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Knochenbett: Kay Scarpettas 20. Fall (German Edition)

Knochenbett: Kay Scarpettas 20. Fall (German Edition)

Titel: Knochenbett: Kay Scarpettas 20. Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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»Bösewichten« – Marinos unfaire Bezeichnung für Anwälte, die Angeklagte in Mordprozessen vertreten – meist nur wenig.
    Wenn ich, wie meistens, als Zeugin der Anklage auftrete, befragt mich der Anwalt der Gegenseite dennoch, um sich den Vorteil zu verschaffen, Zweifel an meinem Fachwissen zu säen, bevor die Geschworenen die lange Liste der Referenzen, die meine Qualifikation beweist, zu hören bekommen. Jill Donoghue verfolgt, wie ich bei jeder unserer Begegnungen feststellen durfte, die Strategie, mich zu unterbrechen, bevor ich auch nur Gelegenheit habe, zu sagen, wo ich Medizin studiert habe – oder ob überhaupt. Dabei spricht sie mich ständig mit
Mrs. Scarpetta
oder
Ma’am
an, um es den Menschen, die über das Schicksal ihres Mandanten entscheiden werden, zu erleichtern, mich nicht weiter ernst zu nehmen.
    Ich weiß nicht, was mich jetzt erwartet, und mache mir zudem Sorgen, dass Dan Steward mir keine große Hilfe sein wird. Nach dem Fiasko, das er gerade miterlebt hat, wird er sich vermutlich nicht mit Richter Conry anlegen wollen. Ich empfinde Conrys Gegenwart wie einen brodelnden Vulkan, der jederzeit wieder ausbrechen kann. Die Luft im Gerichtssaal ist elektrisch aufgeladen wie nach einem Blitzschlag.
    Ich verstehe nicht, warum er so wütend auf mich ist. Er verhält sich, als hätte ich ihm persönlich etwas getan und ihm eine Beleidigung oder Kränkung zugefügt, von der ich nichts ahne. Ich komme nicht zum ersten Mal zu spät zum Gericht. Es geschieht zwar nicht häufig, aber manchmal eben doch, und Richter sehen das natürlich ganz und gar nicht gern. Allerdings hat mir noch nie einer von ihnen gedroht oder mich getadelt, geschweige denn eine Geldstrafe aufgebrummt. Niemals bin ich in Gegenwart von Geschworenen abgekanzelt worden. Irgendetwas ist da im Busch, und ich weiß nicht, wie ich damit umgehen soll. Schließlich kann ich schlecht einen Bundesrichter anrufen oder ihm eine Mail schreiben, um ihn zu fragen, wo es in unserer Beziehung hakt.
    Insbesondere dann nicht, wenn Stewards Andeutung der wahre Grund ist. Jills
Kumpel,
hat er gesagt, und seine Anspielung auf Gerüchte, dass zwischen den beiden etwas läuft, war ziemlich offensichtlich.
    »Guten Tag.« Jill Donoghue lächelt mir zu, als seien wir alte Freundinnen und hätten etwas Nettes vor. Erst jetzt sehe ich sie an. Links von ihr, zwischen ihrem Pult und der Geschworenenbank, sitzt Channing Lott am Tisch der Verteidigung. Er hält sich kerzengerade. Die Hände hat er auf einem gelben Block verschränkt, dessen beschriebene Seiten nach hinten umgeschlagen sind.
    Er hat die Gefängniskleidung mit einem schwarzen Doppelreiher mit breiten Nadelstreifen, offenbar von Versace, vertauscht. Dazu trägt er ein weißes Hemd mit goldenen Manschettenknöpfen und eine rot und rostbraun gestreifte Seidenkrawatte. Ich tippe auf Hermès. Ich bin dem milliardenschweren Unternehmer nie persönlich begegnet, erkenne ihn aber sofort. Er verbreitet den Chic eines Bohemien und hat sein langes schneeweißes Haar zu einem Zopf geflochten. Seine Augen haben die Farbe einer ausgewaschenen Jeans. Nase und Wangenknochen sind markant wie bei einem Indianerhäuptling. Kurz sehen wir einander an. Sein Blick ist fest und fordernd. Offenbar fürchtet er sich nicht vor mir. Ich wende mich ab.
    »Würden Sie den Geschworenen bitte Ihren Namen und Ihren Beruf nennen und sagen, wo Sie beschäftigt sind?«, fährt Donoghue in demselben kollegialen Ton fort. So als arbeiteten wir zusammen und gehörten zur selben Mannschaft.
    »Mein Name ist Kay Scarpetta.«
    »Haben Sie einen zweiten Vornamen?«
    »Nein.«
    »Sie wurden also als Kay Scarpetta geboren, ohne zweiten Vornamen.«
    »Richtig.«
    »Benannt nach Ihrem Vater Kay Marcellus Scarpetta  III , korrekt?«
    »Korrekt.«
    »Dem Inhaber eines Lebensmittelladens in Miami, der starb, als Sie noch ein Kind waren.«
    »Ja.«
    »Haben Sie einen angeheirateten Namen?«
    »Nein.«
    »Aber Sie sind verheiratet. Genau genommen, geschieden und zum zweiten Mal verheiratet.«
    »Ja.«
    »Ihr derzeitiger Ehemann heißt Benton Wesley.« So, als könnte ich nächsten Monat mit jemand anders verheiratet sein.
    »Ja.«
    »Aber Sie haben den Namen Ihres ersten Mannes nicht angenommen. Und auch nicht den von Benton Wesley, als Sie ihn schließlich geheiratet haben.«
    »Nein.« Ich betrachte die Männer und Frauen auf der Geschworenenbank, die, falls sie verheiratet sind, vermutlich genauso heißen wie ihr Ehepartner.
    Erstes

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