Knuddelmuddel
noch.
Wir stehen vor der Haustür und jetzt kommt der entscheidende Punkt. Der Punkt, an dem entschieden wird, geht man auseinander oder geht man gemeinsam in die Wohnung. João legt die Hände an mein Gesicht. Er streichelt mich. Ich halte ganz still. Er beugt sich nach vorne und küsst mich wieder. Ich nehme meinen Schlüssel und schließe die Wohnungstür auf. Und so landen wir in meiner Wohnung. Die mal unsere gemeinsame Wohnung war. Und leider nicht mehr ist. Aber womöglich wieder werden könnte?
Wir gehen die paar Schritte durch die Diele und schon stehen wir imWohnzimmer.
„Da steht ja wieder ein Klavier“, sagt João.
Und in diesem Moment macht es bei mir endlich Klick. João hat mich nicht nur betrogen, verlassen und eine andere geheiratet. Er hat mir auch noch das Klavier weggenommen. Das Klavier, das das einzige war, was mich hätte trösten können in dieser Zeit. Aber nein, er ist nicht nur gegangen, er hat mir auch noch das Klavier weggenommen, obwohl er nicht mal selber spielt. Was ist das nur für ein Mann? Und was heißt hier Magie? Da ist keine Magie. Da stimmt keine Chemie. Ja, ich finde ihn attraktiv. Körperlich attraktiv. Wie er da so steht, die kurzen Haare, die grauen Schläfen, gute Figur, attraktives Äußeres, und ja, wir hatten sehr schöne Nächte. Und auch gute Tage. Aber dieses Gefühl der tiefen Verbundenheit, dieses Eins-Sein, dieses – was für ein Wort könnte hier passen, um nicht immer und immer wieder diese Magie zu zitieren, keine Ahnung, dieses Was-auch-immer, das ich bei Claudio in der Treppenhausnacht so deutlich gespürt habe – das gab es mit João nicht.
João hat mir das Klavier weggenommen. Aber die Lücke im Wohnzimmer ist wieder gefüllt, mit dem Klavier von Evelina.
João ist weggegangen und hat eine Lücke in meinem Herzen hinterlassen. Aber auch diese Lücke ist wieder gefüllt. Mit der Sehnsucht nach einem anderen Mann. Mit der Sehnsucht nach Claudio.
Mir wird auch klar: der João hat sich total scheiße verhalten.
Selbst wenn er eine andere Frau kennenlernt und sich in sie verliebt, er hätte erst mit mir reden müssen und dann was mit ihr anfangen. Sich erst von mir trennen und dann Vivian einen Heiratsantrag machen. Das wäre die richtige Reihenfolge gewesen. Die ganze Dimension seines Verrats wird mir vielleicht erst jetzt so richtig klar. Was für ein Verräter. Was für ein Scheiß-Typ. Erst betrügt er mich mit Vivian, und jetzt will er Vivian mit mir betrügen. Das Gute ist, mir wird damit auch klar: Die Sache mit João ist endgültig vorbei. Ricky sagt, man soll den gleichen Fehler nicht zweimal machen. Und das hier wäre ein doppelter doppelter Fehler. Denn erstens war ich schon mit João zusammen und es ist schief gegangen. Und zweitens habe ich mich in einen verheirateten Mann verliebt, nämlich in Claudio, und es ist schief gegangen.
Ich gehe zur Tür und mache die Tür auf. Ich zeige auf das Treppenhaus.
Ich sage zu João: Weißt du was, verpiss dich.
Und João sagt: Elke, ich erkenne dich garnicht wieder.
Und ich sage: Ich nehme das mal als Kompliment.
Und João sagt: Aber ich verstehe nicht, was eigentlich los ist.
„Alle Verräter von Bord“, sage ich. „Auf der Stelle. Verräter haben auf diesem Schiff hier nichts mehr zu suchen.“
Schließlich ist heute der Sprich-wie-ein-Pirat-Tag. Und in meiner Wohnung bin ich der Kapitän. Äh – okay Bine – die Kapitänin. Die Kapitänin der Piraten. Die Ober-Piratin. Denn es hat auch weibliche Piraten gegeben, nicht viele, aber es hat sie gegeben. Und ich werde sie googlen, sobald der João hier von Bord ist.
„Hör mal, Elke“, sagt João.
„Nein, nix hör mal Elke“, sage ich. „Raus. Und zwar auf der Stelle“.
João geht zur Tür und verschwindet aus meinem Leben. Hoffentlich für immer.
Das war meine Chance, mich an Vivian zu rächen, ich hätte es ihr heimzahlen können, der João hätte sie doch glatt mit mir betrogen. Aber das ist irgendwie auch keine Lösung. Für niemanden. Und zum ersten Mal bin ich froh, dass der Claudio sich nicht mehr bei mir gemeldet hat. Das war doch sehr fair von ihm. Er ist mit Rute nach Rom gefahren und hat versucht, seine Ehe zu reparieren. Das ist erheblich besser, als das, was der João mit mir abgezogen hat.
Schade nur, dass ich in beiden Geschichten die Verlierin war.
Um mich abzulenken, google ich die weiblichen Piraten. Die Piratinnen.
Grace O`Malley hatte drei Schiffe und zweihundert Piraten unter sich. Nicht schlecht.
Anne
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