Knight 02 - Stuermisches Begehren
Südstaatenstolz verletzt, als ihre hübsche neue Hauptstadt niedergebrannt worden war, dass sie Bardou aus ihrem Privatvermögen bezahlten, das sie auf den Rücken afrikanischer Sklaven angehäuft hatten. Rollo wusste nicht, was diese Gentlemen davon halten würden, dass Bardou fremde Hilfe mit ins Spiel brachte.
„Monsieur Bardou, bei allem Respekt – Ihr Honorar ist be- reits ausgehandelt. Glauben Sie wirklich, dass sich Madame Voznesensky bereit erklärt zu helfen?“
„Sophia macht, was ich ihr sage.“ Bardou schaute ihn an, und es bedurfte keiner Worte mehr, um Rollo zu bedeuten, dass er ihm dasselbe geraten haben wollte. Er nahm noch ei- nen Schluck Wein.
Rollo erbleichte angesichts des leblosen Blicks in den blassblauen Augen des Mannes. Zeit für einen Themenwech- sel. „Wo haben Sie Deutsch gelernt?“ erkundigte er sich ver- legen.
„In Westfalen. Ich hatte dort eine Zeit lang die Aufgabe, König Jérôme zu bewachen.“
„Ah, Napoleons jüngsten Bruder, stimmts?“
Bardou nickte. „Kennen Sie einen gewissen Lucien Knight, Mr. Greene?“
„Hab von ihm gehört, aber kennen tu ich ihn nicht.“ Rollo wusste nicht, was ihn zu dieser Lüge bewogen hatte, aber er folgte wie immer seinem Instinkt. „Warum fragen Sie?“
Bardou musterte ihn. Im Schein einer Straßenlaterne, an der sie vorüberrollten, wirkte sein Gesicht sehr brutal.
Wieder entstand ein unangenehmes Schweigen. Rollo räusperte sich. Ihm war schon klar geworden, dass er besser nicht allzu viele Fragen stellte. Das gefiel ihm nicht. Er zwang sich, seinen Mut zusammenzunehmen. „Mr. Bardou, wann wollen Sie mir Ihren Plan genauer erläutern?“
Bardou ließ sich diese Frage durch den Kopf gehen. „Fünf- zehn Jahre habe ich gedient“, murmelte er, „und nun kann ich nicht in meine Heimat zurück. Dort würde man mich vor Gericht stellen und exekutieren. Ich tat nichts Böses. Ich diente nur meinem Land. Wissen Sie, wie das ist, Mr. Greene? Eine Niederlage ist sehr bitter. Das werden diese stolzen, ar- roganten Engländer nur zu bald erfahren.“
„Äh, ja.“ Gut ausgewichen, dachte er. Rollo hatte nichts weiter gegen die Engländer. Er war seit zwei Jahren in Lon- don stationiert, und obwohl er ein Patriot war und ihn die Blockade und die Zerstörung Washingtons erzürnten, hatte er fast gegen seinen Willen eine gewisse Zuneigung für die Engländer entwickelt. Schließlich stammten seine eigenen Ahnen aus Cornwall. Er mochte die Leute, die Frauen, das Bier.
Bardou nahm noch einen Schluck Wein. „Ihr erster Auf- trag wird sein, einen Sprengstofffabrikanten ausfindig zu machen. Sie werden ihm erzählen, dass Sie ein Ingenieur sind und eine marode Brücke sprengen wollen. Sie werden bei ihm Salpeter ordern. Die Menge teile ich Ihnen mit, so- bald ich mir die Ziele angesehen habe.“
„Oh, die Ziele haben Sie also schon ausgewählt?“ fragte er. „Welche sind es denn?“
Bardou lächelte ihn nur kalt an.
7. KAPITEL
Alice war bereits aufgestanden und angekleidet und freute sich auf den neuen Tag, als die Zofe erschien, doch statt des Frühstückstabletts überbrachte ihr die rundliche Dienerin die Nachricht, Seine Lordschaft habe angeordnet, dass Miss Montague kein Essen mehr aufs Zimmer gebracht werden dürfe. Aha, jetzt will er mich also aushungern, dachte Alice mit einem innerlichen Grinsen. Sie konnte es kaum erwar- ten, ihn mit ihrer entgegenkommenden Stimmung zu über- raschen.
Zusammen gingen sie in die Eingangshalle, wo die Zofe sie an einen livrierten Lakaien an der Tür weiterreichte.
„Ich bringe Sie zu Seiner Lordschaft, Miss.“ Der Diener verbeugte sich vor Alice und öffnete die Eingangstür. „Hier entlang bitte.“
„Er ist draußen?“
„Seine Lordschaft trainiert in seiner Halle, wie jeden Mor- gen“, erklärte der Lakai höflich. „Soll ich Ihnen Ihren Man- tel holen?“
„Ist es weit?“
„Nein, Miss.“
„Dann bringen Sie mich bitte hin.“
Er nickte und begleitete sie nach draußen. Der Morgen war hell, kühl und voll Versprechen. Sie rieb sich die Arme, und als sie sprach, konnte man ihren Atem als weißen Hauch se- hen. „Was für eine Halle ist das denn?“
„Eine Sporthalle, Miss. Mylord übt sich dort im Fechten und im Boxen.“
„Im Boxen! Du liebe Güte, dann schickt es sich doch nicht, dass ich dort hingehe!“ Eine junge Dame hatte in einem Hei- ligtum männlicher Leibesertüchtigung einfach nichts zu su- chen. Es war Sonntagmorgen – sie sollte in die Kirche
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