Knuddelmuddel
Bonny und Mary Read haben die Karibik unsicher gemacht. Und zwar gemeinsam.
Und Mrs Ching hat nach dem Tod ihres Piratengatten den Betrieb übernommen und das vermutlich erfolgreich, denn sonst wäre sie heute vergessen, aber das ist sie nicht.
Und jetzt fällt mir auch ein dritter Film ein, der in Seattle spielt. Singles , deutscher Titel Gemeinsam einsam . Die Geschichten von ein paar jungen Leuten, die in einem Appartementgebäude in Seattle wohnen, also alle zusammen in einem Gebäude, aber jeder für sich in seinem kleinen Appartement, und alle sind sie auf der Suche nach der Liebe ihres Lebens. Natürlich. Ach ja. Der Film ist von 1992, aber das spielt im Grunde überhaupt keine Rolle. Es ist völlig egal, wann die Geschichte spielt, das Knuddelmuddel ist immer das Gleiche. Die Schwierigkeit, zu seinen Gefühlen zu stehen. Die Unsicherheit, den ersten Schritt zu tun. Die Angst sich zu outen und dabei womöglich ins Leere zu outen, weil der andere nämlich überhaupt nicht an Liebe denkt.
Ein jahrhundertealtes Knuddelmuddel, dessen erste visuelle Version womöglich in einer bisher noch unendentdeckten Höhlenzeichnung dargestellt ist und die vielleicht in der Darstellung durchaus wieder den bei Facebook und Skype zur Verfügung stehenden Zeichen mit seinen ganzen smilies und dergleichen ähnelt. Und nur mal so für den Fall, dass diese Höhlenzeichnung von einer Frau wäre, dann würde die Illustration vielleicht die von Angelique in dem fünfziger-Jahre-Film Das schöne Abenteuer so trefflich formulierte Aussage sein: Die Männer hüpfen einem aus der Hand wie nasse Frösche .
Bei mir auch. Aber wenn ich drüber nachdenke, ist mir so, als wäre ich selber schuld. Das macht es allerdings nicht besser. Vielleicht sogar eher im Gegenteil.
Als der João weg ist, stelle ich den Fernseher an, zappe mich durch die Kanäle und sehe auf dem Astrokanal ein bisschen Blockadenauflösung. Auf dem Tisch steht eine blaue Pyramide und funkelt im Licht der Scheinwerfer. Ich höre Kalina zu, was für Botschaften die Engel für Hilde aus Hannover haben. Kalina mischt ihre Karten gekonnt wie ein Profi-Kartenspieler auf St. Pauli, man hört richtig das clap-clap-clap des Mischens, und sagt dann, Hilde soll sich keine Sorgen machen, es sind schwierige Zeiten, nicht nur für Hilde, sondern ganz allgemein für die Welt von wegen der aktuellen Planeten-Konstellation und der kosmischen Transformation und deswegen gibt es dieses Chaos. Draußen um uns herum in Form von Unwettern und Stürmen und Überschwemmungen und drinnen in uns wegen verliebt / nicht verliebt und alleine und einsam. Also im Grunde ist es eine Botschaft nicht nur für Hilde in Hannover, sondern für uns alle.
Ruf an – sagt die dunkelhaarige Astro-Mieze Kalina, während sie schon mal die Karten mischt, ruf mich an, beschwört sie uns, ich kann dir helfen, du da draußen, der es schlecht geht, ja du. Irgendwie ist das ganz tröstlich – ich bin nicht alleine mit meinem Schlamassel und Knuddelmuddel, wir stecken da alle drin. Womöglich gemeinsam. Gibt ja die Theorie, dass wir sowieso alle eins sind. So wie ja auch Ameisenhaufen oder Bienenstöcke vielleicht im Grunde ein Wesen sind. Heißt das, wenn die Astro-Tante der Hilde aus Hannover hilft, dann ist mir, der Elke in Lissabon, damit auch gleich geholfen? Dann bräuchte ich ja garnicht mehr anzurufen, was ich ja sowieso nicht kann, hier aus dem Ausland. Aber Kalina will, dass wir anrufen. Alle. Immer wieder. Schon, weil sie ja offensichtlich davon lebt. Ob das wirklich irgendwie klappt? Ich meine, das davon Leben für Kalina anscheinend schon, aber die Hilfe für die Anrufer? Wie soll das gehen? Ist das Energie, die von Kalina ausgelöst durch den Kosmos schießt und dann genau Hilde in Hannover trifft?
Manchmal beneide ich den Claudio wirklich um seine rationale Mathematiker-Welt. Bei ihm sind eins und eins einfach immer zwei. Und aus die Maus. Ich dagegen erwarte doch im Grunde meines Herzens immer noch und immer wieder und trotz allem, dass eins und eins mehr als zwei ergibt. Ich will mit Gefühlen einerseits nichts mehr zu tun haben, aber andererseits erwarte ich immer noch das Wunder. Immer noch und immer wieder ...
Ich zappe weiter – da, eine von diesen Fragen, wo man tausend Euro gewinnen kann, wenn man anruft und richtig antwortet. Tausend Euro wären nicht schlecht, da könnte ich mir für den nächsten Sommer eine Klimaanlage kaufen, denn im August ist es hier in Lissabon ganz schön heiß und
Weitere Kostenlose Bücher