Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Klondike

Titel: Klondike Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James A. Michener
Vom Netzwerk:
die Bäume dazu selbst fällen, eine Reihe tödlicher Stromschnellen und Schluchten überwinden, dann die gefährliche Fahrt den Yukon hinunter antreten, um sich von Süden her den Goldfeldern zu nähern. »Einwärts von Süden, auswärts nach Norden«, so lautete die Regel in Dawson City, der kleinen Siedlung nahe der Mündung des Flüßchens Klondike in den weiten Yukon.
    Es war dieses Land - gefrorene Flüsse, vom Wind gepeitschte Schluchten, steile, schnee- und eisverhangene Berghänge, die kaum zu bewältigen waren, ausladende Flußwindungen durch endlose Wildnis -, das im Spätsommer 1897 Abenteurer aus aller Welt anzog, und nicht einer, der aus seiner Heimat irgendwo in Australien, Nordamerika oder Westeuropa aufbrach, ahnte die Entbehrungen, die er zu ertragen hatte, bevor er die Goldgruben erreichen würde.
    Wenige Tage nachdem die Nachricht aus Seattle in den europäischen Tageszeitungen erschienen war, lasen auch zwei Angehörige der englischen Adelsfamilie der Bradcombes in London, ein reicher Onkel und sein mittelloser Neffe, aufgeregt die
    Meldung von der »Tonne reines Gold«.
    Der Ältere der beiden, Lord Evelyn Luton, war der Zweitgeborene des angesehenen Marquis von Deal, achter Nachfahre der Linie, dessen Vorfahren Königin Elisabeth dabei behilflich gewesen waren, dem englischen Protestantismus im katholischen Irland die Tür zu öffnen. Luton war einunddreißig Jahre alt, von eindrucksvoller Größe, schlank, zurückhaltend, er sprach leise, war unverheiratet und trug nicht selten eine fast abstoßende aristokratische Manier zur Schau.
    Vertrautheit war ihm verhaßt, besonders wenn sie ihm von Untertanen entgegengebracht wurde, und sobald sich ein Fremder unaufgefordert näherte, pflegte sich Luton zurückzuziehen, seine Nase zu rümpfen, als hätte sich dort ein unschöner, von anderen nicht wahrgenommener Duft festgesetzt, und den Eindringling mit starrem Blick zu fixieren.
    Ein Freund aus Oxford hatte das einst »Evelyns stilles Naserümpfen« genannt, und als ein Kommilitone ihn daraufhin belehrte, Naserümpfen sei immer ein stummer Vorgang, hatte der Student geantwortet: »Steck du deine Nase lieber ins Wörterbuch. Aber glaub mir, wenn dich Evelyns höhnischer Blick trifft, spricht das Bände.«
    Ein anderer Freund konstatierte: »Seine Kritiker mögen ja recht haben, wenn sie sagen, er sei unleidlich, aber Tatsache ist, daß wir ihn ertragen, weil er so ... na ja ... korrekt ist.«
    Und der erste stimmte ein: »Er hat eben immer recht, so einfach ist das.« Aber selbst dieses Zugeständnis reichte ihm nicht: »Was ich an ihm schätze: Wenn er sich auf etwas einläßt, egal, was es ist, dann verhält er sich stets loyal gegenüber allen, die an dem Unternehmen beteiligt sind.«
    Als Ergebnis eines harten und andauernden Trainings in jugendlichem Alter hatte er sich, der von Natur nicht mit athletischen Fähigkeiten ausgestattet war, zu einem der besten Cricketspieler Englands gemausert. Wenn er gerade mal nicht für sein heimatliches Team spielte oder England im Kampf gegen
    Australien vertrat, betätigte er sich als passionierter Forscher. Er war bis in den Oberlauf des Kongos vorgedrungen, hatte den Amazonas befahren und natürlich den Nil bis jenseits der großen Tempel von Karnak.
    Tatsächlich gab es einen ganz soliden Grund, warum sich Luton mitten in das Abenteuer stürzen wollte, das sich bedrohlich anschickte, die Züge eines wahren Goldrausches anzunehmen, da immer mehr dem Sog erlegen waren. Diesen Grund gestand er jedoch kaum sich selbst ein, geschweige denn Fremden. Nachdem er auf waghalsigen Expeditionen sowohl Afrika als auch Südamerika bereist hatte, sehnte er sich jetzt danach, in die Arktis zu fahren und anschließend in die entlegenen Gebiete Asiens, um dann nach seiner Rückkehr ein Buch darüber zu schreiben, einen Reisebericht vielleicht mit dem Titel »Ein Engländer am Ende der Welt«, in dem er - so jedenfalls rechtfertigte er es - darlegen wollte, »daß auch ein ganz gewöhnlicher Mensch mit ein bißchen Entschlossenheit auf den Spuren der großen Eroberer wandeln kann«. Er nahm sich ein Beispiel an den berühmten Vorbildern, die die britische Flagge in die unsichersten Ecken der Erde getragen hatten, an Sir Richard Burton, der Bücher über die Eingeborenenstämme Indiens und Afrikas geschrieben hatte, sowie an Charles Doughty, der seine phantastischen Erlebnisse in dem Bericht »Reisen durch die Wüsten Arabiens« festgehalten hatte.
    Von all den großen

Weitere Kostenlose Bücher