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Knochenkälte

Titel: Knochenkälte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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auf - sie springt aus dem rechten Straßengraben, überquert Feldweg 4 und taucht auf der anderen Seite wieder in den tiefen Schatten des Grabens ab.
    Da war etwas - eindeutig!
    Ich bleibe stehen und lausche angestrengt. Aber außer meinem eigenen Keuchen und dem heiseren Geflüster des Windes ist nichts zu hören.
    Vielleicht war’s nur eine Plastiktüte. Hier draußen fliegt eine Menge Abfall herum - die Müllanlage liegt kaum anderthalb Kilometer entfernt. Aber so richtig glaube selbst ich nicht daran. Das müsste dann schon eine riesige Tüte gewesen sein. Und was auch immer es war: Es hat sich gegen den Wind bewegt, der vom See herüberweht.
    Vielleicht einer von Mangy Masons großen Sibirischen Huskys? Dieser uralte Typ haust in einem verrosteten Wohnwagen am Seeufer und lässt seine Hunde frei rumlaufen. Aber die sind harmlos. Oder nicht?
    Vielleicht sollte ich mal nachschauen?
    Ein eisiger Schauer spielt auf meiner Wirbelsäule Klavier. Ist bestimmt von der Kälte. Aber auch so ein komisches Kribbeln,
das man bekommt, wenn man von jemandem - oder etwas - beobachtet wird.
    Nachschauen? Ganz bestimmt nicht!
    Ich will mich gerade wieder in Bewegung setzen, da höre ich es. Ein Knurren, so tief, dass es meine Trommelfelle erzittern lässt. Als hätte man die Bässe an den Lautsprechern auf Maximum aufgedreht.
    Für einen Augenblick bin ich wie gelähmt. Dann zwinge ich mich zu einem wankenden Dauerlauf. Die Augen fest auf das entfernte Ende der Straße geheftet, halte ich mich auf der linken Seite. Die Böschung neben mir fällt in undurchdringliche Schwärze ab.
    Bei Feldweg 3 sehe ich es dann.
    Es ist kein Hund.
    Das Ding ist riesig! Und lang. Und schnell. Kaum mehr als ein verschwommener Fleck, saust es über Feldweg 3 und verschwindet wieder im Straßengraben auf der anderen Seite. Zweieinhalb, drei Meter lang, würde ich schätzen.
    Das kann nicht sein. Unmöglich.
    Es rennt auf allen vieren, so viel steht fest. Kein einziges Geräusch ist zu hören - kein Scharren im Kies, keine knackenden Zweige, gar nichts.
    Mein Hirn muss mir einen Streich spielen.
    Verdutzt bremse ich wieder ab und versuche, mich daran zu erinnern, was man tun soll, wenn man von einem wilden Tier angegriffen wird. Krach machen? Es verjagen?
    Plötzlich höre ich wieder das Knurren. Es hält mit mir in der Finsternis Schritt und lässt mich bis in die Knochen erzittern.

    Lauf!
    Bei Höchstgeschwindigkeit kann ich es in fünf Minuten nach Hause schaffen. Aber auf einer dunklen Straße und so weit weg vom nächsten Haus, dass keiner dein Schreien hören kann, sind fünf Minuten verdammt lang.
    Halt die Klappe und lauf!
    Mit auf und ab schwingenden Armen sprinte ich gegen den Wind an. Meine Turnschuhe knirschen den Kies hoch. Ich fliege. Die nackte Angst lässt mich das Brennen in meiner Brust ignorieren, die nach mehr Sauerstoff schreit.
    Vor mir kann ich schon das Licht am Ende der Straße erkennen, dort wo ich Richtung Jachthafen abbiegen muss. Feldweg 1. Die Ziellinie.
    Ich spurte über Feldweg 2. Ich kann nicht anders, ich muss nach hinten schauen. Die Tränen, die mir der scharfe Wind in die Augen treibt, machen mich halb blind.
    Nichts. Nichts zu sehen. Vielleicht hat das Ding beschlossen, dass es genug Spaß gehabt hat und...
    Nein. Wieder springt es von einem Straßengraben zum nächsten, ohne den Boden auch nur einmal zu berühren. Ich traue meinen Augen nicht. So kann sich doch kein Lebewesen bewegen! Selbst wenn es jetzt Geräusche machen würde - bei meinem Gekeuche und dem Hämmern meiner Schuhe auf dem Schotter könnte ich sowieso nichts hören.
    Konzentrier dich aufs Licht! Da vorne spielt die Musik!
    Langsam wird der Laternenschein in der Dunkelheit größer. Viel zu langsam. Während ich darauf zuhalte, flackern ein paar weitere Lichter vom Jachthafen zwischen den Bäumen hindurch.

    Vielleicht schaffe ich’s doch noch.
    Plötzlich rutscht mein Fuß auf einer Eispfütze aus. Ich komme ins Straucheln und versuche verzweifelt, auf den Beinen zu bleiben. Aber nichts da - schon geh ich zu Boden. Ich fange mich mit ausgestreckten Armen ab und kann gerade so verhindern, dass mein Kopf hart aufschlägt.
    Wie betäubt kauere ich auf den Knien und sauge die Luft in meine ausgebrannte Lunge.
    Das war’s dann wohl - ich bin tot!
    Bestimmt kommt das Ding jetzt, da seine Beute am Boden liegt, aus dem Graben hervor.
    Das Knurren erhebt sich aus den Schatten. Hunger.
    Sekunden verrinnen, abgezählt vom heiseren Pfeifen meines Atems

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