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Kleine Portionen

Kleine Portionen

Titel: Kleine Portionen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieter Moitzi
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‘Red Bull’ und erhitzte Körper vermischten sich zu einem einzigartigen Geruchserlebnis. Bass und Schlagzeug bebten in meinen Eingeweiden. Der erste Schluck Gin-Tonic lag mir eisig im Mund, während mein Blick durch den halbdunklen Ort jagte; die tanzende Menge tauchte in den Stroboskop-Blitzen auf, verschwand, tauchte wieder auf, verändert und doch gleich, und die Blitze zerschnitten die Bewegungen der Tänzer in einzelne, starre Bilder wie eine Abfolge von Schnappschüssen. »Was wäre, wenn?« stand den meisten ins Gesicht geschrieben. Was wäre, wenn Mister Right sich in dieser Menge versteckte? Die blasierten Mienen verhüllten Sehnsucht, Hunger, Lust nur unzulänglich.
    In die Disko gehen gab mir immer das Gefühl, ungemein und unermesslich lebendig zu sein.
    Es war einer jener Badeschaum-Events, die während der Sommermonate veranstaltet wurden. Kaum in der Disko angekommen, zog ich mich aus, stopfte Jeans und Jacke in den Rucksack, den ich mitgebracht hatte, behielt bloß Zigaretten und etwas Geld und gab den Rucksack an der Garderobe ab. Ich trug Unterwäsche, ein T-Shirt, ein Paar Converse.
    Dann suchte ich mir einen guten Platz zum Tanzen aus, einen Platz, wo ich sehen und gesehen werden konnte.
    Nach einer Stunde wurden die großen Ventile über der Tanzfläche geöffnet. Weißer, fluffiger, duftender Schaum spritzte hervor, ergoss sich über die Tänzer, den Boden, gischte die Wände und die DJ-Kabine hoch, die von transparenten Plastikhüllen geschützt war. Der Schaum waberte und wogte durch den Saal. Bald war die ganze Tanzfläche bedeckt. Bald waren alle knietief im Schaum. Die, die direkt unter den Ventilen getanzt hatten, waren in den flauschigen, sprudelnd weißen Wolken ganz verschwunden.
    Es war wie eine riesige Orgie, wo man alle Hemmungen von Bord werfen konnte. Männer gingen mit Schuhen und Slips bekleidet umher. Rieben ihre Körper aneinander. Hände packten Brustkörbe, streichelten Leiber, kneteten Gesäße, verschwanden in Hosen, wo sie Schwänze befummelten.
    Ein gut aussehender, junger Kerl tanzte vor mir. Er trug ein plitschnasses T-Shirt, das sich an seinen muskulösen Oberkörper schmiegte, und enge, nasse Jeans. Ohne dass ich es sofort merkte, schob er sich Stück für Stück nach hinten, bis sein fester Hintern gegen meinen Unterleib stieß.
    Meinen Lenden reagierten sofort. So, wie man sich’s erwarten konnte.
    Der Bursche drückte sein knackiges Gesäß gegen mich. Er nahm meine Arme und kreuzte sie über seinen flachen, harten Bauch. So bewegten wir uns im Gleichklang; meine Finger wanderten über seinen ganzen Oberkörper, bald umkreisten sie auch seinen Schritt.
    Wir landeten in einer dunklen Ecke im Obergeschoss, knutschten und befummelten uns mit unverhohlener Lust. Ein plötzlicher, heftiger Wunsch zehrte an mir. Der Kerl war schön, er war lieb, er war geil, er war ganz nach meinem Geschmack behaart. Er küsste wunderbar. Seine Lippen, seine Zunge versprachen einen Garten Eden, den ich sehnsüchtig entdecken wollte.

Das Schloss
     
    In einem kleinen Restaurant 40 Kilometer nördlich von Orléans nahmen wir ein verspätetes Mittagessen ein. Das Ambiente war perfekt: ein einsames, altes Herrenhaus, das Esszimmer gemütlich und ordentlich, blumige Stofftapeten an den Wänden; ein Feuer knisterte im Kamin aus falschem Marmor, die Foie Gras auf Toast und der Rest der Mahlzeit waren köstlich, der Rotwein schmeckte leicht und fruchtig. Danach gingen wir spazieren, folgten einem schmalen Pfad, der uns durch leere Felder in einen Wald führte, wo die tausend Farbtöne des Herbstes aufschimmerten.
    Wir verbrachten die Nacht in einem Schloss aus dem 16. Jahrhundert, das wir am Stadtrand von Orléans gefunden hatten. Am nächsten Tag fuhren wir durch das Loiretal. Die Sonne schien am Himmel und in unseren Herzen. Wir sangen und scherzten und lachten. Alles schien möglich, Glück sehr wahrscheinlich. Wir hielten in einem kleinen Dorf, a ß en wieder zu Mittag. Das Menü eines unscheinbaren Restaurant hatte uns überzeugt. Als Etienne jedoch die Schnecken in Knoblauchsauce bestellte, sagte die unfreundliche Kellnerin, dass sie keine Schnecken hätten.
    »Warum stehen die dann auf der Speisekarte?«, fragte Etienne neugierig.
    »Bloß zur Information«, antwortete sie knapp.
    Im Dorf stand ein Schloss. Wir wollten zuerst durch die üppigen Gärten schlendern, danach die Schlossführung nehmen. Gabrielle blieb zurück, um den Duft der letzten, blutroten Rosen einzuatmen. Die

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