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Kleine freie Männer

Kleine freie Männer

Titel: Kleine freie Männer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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flüsterte: »Du solltest sie besser nicht enttäuschen.«
    Sie schluckte. »Aber sie hat mir nie von Magie erzählt...«, begann sie - und unterbrach sich. Es stimmte. Oma Weh hatte ihr tatsächlich nie von Magie erzählt, aber sie hatte den Leuten Magie gezeigt, jeden Tag.
    Zum Beispiel die Sache mit dem Lieblingshund des Barons, der erwischt wurde, wie er Schafe riss. Er war ein Jagdhund, und beim Umherstreifen geriet er aufs Weideland, und weil die Schafe wegliefen, jagte er sie...
    Der Baron kannte die Strafe für das Töten von Schafen. Es gab Gesetze im Kreideland, so alt, dass sich niemand erinnerte, von wem sie stammten, und dieses kannten alle: Hunde, die Schafe rissen, wurden getötet.
    Doch dieser Hund war fünfhundert Golddollar wert, und deshalb - so die Geschichte - schickte der Baron seinen Diener zu Omas Hütte auf Rädern. Sie saß auf der Türstufe, rauchte ihre Pfeife und beobachtete die Herden.
    Der Mann ritt mit seinem Pferd zu ihr und stieg nicht ab. Das war keine gute Sache, wenn man Oma Wehs Freundschaft wollte. Mit Eisen beschlagene Hufe rissen den Grasboden auf, und das gefiel ihr nicht.
    Er sagte: »Der Baron befiehlt dir, einen Weg zu finden, seinen Hund zu retten, Frau Weh. Dafür gibt er dir hundert Silberdollar.«
    Oma Weh sah zum Horizont, lächelte, paffte und erwiderte: »Ein Mann, der die Waffe gegen seinen Herrn erhebt, wird gehängt. Ein Hungernder, der seinem Herrn ein Schaf stiehlt, wird gehängt. Ein Hund, der ein Schaf reißt, wird getötet. Diese Gesetze liegen auf diesen Hügeln, und ich habe die Hügel in den Knochen. Was ist der Baron, auf dass das Gesetz für ihn gebrochen wird?«
    Und sie beobachtete wieder die Schafe.
    »Dem Baron gehört dieses Land«, sagte der Diener. »Es ist sein Gesetz.«
    Der Blick, den Oma Weh auf ihn richtete, ließ das Haar des Mannes weiß werden. So hieß es jedenfalls in der Geschichte. Alle Geschichten üher Oma Weh waren wie ein Märchen.
    »Wenn du Recht hast und es wirklich sein Gesetz ist, so soll er es brechen und sehen, wie es dann um die Dinge steht«, sagte sie.
    Einige Stunden später schickte der Baron seinen Verwalter, der viel wichtiger war, Oma Weh aber auch länger kannte. Er sagte: »Frau Weh, der Baron bittet dich, deinen Einfluss zu nutzen und seinen Hund zu retten. Er gibt dir gern fünfzig Golddollar, um dir dabei zu helfen, diese schwierige Situation zu regeln. Bestimmt erkennst du, wie das Problem zum Nutzen aller Beteiligten gelöst werden kann.«
    Oma Weh rauchte ihre Pfeife, sah zu den neuen Lämmern und sagte: »Du sprichst für deinen Herrn, und dein Herr spricht für seinen Hund. Wer spricht für die Hügel? Wo ist der Baron, dass das Gesetz für ihn gebrochen wird?«
    Es hieß, dass der Baron sehr still wurde, als er dies hörte. Zwar war er selbstgefällig, oft unvernünftig und viel zu hochmütig, aber er war nicht dumm. Am Abend ging er zur Hütte und setzte sich in der Nähe ins Gras. Nach einer Weile fragte Oma Weh: »Kann ich dir helfen, Herr?«
    »Oma Weh, ich bitte um das Leben meines Hundes«, sagte der Baron.
    »Bringst du Silber oder Gold?«, fragte Oma Weh.
    »Kein Silber und kein Gold«, antwortete der Baron.
    »Gut. Ein Gesetz, das mit Silber oder Gold gebrochen wird taugt nichts. Was bringst du, Herr?«
    »Eine Bitte, Oma Weh.«
    »Du versuchst, das Gesetz mit einem Wort zu brechen?«
    »Ja, Oma Weh.«
    Oma Weh, so ging die Geschichte weiter, beobachtete eine Zeit lang den Sonnenuntergang und sagte dann: »Sei morgen früh bei Sonnenaufgang bei dem kleinen steinernen Stall. Dort sehen wir, ob ein alter Hund neue Tricks lernenkann. Es wird eine Abrechnung geben. Guten Abend.«
    Am nächsten Morgen hatten sich die meisten Dorfbewohner in der Nähe des alten steinernen Stalls eingefunden. Oma kam mit einem der kleineren Farmwagen, in Begleitung eines Mutterschafs und ihres neugeborenen Lamms. Sie brachte beide im Stall unter.
    Einige der Männer kamen mit dem Hund. Er war nervös und bissig, hatte die Nacht in einer Scheune angekettet verbracht. Immer wieder schnappte er nach den Männern, die ihn an zwei ledernen Leinen hielten. Sein Fell war lang, ebenso seine Zähne.
    Der Baron traf zusammen mit seinem Verwalter ein. Oma Weh nickte ihnen zu und öffnete die Stalltür.
    »Du steckst den Hund zusammen mit einem Schaf in den Stall, Oma Weh?«, fragte der Verwalter. »Möchtest du, dass er an Lamm erstickt?«
    Kaum jemand lachte. Niemand mochte den Verwalter.
    »Wir werden sehen«, sagte Oma Weh. Die

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