Knochenfunde
irgendeiner der Cabal-Leute auch nur die leiseste Kritik an ihm ge-
äußert hatte. Er hatte ihnen stets treu gedient. Hätte er es also nicht verdient, dass sie ihm vertrauten?
Tja, was Etienne anging, hatten sie ihm auch vertraut, und diese Geschichte musste er wieder gutmachen.
Boca Raton.
Das würde in Ordnung gehen. Jules hatte alles vorbereitet, und sein Plan entwickelte sich zu seiner Zufriedenheit. Er konnte die Sache vorerst auf sich beruhen lassen und sich auf Duncan konzentrieren.
Eve Duncan. Hebert lehnte sich zurück und schloss die Augen.
Er würde bald aufbrechen, aber ein paar Minuten konnte er sich noch Zeit lassen. Man sollte meinen, nach all den Jahren wäre er abgebrüht, aber das war weit gefehlt. Nicht, wenn es um Unschuldige ging.
Reiß dich zusammen, ermahnte er sich. Er hatte Etienne getötet.
Im Vergleich dazu würde alles andere ein Kinderspiel sein.
Joe Quinn, Jane MacGuire. Und hatte Melton nicht auch von Eve Duncans Mutter gesprochen?
Wer von den dreien würde dran glauben müssen?
»Sieh ihn dir an.« Jane strahlte vor Stolz, als sie ihren Welpen anschaute. »Ich glaub, er ist noch schlauer als sein Vater Monty, meinst du nicht?«
»Na ja… er ist wirklich geschickt. Aber sich vom Bauch auf den Rücken zu drehen ist nicht ganz dasselbe wie nach einem Erdbeben Menschenleben zu retten.« Lächelnd verstaute Eve Carmelitas re-konstruierten Schädel in einer Kiste. »Da muss er noch eine ganze Menge lernen.«
»Er ist ja auch erst vier Monate alt. Ich muss ihn trainieren.« Jane schnippte mit den Fingern, und der Hund sprang auf die Beine.
»Vielleicht sollte ich nach Kalifornien fahren und mir von Sarah dabei helfen lassen. Ich wette, sie könnte ihm ganz schnell alles beibringen, was er braucht. Sie hat es mir angeboten, als sie mir Toby geschenkt hat.«
Vorausgesetzt, Sarah hatte Zeit, sich darum zu kümmern, dachte Eve wehmütig. Neben ihrer Aufgabe, mit ihren Rettungshunden zu Einsatzorten auf der ganzen Welt zu reisen, versuchte Sarah, mit ihrer Ehe zurechtzukommen und ihre beiden Hunde, den Golden
Retriever Monty und dessen Gefährtin Maggie, bei Laune zu halten.
Ein ruhiges Leben zu führen, war nicht so einfach, wenn man es mit einer ungezähmten Wölfin wie Maggie zu tun hatte. »Das ist vielleicht gar keine schlechte Idee. Wir werden sie fragen, wann sie Zeit hat«, sagte Eve, während sie die Kiste adressierte. »Aber nicht vor den Herbstferien.«
»Ich könnte den Stoff nachholen. Ich bin den anderen sowieso
voraus.«
Und zwar nicht nur, was ihre schulischen Leistungen anging.
Aufgrund ihrer Geschichte hatte sie ihren Altersgenossen sowohl an Erfahrung als auch in Bezug auf ihre charakterliche Entwicklung eine Menge voraus. Eve freute sich über Janes Begeisterung für den Welpen. Das Mädchen war lange genug um die Freuden der Kindheit betrogen worden. »Mal sehen. Darüber reden wir später.«
»Gehst du gleich zu Federal Express? Können Toby und ich mit-
kommen?«
»Klar. Aber erst muss ich noch ein paar frische Blumen auf Bonnies Grab stellen. Ich bin diese Woche noch gar nicht bei ihr gewesen.«
»Ein paar von den Chrysanthemen, die neben dem Haus stehen?
Ich hole sie für dich. Toby und ich kommen mit. Er braucht ein bisschen Bewegung.«
»Wie bitte? Er macht doch nichts anderes als den lieben langen Tag herumzutoben.«
»Aber bergauf zu laufen ist was anderes. Das ist gutes Training und kräftigt die Lunge.« Jane lief nach draußen. »Bis gleich.«
Lächelnd schüttelte Eve den Kopf, als sie auf die Veranda trat.
Die beiden würden lange vor ihr beim Grab eintreffen, und sie konnte nur hoffen, dass Toby die Blumen nicht ruinierte, die Jane in die Vase stellte.
Nicht dass das eine große Rolle spielte. Es waren nur Blumen.
Und Bonnie hätte es gefallen zu sehen, wie der Welpe sich freudig auf die Blüten stürzte und sie genüsslich zerfetzte. Sie machte sich auf den Weg, der am See entlang führte.
Zu ihrer Überraschung verhielt Toby sich vergleichsweise ruhig.
Er lag neben dem Grab auf dem Rücken und ließ sich von Jane den Bauch kraulen. »Ich hab dir ja gesagt, bergauf laufen ist was anderes«, sagte Jane. »Jetzt ist er müde. Ich muss dafür sorgen, dass er mehr Kondition bekommt.« Sie drehte sich um und begann, Unkraut vom Grab zu zupfen. »Um diese Jahreszeit macht es nicht viel Arbeit. Ich war vor drei Tagen hier, und da war kaum ein Unkraut zu sehen.«
»Du bist hier gewesen?«
»Ja, ich weiß doch, wie wichtig dir das
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