Klex in der Landschaft
aus und trat ans Fenster. Es war Lady Maud. »Kommen Sie nicht näher«, rief er, um sein gerade überstandenes Martyrium authentischer erscheinen zu lassen und ihr mitzuteilen, daß er unverletzt sei. »Legen Sie sich auf den Boden. Vielleicht fangen sie wieder mit dem Beschuß an.« Lady Maud blieb abrupt stehen. »Gott sei Dank, Klex, Sie sind unversehrt«, rief sie. »Ich dachte, man hätte Sie getötet.«
»Ich? Getötet?« sagte Klex. »Es gehört schon mehr dazu, um mich zu töten.«
»Wer war es? Haben Sie sie deutlich sehen können?«
»Es war die Armee«, teilte Klex ihr mit. »Ich habe Fotos und kann’s beweisen.«
Kapitel 27
Am nächsten Morgen war Klex berühmt. Um noch in den ersten Morgenzeitungen zu erscheinen, traf die Meldung von dem Angriff zu spät ein, aber die späteren Ausgaben hatten alle seinen Namen in den Schlagzeilen. Die BBC sendete das Neueste von dem ungeheuerlichen Übergriff, dessen juristischen Aspekte in der Heute-Sendung erörtert wurden. Um dreizehn Uhr nahm der Fall eine neue Wendung, als bekannt wurde, daß zwölf Marineinfanteristen der Polizei bei ihrer Ermittlungsarbeit geholfen hatten. Im Lauf des Nachmittags stellte man im Unterhaus Fragen, und der Innenminister versprach rückhaltlose Aufklärung. Den ganzen Tag über fielen Journalisten und Kameramänner in die Schlucht ein, um Klex und Lady Maud zu interviewen und den Schaden zu filmen. Er war deutlich sichtbar und beträchtlich. Der ganze Torbogen war von Einschüssen übersät, die vermuten ließen, daß die Armee völlig planlos das Feuer eröffnet hatte. Mehreren Figuren im Fries fehlte der Kopf, und die APIGs hatten klaffende Löcher in die Mauer gerissen. Selbst abgehärtete Korrespondenten, die mit der gegen Stadtguerrillas in Belfast angewandten Taktik vertraut waren, zeigten sich vom Ausmaß der Zerstörung überrascht. »Etwas Derartiges habe ich noch nie gesehen«, informierte ein BBC-Reporter sein Publikum von der obersten Sprosse einer Leiter, ehe er Klex am Fenster interviewte. »Man könnte meinen, es handele sich um Vietnam oder den Libanon, wir befinden uns jedoch in England, und zwar in einem ruhigen, ländlichen Eckchen. Ich kann nur sagen, ich bin erschüttert, daß dies geschehen konnte. Mr. Klex, könnten Sie uns zunächst verraten, was Sie über diesen Angriff wissen?« Klex schaute aus dem Fenster und in die Kamera. »Es muß gegen ein Uhr morgens gewesen sein. Ich schlief gerade und hörte draußen ein Geräusch. Ich stand auf, ging zum Fenster und sah hinaus. Anscheinend kletterten Männer die Fassade hoch. Tja, das war mir nicht recht, also hab’ ich Öl die Mauer runtergegossen.«
»Sie haben Öl die Außenwand hinuntergegossen, um sie aufzuhalten?«
»Ja«, sagte Klex, »Olivenöl. Sie rutschten runter, und dann setzte das Feuer ein.«
»Das Feuer?«
»Es klang wie Maschinengewehrfeuer«, sagte Klex, »darum lief ich in die Küche und legte mich auf den Fußboden. Eine oder zwei Minuten später gab es dann eine Explosion, und Sachen flogen durch den Raum, und ein paar Sekunden danach gab es noch eine Explosion. Danach war nichts mehr.«
»Verstehe«, sagte der Reporter. »Haben Sie übrigens im Verlauf dieses Angriffs irgendwann einmal zurückgeschossen? Soviel ich weiß, besitzen Sie ein Gewehr.« Klex schüttelte den Kopf. »Es ging alles so schnell«, sagte er. »Ich war ganz schön verstört.«
»Begreiflicherweise. Das muß ein entsetzliches Erlebnis für Sie gewesen sein. Noch eine letzte Frage: Das Öl, das Sie an der Mauer runtergegossen haben, war das heiß?«
»Heiß?« fragte Klex. »Wie hätte es denn heiß sein können? Ich hab’s aus dem Kanister geschüttet. Hatte nicht die Zeit, es heiß zu machen.«
»Vielen herzlichen Dank für die Auskunft«, sagte der Interviewer und kletterte die Leiter wieder hinunter. »Die letzte Bemerkung schneiden wir raus, glaube ich«, sagte er dem Tontechniker. »Das klang ja, als hätte er sie gern mit heißem Öl übergossen.«
»Nach allem, was er durchgemacht hat, kann ich ihm das wirklich nicht verdenken«, meinte der Tontechniker. »Diese Schweine haben kochendes Öl verdient.«
*
Der Polizeipräsident war der gleichen Meinung. »Was soll das heißen, zur Unterstützung der Polizei im Einsatz?« schrie er den Oberst vom Kommandostützpunkt an, der vorbeigekommen war, um zu erklären, der Verteidigungsminister habe ihn angewiesen, zur Unterstützung der Polizei einen Trupp Bergsteiger loszuschicken. »In meilenweitem
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