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Knight 02 - Stuermisches Begehren

Knight 02 - Stuermisches Begehren

Titel: Knight 02 - Stuermisches Begehren Kostenlos Bücher Online Lesen
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vertrauter als die Hügel von Somerset.

Sie eilte zum Waschstand und goss Wasser aus dem Krug in die Porzellanschüssel. Der Gedanke an Lucien ließ sie nicht mehr los. Sie spritzte sich das frische, kalte Wasser ins Gesicht und beschloss, ihn einfach zu vergessen. Er war bö- se und gefährlich und blieb ihr ein vollkommenes Rätsel. Je- denfalls war er kaum der lasche Diplomat, den sie erwartet hatte. Er war wild wie ein Tiger, schnell wie eine Viper und listig wie ein Fuchs, und wenn er wollte, überlegte sie, wäh- rend ihr ein paar Wassertropfen die Kehle entlangrollten und zwischen ihre Brüste tropften, konnte er unwiderstehlich charmant sein.
    Sie fröstelte, trocknete sich Gesicht und Dekolletee ab und streifte ein frisches Hemd und saubere Strümpfe über. Wäh- rend sie die dünnen weißen Strümpfe hochrollte und an ih- rem Strumpfband befestigte, versuchte sie die erregende Er- innerung an seine geschickten Berührungen zu verdrängen. Was für Gedanken! Nach Kräften bemühte sie sich, sich ganz auf den armen kleinen Harry zu konzentrieren, der darauf wartete, dass sie heimkam.
    Energisch stand sie auf und zog sich das dunkelblaue Rei- sekleid an. Dabei betete sie, dass sie Lucien nie wieder über den Weg liefe – vor allem nicht diese Saison, denn dann wä- re sie zweiundzwanzig und beinahe eine alte Jungfer. Und das hieß, dass sie sich endgültig entscheiden musste, wen von ihren langjährigen Verehrern sie nun zum Mann erwählen wollte.
    Zum Kuckuck, dachte sie plötzlich mit finsterer Miene. Ih- re Verehrer hatte sie gestern Abend völlig vergessen, als Lu- cien den Spieß umgedreht und sie gefragt hatte, wer sie lie- be. Leider wusste sie nur zu genau, warum sie sie vergessen hatte – weil sie neben ihm bis zur Unkenntlichkeit verblass- ten. Diese Erkenntnis verdrängte sie jedoch sofort wieder. „Draco“ war nicht zu retten. Wenn eine Frau sich entschloss, ihn zu heiraten, konnte Alice sie nur bedauern.
    Ihre drei Verehrer waren angenehme, ernsthafte junge Männer von guter Geburt und mit guten Aussichten, die ihr seit ihrem Debüt vor vier Jahren ganz „vorschriftsmäßig“ den Hof machten. Roger war klug, Tom tapfer und Freddie amüsant. Doch tief im Herzen wünschte sich Alice einen Mann, der all diese Eigenschaften in sich vereinte – und viel mehr. Die Guten, sie bewiesen eine solche Geduld, warteten

schon so lange darauf, dass sie sich endlich entschied, ohne dass ihnen das etwas genützt hätte. Doch ihre lauen Gefüh- le für ihre Verehrer waren nicht das einzige Problem.
    Noch gewichtiger war der Umstand, dass sie Harry un- möglich im Stich lassen konnte, wenn Caro sich als derart gedanken– und verantwortungslose Mutter erwies. Nie könnte sie ihren Neffen einfach den Dienstboten überlassen, so gut und fähig Peg und die anderen auch sein mochten. Ein Mensch brauchte eine Familie, um richtig aufwachsen zu können – das hatte sie aus eigener Erfahrung gelernt. Wenn Caro ihrem Sohn nicht endlich eine richtige Mutter wurde, konnte Alice Glenwood Park nie verlassen. Sie würde als al- te Jungfer enden und nie ein eigenes Kind bekommen kön- nen. Mit einem frustrierten Seufzer setzte sie sich auf den Schemel vor dem Spiegel und steckte das Haar zu einem glatten Knoten auf – bis auf ein paar Locken, die sich in ih- ren Nacken herabringelten.
    In diesem Moment klopfte es an die Tür. Sie sah in den Spiegel, der das Bild der Tür zurückwarf. „Herein.“
    Ein plumpes, fröhliches Dienstmädchen trat ein und brachte ihr das Frühstück auf einem Tablett. Unter der Ser- vierhaube fand Alice eine appetitliche Zusammenstellung verschiedener Speisen, Gebäckstücke und Toast, mehrere Sorten Marmelade und Honig, Obst und ein Stück Cheddar- käse, doch am meisten entzückte sie die rosa Rose, die neben dem Silberbesteck lag. Unter dem dornigen Stiel ruhte ein dreifach gefaltetes Stück Büttenpapier, das mit einem Trop- fen Wachs verschlossen war.
    Sie griff danach, während ihr das Mädchen Tee einschenk- te. Mit leichtem Zittern erbrach sie das Siegel und faltete das Papier auseinander, und während sie die Botschaft las, glaubte sie seine tiefe, aufregende Stimme zu hören:
    Guten Morgen, Alice. Kommen Sie zu mir in die Bi- bliothek, so bald Sie können.
    Ihr hochachtungsvoll etc. ergebener
    L. X. K.
    Ein Befehl! Nun, sie hätte es wissen müssen. Seine Herrsch- süchtigkeit erboste sie, doch bei dem Gedanken, ihn wieder- zusehen, wurde ihr ein wenig schwindelig. Sie las das

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