Klotz Und Der Unbegabte Moerder
vergessen. Aber würde das helfen: vergessen? Leise gestand er sich ein, dass eine Entschuldigung bei dem arroganten Polizeimeister unumgänglich sein würde, wenn er wollte, dass dieser endlich seine dämliche Anzeige zurückzog.
Fünfzehn Minuten hatte er gebraucht, um den Käseraspel-Klinkerbau der Polizeidirektion West zu erreichen. Die Pforte war diesmal mit einer jungen, dunkelhaarigen Kollegin besetzt, die ihre Haare zu einem Zopf geflochten und schwarzen Kajal um die Augen hatte. Klotz sah der Beamtin in das hübsche Gesicht und brachte sein Anliegen vor.
Die junge Frau versuchte per Telefon herauszubekommen, ob Polizeimeister Bayer noch im Hause war, und musste, nachdem sie drei verschiedene Stellen kontaktiert hatte, ihrem Gegenüber mitteilen, dass Bayer vor einer halben Stunde Dienstschluss gehabt hatte und nirgends mehr auffindbar war. Klotz bedankte sich. Blickte der freundlichen Kollegin in die braunen Augen. Irgendwie beschlich ihn das Gefühl, etwas vergessen zu haben. Aber was? Er verabschiedete sich.
Als er den Schlüssel in das Schloss der Fahrertür steckte, klingelte sein Handy. Er lief zurück zur Pforte.
»Ach ja, da ist noch was!«
»Ja bitte?«
»Mir wurde vor drei Tagen ein Handy geklaut. Ihre Kollegen haben mich heute Vormittag angerufen und –«
»Ihr Handy klingelt. Wollen Sie nicht rangehen?«
Wenigstens etwas, das hingehauen hatte, dachte Klotz zehn Minuten später und untersuchte das Handy, das ihm der Beamte aushändigte.
»Außer ein paar unerheblichen Kratzspuren scheint es in Ordnung zu sein«, stellte er zufrieden fest.
»Warten Sie«, sagte der Grün-Weiße hinter dem Tresen, »da ist noch ein Ladegerät und sogar eine Bedienungsanleitung.«
Klotz nahm die Sachen in Empfang.
»Und ich kann die Anzeige wirklich nicht mehr zurückziehen?«
Er erinnerte sich an Wasims Hundeblick und versuchte etwas Ähnliches, während er seinem Gegenüber ins Gesicht sah.
»Das müssten Sie doch selbst am besten wissen. Sie sind doch beim gleichen Verein wie ich.«
Der Uniformierte zwirbelte an seinem Oberlippenbart herum. Ja, und ob er das wusste, dachte Klotz.
»Und da gibt es keine Möglichkeit, dass diese Anzeige vielleicht aus den Akten …«
Das Gesicht des Bartzwirblers versteinerte mit einem Mal. Seine Augenbrauen senkten sich in Richtung Nasenwurzel. Böser Blick.
»Ich weiß ja nicht, wie ihr bei der Mordkommission so arbeitet, aber bei uns …«
Klotz bedankte sich schnell und ging.
Als er bei seinem Wagen angelangt war, zog er sein Diensthandy hervor. Irgendwie interessierte es ihn ja schon, wer ihn da vorhin hatte sprechen wollen. Er las den Namen auf dem Display und drückte die Rückruftaste.
»Grüß dich, Peter. Du hast versucht, mich vor zehn Minuten zu erreichen?«
»Servus. Ja, eigentlich geht’s nur um eine Kleinigkeit. Ist vielleicht völlig unwichtig. Betrifft diesen Barkhoff.«
Klotz’ Blick wanderte von dem blauen U-Bahn-Schild in die westliche Wallensteinstraße. Ein wunderbares Licht.
»Ich höre.«
»Ich hab mal im Computer nachgeschaut, und tatsächlich, da ist was.«
»Mach’s nicht so spannend.«
»Ist nicht spannend. Der Typ hat es doch tatsächlich fertiggebracht, innerhalb der letzten zwei Jahre sechzehn Punkte in Flensburg zu sammeln.«
»Und wieso hat er die gekriegt? Trunkenheit am Steuer?«
»Du solltest nicht von dir auf andere schließen«, feixte Escherlich.
»Also hör mal! Ich hab null Komma null Punkte in Flensburg. Und genauso hoch ist auch mein Alkoholpegel!«, entrüstete sich Klotz.
»Ja, ja. Beruhig dich. War nur ‘n Witz. Nee, der Barkhoff fährt einfach zu schnell. Ich zitier mal: zulässige Höchstgeschwindigkeit innerhalb geschlossener Ortschaften überschritten, drei Punkte. Der Abstand zum vorausfahrenden Fahrzeug beträgt weniger als zwei Zehntel des halben Tachowertes, vier Punkte. Zulässige Höchstgeschwindigkeit innerhalb geschlossener Ortschaften überschritten, drei Punkte. Zulässige Höchstgeschwindigkeit …«
»Mann, hör auf, mich zu langweilen!«
»Ist ja schon gut.«
»Was soll dieser Mist? Das Einzige, was wir aus diesen Delikten herauslesen können, ist, dass Barkhoff offensichtlich seine Emotionen nicht so recht unter Kontrolle hat.«
»Da kenn ich noch jemanden.«
»Jetzt reicht’s mir aber, du!«
»Ruhig Blut, Mann. War nur ‘n –«
Klotz hatte aufgelegt. Diesen Unsinn musste er sich nun wirklich nicht anhören! Da hatte er Besseres zu tun! Er stieg in den Camaro.
Weitere Kostenlose Bücher