sie nicht imstande«, erwiderte die Kröte. »Ernste Magie ist notwendig, um jemanden in eine Kröte zu verwandeln und in dem Glauben zu lassen, dass er ein Mensch ist. Nein, eine Fee steckt dahinter. Verärgere nie eine Frau mit einem Stern an einem Stab, junge Dame. Sie können ziemlich gemein werden.«
»Warum hat sie dich verwandelt?«
Die Kröte wirkte verlegen. »Ich weiß nicht«, antwortete sie. »Es ist alles... verschwommen. Ich weiß, dass ich einmal eine Person gewesen bin. Zumindest glaube ich, das zu wissen. Dabei wird mir ganz anders. Manchmal wache ich mitten in der Nacht auf und denke: Bin ich wirklich einmal ein Mensch gewesen? Oder bin ich nur eine Kröte, die der Fee auf die Nerven ging, woraufhin sie mich glauben ließ, dass ich einmal ein Mensch war? Das wäre eine echte Qual. Angenommen, es gibt gar nichts, in das ich mich zurückverwandeln könnte?« Die Kröte sah aus besorgt blickenden gelben Augen zu Tiffany auf. »Es kann wohl nicht sehr schwer sein, im Kopf einer Kröte etwas durcheinander zu bringen? Das dürfte viel einfacher sein, als einen achtzig Kilo schweren Menschen in eine zweihundert Gramm schwere Kröte zu verwandeln. Was passiert mit der restlichen Masse, frage ich mich? Bleibt sie einfach übrig? Ich finde solche Vorstellungen sehr beunruhigend. Ich meine, ich habe natürlich die eine oder andere Erinnerung daran, ein Mensch gewesen zu sein, aber was sind schon Erinnerungen? Nur Gedanken im Gehirn. Man kann nicht sicher sein, dass sie wahr sind. Im Ernst: Wenn ich eine schlechte Schnecke gegessen habe, wache ich nachts auf und schreie, aber es wird nur ein Quaken daraus. Danke für die Milch, sie war sehr lecker.«
Tiffany starrte stumm auf die Kröte hinab.
»Magie ist viel komplizierter, als ich dachte«, sagte sie schließlich.
»Flatter-flatter Flügelschlag! Tschiep, tschiep! Ach, ich armes kleines Ding! Tschiepi-tschiep!«
Tiffany lief zum Fenster.
Sie sah einen der Größten auf dem Weg. Aus einem Lappen hatte er sich so etwas wie Flügel angefertigt, und er
trug einen Schnabel aus Stroh, während er wie ein hilfloser Vogel im Kreis hoppelte.
»Ach, tschiepi-tschiep! Flatter-flatter! Ich hoffe doch sehr, dass keine Miezekatze in der Nähe
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