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Knochenarbeit: 2. Fall mit Tempe Brennan

Knochenarbeit: 2. Fall mit Tempe Brennan

Titel: Knochenarbeit: 2. Fall mit Tempe Brennan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathy Reichs
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treffen.«
    »Es muß ein vollkommenes Gleichgewicht geben. Die Anzahl wurde offenbart.«
    »Wirklich? Und sind die anderen alle hier?«
    Sie zog den Kopf zurück, sagte aber nichts. Ich sah in ihrem Auge etwas funkeln, wie Licht in zerbrochenem Glas.
    »Es kommen nicht alle, Elle.«
    Ihr Blick blieb unbeweglich.
    »Kathryn wird nicht für Sie sterben. Sie ist mit ihrem Baby in Sicherheit, weit weg von hier.«
    »Sie lügen!«
    »Sie werden Ihre kosmische Quote nicht schaffen.«
    »Die Zeichen wurden gesandt. Die Apokalypse ist jetzt, und wir werden auferstehen aus der Asche!«
    In dem flackernden Licht waren ihre Augen schwarze Löcher. Ich sah, was der Blick wirklich bedeutete. Wahnsinn.
    Ich wollte eben etwas erwidern, als ich Hunde jaulen und kläffen hörte.
    Verzweifelt riß ich an dem Seil, aber der Knoten wurde nur noch enger. Plötzlich war mir klar, daß ich es nicht schaffen würde. Es war sinnlos. Ich konnte mich nicht befreien. Und wenn ich es schaffte? Ich war ja mitten unter ihnen.
    »Bitte«, flehte ich.
    Elle starrte mich mit erbarmungslosen Augen an.
    Ein Schluchzen kam mir über die Lippen, als das Bellen lauter wurde. Ich strampelte weiter. Ich wollte mich nicht wehrlos ergeben, wie sinnlos der Widerstand auch sein mochte.
    Was hatten die anderen getan? Ich sah zerfetztes Fleisch und durchbohrte Schädel. Aus dem Bellen wurde Knurren. Die Hunde waren sehr nahe. Unkontrolliertere Angst überkam mich.
    Ich drehte mich, und mein Blick fiel auf das Panoramafenster. Mein Herz setzte aus. Hatte ich wirklich Gestalten gesehen, die sich draußen bewegten?
    Lenk ihre Aufmerksamkeit nicht auf das Fenster!
    Ich senkte den Blick und drehte mich wieder zu Elle. Noch strampelte ich und kämpfte, aber meine Gedanken waren jetzt draußen. Gab es noch Hoffnung auf Rettung?
    Elle beobachtete mich stumm. Eine Sekunde verging. Zwei. Fünf. Ich drehte mich nach rechts und sah noch einmal verstohlen zum Fenster.
    Durch Eis und Kondenswasser sah ich einen Schatten von links nach rechts huschen.
    Lenk sie ab!
    Ich richtete den Blick wieder auf Elle. Das Fenster war links von ihr.
    Sag irgendwas!
    »Harry glaubt nicht an –«
    Die Tür sprang auf, dann hörte ich tiefe Stimmen.
    »Polizei!«
    Stiefel polterten auf Hartholz.
    »Haut les mains!« Hände hoch.
    Knurren und Jaulen. Rufe. Ein Schrei.
    Elles Mund wurde ein dunkles Oval, dann ein dünner, dunkler Strich. Sie zog eine Pistole aus den Falten ihres Kleides und zielte auf einen Punkt hinter mir.
    In dem Moment, wo sie den Blick von mir abwandte, schlang ich meine Finger fester um die Seile, stieß mich mit den Hüften von der Wand ab und trat zu, so fest ich konnte. Ein heftiger Schmerz raste mir durch Schultern und Handgelenke, als es meinen Körper nach vorne warf, aber mein Stiefelabsatz traf sie mit voller Wucht am Arm. Die Pistole flog quer durch den Raum und aus meinem Gesichtsfeld.
    Als ich wieder aufblickte, stand Elle starr da, die Mündung einer Polizeipistole vor der Brust. Ein dunkler Zopf hatte sich gelöst und hing ihr wie eine Brokatschärpe vor der Stirn.
    Ich spürte Hände auf meinem Rücken und hörte Stimmen, die zu mir sprachen. Dann war ich frei, und starke Arme schleiften mich zur Couch. Ich roch Winterluft und feuchte Wolle. Und English Leather.
    »Calmez-vous, madame. Tout va bien.«
    Meine Arme waren wie Blei, meine Knie Pudding. Ich wollte in die Polster sinken und ewig schlafen, aber ich zwang mich zum Aufstehen.
    »Ma soeur. Ich muß zu meiner Schwester.«
    »Tout est bien, madame.« Hände drückten mich wieder auf die Couch.
    Noch mehr Stiefel. Türen. Laute Befehle. Ich sah, wie Elle und Daniel Jeannotte in Handschellen abgeführt wurden.
    »Wo ist Ryan? Kennen Sie Andrew Ryan?«
    »Ganz ruhig, es wird alles gut.« In Englisch.
    Ich versuchte mich loszureißen.
    »Ist Ryan in Ordnung?«
    »Entspannen Sie sich.«
    Dann war Harry neben nur, und ihre Augen waren riesig im traumgleichen Dämmerlicht.
    »Ich habe Angst«, murmelte sie mit belegter, wie verwaschener Stimme.
    »Alles okay.« Ich schlang die tauben Arme um sie. »Ich bring dich nach Hause.«
    Sie ließ den Kopf auf meine Schulter sinken, und ich stützte meinen auf ihren. Einen Augenblick hielt ich sie so, dann ließ ich sie wieder los. Plötzlich war sie wieder da, die religiöse Erziehung meiner Kindheit, und ich schloß die Augen, faltete die Hände vor der Brust und bat Gott leise weinend um das Leben von Andrew Ryan.

35
    Eine Woche später saß ich auf meiner Terrasse

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