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Kleine freie Männer

Kleine freie Männer

Titel: Kleine freie Männer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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nicht an seine Träume glauben, aber sie meinte, man sollte nicht nur hoffen.
    Ah... es ist jetzt jeden Moment so weit... hoffe ich. Er kam immer...
    »Ich würde sogar so weit gehen zu sagen, dass er überrr-aus nahe ist...«, sagte William.
    Tiffany schluckte und hoffte, dass der Wal ihrem Beispiel nicht folgte. Nur noch dreißig Meter Wasser trennten seine Zähne vom Boot.
    Und dann erhob sich dort plötzlich eine Wand aus Holz, die verschwamm, als sie vorbeizog und dabei zischte.
    Tiffany sah mit offenem Mund auf. Weiße Segel zeichneten sich vor den dunklen Gewitterwolken ab, und der Regen strömte wasserfallartig an ihnen herab. Sie sah die Takelage, die Seeleute auf den Spieren, und sie jubelte.
    Und dann verschwand das Heck des Fröhlicher-See-mann-Schiffes in Dunst und Regen, aber vorher sah Tif-fany noch den bärtigen Mann am Ruder, in gelbes Ölzeug gekleidet. Er drehte sich um und winkte einmal, bevor das Schiff in die Nebelschwaden eintauchte.
    Tiffany stand auf, obwohl das Boot schwankte, und rief dem großen Wal zu: »Du musst ihn verfolgen! Dir bleibt keine Wahl! Du jagst ihn, und er jagt dich! Das hat Oma Weh gesagt! Du kannst es nicht unterlassen, ihn zu verfolgen, und gleichzeitig ein Wal bleiben! Dies ist mein Traum! Es sind meine Regeln! Ich habe darin mehr Übung als du!«
    »Großer Fisch!«, rief Willwoll.
    Das war noch überraschender als der Wal. Tiffany starrte ihren kleinen Bruder an, als das Boot erneut schlingerte.
    »Großer Fisch!«, wiederholte Willwoll.
    »Ja, stimmt!«, erwiderte Tiffany entzückt. »Großer Fisch! Und was die ganze Sache besonders interessant macht: Ein Wal ist gar kein Fisch, sondern ein Säugetier, wie eine Kuh!«
    Hast du das gerade gesagt?, fragten die Zweiten Gedanken, als alle Kobolde zu ihr aufsahen und sich das Boot auf den Wellen drehte. Zum ersten Mal kommen Worte von seinen Lippen, die weder Süßigkeiten betreffen noch »kleinklein« lauten, und du berichtigst ihn?
    Tiffany sah zum Wal. Er hatte Schwierigkeiten. Aber es war der Wal, der Wal, der ihr so oft im Traum erschienen war, nachdem Oma Weh ihr die Geschichte erzählt hatte, und nicht einmal die Königin konnte einen solchen Traum kontrollieren.
    Der Wal drehte sich widerstrebend im Wasser, tauchte ab und folgte dem Schiff des Fröhlichen Seemanns.
    »Großer Fisch weg!«, rief Willwoll.
    »Nein, es ist ein Säugetier...«, sagte Tiffanys Mund, bevor sie ihn daran hindern konnte.
    Die Kobolde sahen noch immer zu ihr auf.
    »Er soll es nur richtig verstehen«, murmelte sie beschämt. »Viele Leute machen diesen Fehler...«
    Du wirst dich in etwas wie Fräulein Tick verwandeln, sagten die Zweiten Gedanken. Willst du das?
    »Ja«, erklang eine Stimme, und Tiffany begriff, dass es ihre eigene war. Der Zorn quoll fröhlich in ihr empor. »Ja! Ich bin ich! Ich bin sorgfältig und logisch und sehe in Büchern nach, wenn ich etwas nicht verstehe! Ich werde nervös, wenn ich höre, wie jemand ein falsches Wort benutzt! Ich mache guten Käse. Ich lese Bücher. Und ich habe immer Bindfaden dabei! Eine solche Person bin ich!«
    Tiffany unterbrach sich. Selbst Willwoll starrte sie jetzt an. Er blinzelte.
    »Große Wasserkuh weg«, sagte er versuchsweise.
    »Stimmt! Braver Junge«, erwiderte Tiffany. »Wenn wir zu Hause sind, bekommst du ein Bonbon!«
    Die Wir-sind-die-Größten sahen noch immer besorgt zu ihr auf.
    »Bist du damit einverstanden, dass wir weiterrudern?«, fragte Rob Irgendwer und hob nervös die Hand. »Bevor der Walfi... Bevor die Walkuh zurückkehrt?«
    Tiffany blickte über sie hinweg. Es war nicht mehr weit bis zum Leuchtturm. Ein kleiner Landungssteg ragte aus der winzigen Insel.
    »Ja, bitte. Äh... danke«, sagte sie und beruhigte sich ein wenig. Schiff und Wal waren im Regen verschwunden; das Meer klatschte nur noch mit kleinen Wellen ans Ufer.
    Eine Trom saß auf den Felsen, die blassen, dicken Beine nach vorn ausgestreckt. Sie sah übers Meer und schien das näher kommende Boot überhaupt nicht zu bemerken. Sie glaubt sich zu Hause, dachte Tiffany. Ich habe ihr einen Traum gegeben, der ihr gefällt.
    Kobolde strömten auf den Landungssteg und banden das Boot fest.
    »In Ordnung, wir sind da«, sagte Rob Irgendwer. »Jetzt haun wir dem Geschöpf dort den Kopf ab und verlassen den Traum...«
    »Nein!«, sagte Tiffany.
    »Aber... «
    »Lasst die Trom in Ruhe. Schenkt ihr einfach keine Beachtung. Sie ist nicht interessiert.« Und sie weiß über das Meer Bescheid, dachte Tiffany.

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