Klotz Und Der Unbegabte Moerder
der Fall sei im Prinzip aufgeklärt. Man müsse lediglich die drei Tatverdächtigen mit dem Mann auf dem Überwachungsvideo vergleichen. Das war wohl nichts. Alles für die Katz!
Und doch würden sie nicht ganz von vorn anfangen müssen. Schließlich konnte man davon ausgehen, dass der Täter im Umfeld von Linda Cordes und Theo Barkhoff zu suchen war. Klotz’ Undercover-Einsatz war also wertvolle Ermittlungsarbeit, die es weiter zu verfolgen galt. Escherlich und Haevernick erklärten sich bereit, sich diesen Barkhoff vorzunehmen. Eine Observierung wäre vielleicht sinnvoll. Abchecken von Bankdaten, Kreditkartenbewegungen, möglicherweise polizeiliche Einträge, obwohl dies bei einem verbeamteten Lehrer wohl eher unwahrscheinlich wäre.
»Ja, macht das«, ermunterte Klotz die beiden, »irgendwas ist da. Da bin ich mir sicher.«
Sie waren schon aufgestanden, als Escherlich die Runde noch einmal auf Klotz’ Tatortszenario hinwies.
»Leute! Fällt euch eigentlich nichts auf?«, rief er erschrocken aus.
»Was? Was soll uns da auffallen?«
»Na, hier!«
Escherlich nahm ein mit Soße beschmiertes Fleischbällchen von seinem Teller und legte es in die Mitte der Serviette.
»Was ist, wenn der gemeint war?«
Er sah Klotz eindringlich an. Einige Sekunden herrschte Stille zwischen ihnen.
»Ach! So ein Schmarrn! Jetzt geht’s aber los. Der «, Klotz hatte sich das Fleischbällchen gegriffen, » der war nun wirklich nur ganz zufällig da!«
Das Fleischbällchen war in seinem Mund verschwunden.
»Und der «, legte Escherlich nach, indem er auf Klotz deutete, » der scheint heute ziemlich auf Diät zu sein.«
»Tut ihm auch mal ganz gut«, setzte Haevernick noch einen drauf und lachte.
»Das sind wahre Freunde«, brummelte Klotz in sich hinein und schluckte das zerkaute Bällchen hinunter.
Es war kurz nach neunzehn Uhr, als Klotz zusammen mit Wasim das Büro betrat. Klotz starrte auf das Glas der Kaffeekanne, durch das der Sonnenstrahl brannte und die klebrigen braunen Flecken darin in ein romantisches Licht tauchte. Er dachte nach. Darüber, wie Melanie das finden würde, wenn er Wasim mit nach Hause in die Umzugswohnung brächte. Bestimmt nicht so gut. Nein. Und das musste ja auch nicht sein. Ihm fiel das ausgemusterte Ledersofa ein, das unten im Keller stand. Im gleichen Raum, in dem Leonie ihm morgens immer die Haare machte. Da kam zwar schon an der einen oder anderen Nahtstelle gelblicher Schaumstoff durch, aber genügend weich für einen gesunden Schlaf wäre das Sofa wohl immer noch. Natürlich hätte Klotz ihn zurück in das Asylantenheim fahren können, doch irgendwie hatte er ein schlechtes Gewissen bei diesem Gedanken. Schließlich hatte er dem Mann aus Pakistan versprochen, dass er ihn vor der Abschiebung retten würde. Wenn er ihn jetzt wieder in diesem fürchterlichen Heim abgeben würde, könnte dies von Wasim als schlechtes Zeichen gedeutet werden.
Sie machten sich auf den Weg nach unten. Im Treppenhaus begegneten sie dem Polizeipräsidenten, der nochmals Klotz’ vorbildliches Verhalten in der Angelegenheit mit diesem Polizeimeister Bayer hervorhob. Klotz, dem diese Lobhudelei ziemlich auf den Geist ging, verabschiedete sich so schnell wie möglich und war froh, dass ihn Huber nicht zu seinem fremdländischen Begleiter befragt hatte. Diese Vorgesetzten hatten halt immer nur das Wesentliche fest im Blick. Klotz lächelte verschmitzt.
Er hätte vermutet, dass Wasim das Gesicht verziehen würde, als er ihm dessen Schlafgelegenheit zeigte. Aber dem war nicht so. Wasim sah Klotz mit einem Hundeblick an und bedankte sich.
»When I was younger and I had nowhere to go, I slept here«, ermunterte er Wasim, der ein zweites Mal »Thank you« murmelte.
Klotz saß in dem pinkfarbenen Camaro. Ein Observierungswagen verließ gerade den Hof. Erst jetzt bemerkte er, wie müde er war. Der Stress in der Schule am Vormittag. Diese durchgeknallten Schüler, Kollegen und sonstigen Amtsträger. Diese plötzliche Wendung durch Wasim Ashkani. Und zu guter Letzt eine brütende Hitze, die sich über die Stadt gelegt hatte. Das alles machte ihm doch mehr zu schaffen, als er sich selbst gegenüber zugeben wollte. Er erinnerte sich an das kurze Zusammentreffen mit dem Polizeipräsidenten, und er ärgerte sich. Hatte Huber ihn – wenn auch unbewusst – doch auf einen unangenehmen Fleck an seiner bisher halbwegs weißen Weste hingewiesen. So ein Mist aber auch! Dieser Bayer! Ehrlich gesagt hatte er diesen Typen schon
Weitere Kostenlose Bücher