Klotz, Der Tod Und Das Absurde
Sie von den beiden beschattet wurden. Das geht ganz schnell. Ihre
Computerrecherche nach den Staatsschutzbeamten wurde durchaus wahrgenommen.«
»Und wie bist du auf die
beiden gekommen?«
»Herr Hauptkommissar! Es gibt Programme, die alles aufzeichnen
können, was jemand am Computer macht. Man installiert ganz einfach das
Programm, und wenn der Betreffende, in dem Fall also Sie, außer Haus ist, lädt
man sich die Ergebnisse herunter. Wie ich vorhin schon sagte, Sie waren mir in
vielen Dingen hilfreich. Nachdem ich die Namen durch Ihre Mithilfe erhalten
hatte, habe ich das Intranet des Staatsschutzes geknackt. Mit ein paar
Grundkenntnissen im Hacken ist das ganz einfach. Außerdem gibt es da einen
Kommilitonen, dessen Onkel für den Staatsschutz tätig ist. Es war also alles andere
als schwierig, entsprechende Passwörter und Log-ins zu bekommen.«
»Aber warum Barnikol und Kaumann? Was hatten die mit dem Mord an
deiner Mutter zu tun?«
»Ganz einfach. Die beiden hatten den Auftrag, die ganze Sache zu
vertuschen. Sie waren die Männer fürs Grobe. Haben sich damals vor Ort um die
Beseitigung von Spuren und potenziellen Zeugen gekümmert. Ohne Skrupel und ohne
Gewissen. Einzig und allein einem Kadavergehorsam verpflichtet, dem man blind
folgt. Solange man pünktlich seine Bezüge überwiesen bekommt und die
Beamtenpension in der Tasche hat, will nicht der leiseste Zweifel aufkommen.
Schade nur, dass ich keine Zeit mehr für eine schöne Inszenierung hatte.
Trotzdem bin ich Ihnen in dieser Angelegenheit sehr dankbar, Herr
Hauptkommissar.«
»Die Inszenierungen, diese sonderbaren Szenarios.«
»Das musste sein. Das Absurde, das ihnen zugrunde liegt, sollte auf
das Absurde hinweisen, das in dem Mord an meiner Mutter steckt, genauer gesagt
in seiner Vertuschung. Ich gestehe allerdings auch ein, dass ich meine Opfer
leiden sehen wollte. Dass sie bei Bewusstsein sind, kurz bevor sie sterben.
Dass sie wissen, warum sie sterben. Bei Bogendorfer und Gummler ist mir das
ganz gut gelungen. Nachdem ich sie betäubt hatte, habe ich Ihnen gesagt, wer
ich bin. Habe ihnen die Geschichte erzählt, die sie ihr ganzes Leben lang
verdrängt hatten. Ihre unverzeihliche Tat sollte ihr letzter Gedanke sein. Sie
sollten wissen, dass es keine Entschuldigung für das gibt, was sie getan haben.
Sie sollten sterben im Bewusstsein ihrer Schuld.«
»Und van der Heyd?«
»Das war schon schwieriger. Und trotzdem war diese Inszenierung ein
Glanzstück. Ein bisschen Glück war natürlich auch dabei. Ich hatte gehofft und
alles versucht, dass van der Heyds Wagen auf dem Familiengrab meiner Mutter
landet, aber sicher sein konnte ich mir natürlich nicht.«
»Wie kann man so etwas planen? Wie funktioniert so etwas?«
»Ich hatte van der Heyd vor einem Vierteljahr längere Zeit
observiert und dabei seine Gewohnheiten kennengelernt. Immer wieder fuhr er mit
seinem Jaguar ins Rotlichtmilieu, wo er regelmäßig ein bestimmtes Bordell
aufsuchte. Dabei überquerte er ausgerechnet die Brücke über den
Montmarte-Friedhof, auf dem meine Mutter begraben ist. Man könnte diesen
Umstand als einen schönen oder tragischen Zufall betrachten, je nachdem. Auf
jeden Fall war er für meinen Plan ausschlaggebend. Die technische Seite war
weniger komplex, als man annehmen möchte. Mit ein paar rudimentären
elektrotechnischen Kenntnissen kann man die Steuerung eines Wagens leicht manipulieren.
Ich habe diesem van der Heyd einfach eine neue Steuerungsplatine in seinen
Jaguar eingebaut. Ich selbst war auf dem Friedhof, als alles passierte. Mit
einer Fernsteuerung in der Hand. Versteckt in einer Gruft, die übrigens Ihren
Namen trägt, Herr Hauptkommissar. Van der Heyd war letztlich an allem schuld.
Ich bin mir bis zuletzt nie ganz sicher gewesen, wer von den vier damaligen
Schülern meine Mutter tatsächlich umgebracht hat. Nach der Persönlichkeit zu
urteilen tippe ich auf van der Heyd. Und ich bin mir ziemlich sicher, dass ich
da richtigliege. Ein eiskalter Typ, berechnend, rücksichtslos,
menschenverachtend. Ihm haben damals wohl die Noten nicht gepasst, die ihm
meine Mutter erteilt hat. Dafür musste sie sterben. Wahrscheinlich war auch noch
pure Mordlust mit im Spiel, ausgelöst durch ein diffuses Gefühl zwischen Neid
und Wut. Wut auf eine schöne, junge Frau, die nicht das tat, was dem Sohn eines
Staatsministers zustand.«
Klotz wunderte sich, wie Zebisch so ruhig bleiben konnte. Er
erklärte ausführlich, der Ton seiner Stimme war entspannt, beinahe
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