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Knight 02 - Stuermisches Begehren

Knight 02 - Stuermisches Begehren

Titel: Knight 02 - Stuermisches Begehren Kostenlos Bücher Online Lesen
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Zwar hätte sie nie gewagt, etwas anderes zu be- haupten, aber es freute ihn trotzdem.

14. KAPITEL
    In tiefe Schatten gehüllt, blickte Lucien von der dunklen Galerie in den glitzernden Ballsaal hinunter, suchte die Men- ge mit der Geduld eines Jägers ab, der sein Wild verfolgt. Er konnte einfach nicht fassen, dass schon vier Tage vergangen waren. Vier Tage lang hatte er ohne Unterlass nach Bardou Ausschau gehalten, und nun war bereits Freitagabend. Mor- gen war Guy-Fawkes-Abend, und er hatte seinen Feind im- mer noch nicht aufgespürt.
    Während der letzten Tage hatte er seine Aktivitäten mit der Bow Street und Londons Konstablern abgestimmt. Er hatte den Leuten eine Zeichnung und eine Beschreibung des Franzosen gegeben, aber bisher hatte niemand ihn gesehen. Er hatte die Garde verständigt und dafür gesorgt, dass die Sicherheitsvorkehrungen in Westminster Hall und anderen öffentlichen Gebäuden verstärkt wurden, und er hatte die alten Keller unter dem Parlament nach Sprengstoff durchsu- chen lassen. Es war jedoch nichts gefunden worden. Wäh- rend Detektive und Konstabler die Lagerhäuser am Fluss durchstöberten, hatte Lucien damit begonnen, Bardou in der vornehmen Gesellschaft zu suchen.
    Bardou war zwar kein Gentleman, aber arrogant genug zu glauben, er könnte den ton narren, wenn er nur die richtigen Kleider trug. Es konnte einen rasend machen. Er spürte ihn förmlich in der Nähe, gerade außer Sichtweite. Der verfluch- te Bauer lachte sich vermutlich irgendwo über Luciens ver- zweifelte Versuche, ihn aufzuspüren, kräftig ins Fäustchen. Natürlich würde er sich erst dann zeigen, wenn er dazu be- reit war.
    In diesem Moment machte sich unten im Ballsaal Erregung breit. Lucien beobachtete, wie sich alle Köpfe neugierig zum Eingang wandten, und dann blieb ihm der Mund offen ste-

hen. Eine anmutige Schönheit ganz in Weiß kam mit erhobe- nem Kinn herein, einen Strang Perlen kunstvoll um das rot- blonde Haar gewunden.
    Alice!
    Fassungslos und wie gebannt starrte er nach unten.
    Was zum Teufel macht sie hier? Er wollte seinen Augen nicht trauen. Freude und Panik stürmten gleichzeitig auf ihn ein. O Gott, wie sehr er sie vermisst hatte. Was zum Teufel macht sie hier in London?
    Caro trat neben ihr in den Ballsaal. Die Baronin war in ein enges schwarzes Samtkleid gehüllt, doch Alice dominierte den Saal, anmutig, schlank und kühl. In dem luftigen Ball- kleid aus weißer Seide sah sie wie eine Marmorgöttin aus, die zum Leben erwacht und von ihrem Sockel heruntergestiegen war. Sie wirkte ganz anders als das ernsthafte junge Ding, das letzte Woche in seine Bibliothek getreten war und sich von den Anfangszeilen eines Gedichts hatte verzaubern las- sen – viel erwachsener. Sie blieb im Eingang stehen, ließ den Blick stolz und distanziert über die Menge schweifen und schwebte dann in den Saal.
    Sofort scharte sich ein ganzer Schwarm Männer um sie und Caro, junge Kerle und Dandys und Offiziere in Uniform, die alle um ihre Aufmerksamkeit buhlten und sie mit Galan- terie überschütteten. Als Lucien das sah, loderten seine Au- gen vor Zorn.
    „Marc!“ bellte er und drehte sich zu seinem Protegé um. Der junge Mann, der an der Tür zur Treppe lehnte, kam zu ihm herüber. Lucien presste in unbändigem Zorn die Lippen aufeinander und deutete nur auf Alice.
    „Oh, verdammte Hölle“, fluchte Marc leise.
    „Holen Sie sie da raus.“
    „Ist schon so gut wie geschehen.“
    Alice bedauerte, dass sie gekommen war. Viel lieber hätte sie zu Hause auf dem Sofa gesessen und ins Feuer geschaut oder Harry ein Buch vorgelesen, aber Caro hatte ja darauf bestan- den, dass mit ihr alles in Ordnung, sie von ihrer Influenza ge- nesen und ihr weiter nichts geschehen war.
    Influenza! Wie passend, dachte Alice bitter, dass ich von Lucien mit lauter Lügen auf den Lippen zurückgekehrt bin. Sie hatte den Ballsaal kaum betreten, als ihre drei langjäh-

rigen Verehrer Roger, Freddie und Tom herbeigeeilt kamen, um sie, wild durcheinander redend, zu begrüßen. Roger Manners, ein ernsthafter, idealistischer junger Mann mit ge- welltem schwarzen Haar und braunen Augen, würde eines Tages einen hervorragenden Anwalt abgeben. Freddie Fox- ham war mit Leib und Seele Flaneur und Dandy; an diesem Abend hatte er sich mit purpurrotem Rock und einem derart voluminösen Krawattentuch herausgeputzt, dass er kaum den Kopf drehen konnte. Tom de Vere, Sohn eines Landedel- mannes, war ein Klotz von einem Mann, mit einem dröhnen- den

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