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Knochenarbeit: 2. Fall mit Tempe Brennan

Knochenarbeit: 2. Fall mit Tempe Brennan

Titel: Knochenarbeit: 2. Fall mit Tempe Brennan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathy Reichs
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Leiche zu sein.
    Ich kauerte da, noch immer starr vor Grauen. Nicht vor diesem grabähnlichen Raum, sondern vor dem Ding, mit dem ich ihn teilte. Generationen wurden geboren und starben, während ich auf ein Lebenszeichen wartete. Nichts gab einen Ton von sich, nichts bewegte sich. Ich atmete tief ein, rutschte dann ein Stückchen vor und berührte den Fuß noch einmal.
    Der Fuß steckte in einem Lederstiefel, klein wie der meine. Ich fand den zweiten und tastete mich am Bein hoch. Der Körper lag auf der Seite. Vorsichtig drehte ich ihn auf den Rücken und setzte meine Untersuchung fort. Rocksaum. Knöpfe. Schal. Angst schnürte mir die Kehle zu, als meine Fingerspitzen die Kleidung erkannten. Bevor ich das Gesicht berührte, wußte ich schon, wer es war.
    Aber das konnte doch nicht sein. Es ergab keinen Sinn.
    Ich zog den Schal ab und berührte die Haare. Ja. Daisy Jeannotte.
    Mein Gott. Was war geschehen?
    Bleib in Bewegung! befahl ein Teil meines Gehirns.
    Mich mit einer Hand an der Wand abstützend, schleppte ich mich auf der anderen Hand und einem Knie vorwärts. Meine Finger berührten Spinnweben und Sachen, über die ich lieber nicht genauer nachdachte. Mörtel bröckelte und rieselte zu Boden, während ich mich langsam durch den Tunnel arbeitete.
    Ein Stückchen weiter vorne wurde es fast unmerklich heller. Meine Hand stieß auf etwas, und ich tastete es ab. Hölzerne Stangen. Gestelle. Als ich den Kopf hob, sah ich ein schwaches Lichtrechteck. Stufen, die nach oben führten.
    Behutsam, um jedes Geräusch zu vermeiden, schlich ich die Treppe hoch. Nach drei Stufen war ich an der Decke. Meine Hände ertasteten die Ränder einer Abdeckung, aber als ich dagegendrückte, rührte sie sich nicht.
    Ich preßte das Ohr ans Holz, und Hundegebell jagte mir Adrenalin durch jede Faser meines Körpers. Das Geräusch klang gedämpft und schien von weither zu kommen, aber man konnte hören, daß die Tiere aufgeregt waren. Eine menschliche Stimme rief einen Befehl, dann Stille, dann fing das Kläffen wieder an.
    Direkt über mir keine Bewegungsgeräusche, keine Stimmen.
    Ich drückte mit der Schulter gegen die Klappe, und sie bewegte sich leicht, ging aber nicht auf. Als ich die Lichtstreifen genauer untersuchte, erkannte ich genau in der Mitte des rechten Streifens einen Schatten. Ich versuchte mit den Fingern dranzukommen, aber die Lücke war zu schmal. Frustriert schob ich die Finger weiter hinten hinein und fuhr den Spalt entlang. Splitter stachen mir in die Haut und rissen an den Fingernägeln, aber ich konnte die Verriegelung nicht erreichen. Der Spalt war einfach nicht weit genug.
    Verdammt!
    Ich dachte an meine Schwester und Hunde und Jennifer Cannon. Ich dachte an mich und Hunde und Jennifer Cannon. Meine Finger waren so kalt, daß ich sie nicht mehr spürte, und ich steckte sie in die Tasche. Mein rechter Knöchel stieß gegen etwas Hartes und Flaches. Verwundert zog ich den Gegenstand heraus und hielt ihn vor den Spalt.
    Die abgebrochene Kratzerklinge.
    Bitte!
    Mit einem stummen Gebet schob ich die Kante in den Spalt. Die Klinge paßte hinein. Mit zitternder Hand ruckelte ich damit auf die Verriegelung zu. Das Kratzen klang so laut, daß es kilometerweit zu hören sein mußte.
    Ich hielt inne und lauschte. Über mir keine Bewegung. Kaum atmend, schob ich die Plastikscherbe ein Stückchen weiter. Wenige Zentimeter vor der Verriegelung blieb sie hängen, glitt mir aus der Hand und fiel in die Dunkelheit.
    Verdammt! Verdammt! Scheißding!
    Auf Hintern und Händen holperte ich die Treppe hinab und setzte mich auf den Boden. Meine Ungeschicklichkeit verfluchend, fing ich an, den feuchten Lehm systematisch abzutasten. Kurz darauf stießen meine Finger auf den zerbrochenen Kratzer.
    Die Treppe wieder hoch. Inzwischen jagte mir jede Bewegung einen stechenden Schmerz durchs Bein. Mit beiden Händen steckte ich die Klinge wieder in den Spalt und schob sie in Richtung Verriegelung. Es ging nicht. Ich zog sie heraus, steckte sie an neuer Stelle wieder hinein und riß sie seitlich durch den Spalt.
    Etwas klickte. Ich lauschte. Stille. Ich drückte mit der Schulter, und die Klappe ging auf. Die Ränder der Abdeckung mit beiden Händen packend, schob ich sie vorsichtig auf und ließ sie dann leise auf den Boden des darüberliegenden Raumes sinken. Mit rasendem Herzen stieg ich aus der Öffnung und sah mich um.
    Der Raum wurde von einer nackten Glühbirne an einem durchgescheuerten Kabel erhellt. Es war eine Art Abstellkammer.

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