Knuddelmuddel
Gedanke von euch, aber ich glaube, das ist nicht der richtige Weg für mich. Und eigentlich geht es mir so alleine ganz gut.
Komisch, dass mir erst jetzt klar wird, wie einsam meine Mutter sein muss, seit mein Vater tot ist. Sie hat ihr Witwendasein einfach hingenommen, das ist der Lauf der Welt, hat sie gesagt, und war dann einfach Witwe. Klar, sie hat getrauert. Aber sie hat es sich nicht wirklich anmerken lassen. Dein Vater hätte nicht gewollt, dass ich mich gehenlasse, hat sie gesagt und hat streng auf eine ordentliche Wohnung und auf ihr Äußeres geachtet. Aber ein anderer Mann kam für sie nie in Frage. Niemand kann den Papa ersetzen, hat sie gesagt. Und so steht das Bild meines Vaters im Wohnzimmer. Und im Schlafzimmer auf ihrem Nachttisch. Und in der Küche hängt der Kalender mit Bildern aus glücklichen Tagen. Meine Mutter teilt ihr Leben mit einem Toten. Hätte ich mich da vielleicht viel mehr kümmern müssen? Man denkt immer, die Eltern sind erwachsen und kommen schon klar. Aber stimmt das wirklich? Womöglich stimmt das garnicht und man müsste sich viel mehr kümmern.
E-mail an Sabine Timm, cc Andrea Reese
Liebe Bine, liebe Andrea, ich glaube, ich habe mich noch garnicht so richtig für eure Anzeigen bedankt! Die Idee war klasse, die Ausbeute interessant. Aber so richtig in mein Beuteschema fiel keiner der Kandidaten.
Stellt sich die Frage: Wie sieht mein Beuteschema eigentlich aus? Da sollte ich mir vielleicht mal Gedanken drüber machen. Witzig zu lesen, wie ihr mich beschrieben habt. Ich wüsste garnicht, wie ich mich beschreiben würde. Ich wüsste garnicht, was ich in so eine Anzeige für mich reinschreiben könnte.
Aber wisst ihr, was das Hauptproblem ist? Dass man die Chemie nicht überprüfen kann. Man kann die Fakten abklären, aber das Gefühl, dieses mit einem anderen Zusammensein und etwas ganz Besonderes spüren – das geht so nicht.
Trotzdem habt ihr mir einen riesigen Gefallen getan.
Ich weiß jetzt nämlich, was, beziehungsweise wen ich alles nicht will. Da bleibe ich lieber alleine, als dass ich mit jemandem zusammen bin, für den ich haufenweise Kompromisse machen müsste. Oder den ich garnicht wirklich liebe. Auf so eine lauwarme Geschichte habe ich keine Lust!
Wenn schon, denn schon, dann auch richtig, mit anderen Worten: Ich will die große Liebe. Das weiß ich seit der „Treppenhausnacht“ mit Claudio. Ihr wisst schon, derjenige welcher. Der, der mir erst die Oper in Madrid versprochen hat und sich dann nicht mehr gemeldet hat.
Wenn schon Essen kochen und Socken waschen und Kompromisse machen, dann wenigstens voll verliebt mit rosaroter Brille auf der Nase!
Aber das mit dem Verlieben ist so eine Sache, weiß garnicht, ob ich das überhaupt noch will. Will ich etwa wieder, dass mein Seelenzustand von einem anderen Menschen abhängt? Nein, eigentlich nicht.
Die Arbeit in der Bar macht mir nach wie vor Spaß. Wusstet ihr, dass es einen Cocktail mit Namen German Virgin gibt? Also wirklich, manchmal fragt man sich ...
So long ihr beiden, eure Elke
PS an Andrea: das Ignatia habe ich immer noch nicht genommen. Ich glaube fast, ich brauche es nicht mehr, ich komme nämlich eigentlich auch so ganz gut klar ...
PS an Bine: was macht eigentlich der Nachwuchs? Müsste der nicht bald kommen?
PPS an euch beide: wie wäre es mit einem Frauen-Frühstück in Lissabon? So um Weihnachten rum? Oder habt ihr was Besseres vor?
PPPS: ja, das ist eine Einladung, ihr könnt bei mir wohnen, die Wohnung ist nicht groß, aber es würde gehen, es wird vielleicht ein bisschen wie glorifiziertes Campen, aber was soll´s
Jetzt aber PC zu und ab ins Bett, es dürfte schon nach drei sein, aber das passiert leicht, wenn man abends arbeitet und erst so spät nach Hause kommt, man muss noch ein bisschen abspannen und schon ist es drei Uhr oder später. Diese Stille hier nachts. Es ist so still nachts hier in der Wohnung. Oft mache ich nicht mal Musik an, schließlich habe ich ja den ganzen Abend Musik gemacht.
Ich mache das Licht aus, aber in der Wohnung ist es trotzdem nicht richtig dunkel, das liegt an den Straßenlaternen, die leuchten die ganze Nacht. Im Wohnzimmer ziehe ich nie die Gardinen zu, nur im Schlafzimmer. Ich stehe am Fenster und werfe noch einen letzten Blick auf die Straße. Ein leichter Wind wirbelt die Blätter über die Bürgersteige der Ferreira Borges, es liegt Herbst in der Luft, womöglich wird es morgen regnen. Die Autos stehen dicht geparkt, es gibt
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