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Kölner Luden: Sandmanns dritter Fall

Kölner Luden: Sandmanns dritter Fall

Titel: Kölner Luden: Sandmanns dritter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Keller
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Seitdem kenne ich den Ali.«
    »›Ali‹ nannten Sie ihn?«
    »Er hat sich selber Ali genannt.«
    »Warum?«
    »Eine Abkürzung für Albertz nehme ich an. Gelegentlich habe ich Einkäufe für ihn gemacht. Hin und wieder haben wir ein wenig geredet. Er hatte ja sonst keinen, soweit ich weiß.«
    »Hatte er keine Verwandten oder Freunde?«
    »Keine, von denen ich wüsste. Er lebte ziemlich zurückgezogen.«
    »Hat ihn nie jemand besucht?«
    Das Mädchen dachte eine Weile nach. »Nein, eigentlich nicht. Zumindest habe ich niemanden gesehen. Ich bin natürlich nicht immer hier, müssen Sie wissen.«
    »Klar, Sie sind viel an der Uni.«
    »Und bei der Arbeit«, ergänzte Melissa.
    »Was war gestern?«
    »Gestern habe ich Ali gesehen. Er saß gerne gegenüber unter dem Baum in der Sonne. Auf der anderen Straßenseite.«
    »Aha?«
    »Weit konnte er ja nicht mehr, wegen des Rollstuhls – verstehen Sie? Ich glaube, er wollte gar nicht viel weiter weg. Der muss ewig hier gelebt haben. Der war mit der Straße quasi verwachsen.«
    »Verwachsen?« Bergkamp wechselte uninteressiert das Thema. »Gestern saß er also gegenüber unter diesem Baum?«
    Melissa nickte. Ihre Zöpfe wippten bestätigend. »Ja. Er hat mich nicht gesehen. Schließlich war er ganz in sein Gespräch vertieft.«
    »Mit wem hat er sich unterhalten? Jemanden, den Sie kannten?«
    »Nein, den hatte ich noch nie hier gesehen. Gestern fand ich’s schön, dass sich jemand die Zeit genommen hatte, um mit einem alten Menschen zu reden.« Sie schaute traurig auf ihren leicht zerfransten Ärmel. Offenkundig nestelte sie gerne daran herum.
    »Könnten Sie den Mann beschreiben, mit dem Georg Albertz geredet hat?«
    Melissa überlegte eine kleine Ewigkeit. »Ich weiß nicht. Er saß ja da. Also wie groß er war, das weiß ich nicht. Kräftig wirkte er. Kurze Haare, Brille, Kapuzen-Sweatshirt, Jeans. Nichts Auffälliges eigentlich.«
    »Dunkle Haare?« Bergkamp hoffte, nicht allzu genervt zu klingen.
    »Schon, eher dunkel. Glaube ich. Nein, ich bin mir sicher. Ich habe nämlich eine gute Beobachtungsgabe«, fügte das Mädchen selbstbewusst an.
    »Würden Sie den Mann wieder erkennen?«
    »Natürlich!«, antwortete sie im Brustton der Überzeugung. Dann gingen sie die Treppe hinunter, denn Melissa machte sich auf den Weg zur Uni.
    Allmählich bekam Bergkamp ein Bild vom Tathergang: Jemand entdeckte einen alten Mann auf der Straße, sprach ihn an, folgte ihm nach Hause und raubte ihn aus. Ein einfaches, leichtes Verbrechen und ein einfacher, leichter Fall für ihn. Die meisten Kollegen hassten solche Zufallsbegegnungen, die zu einem Verbrechen führten, weil sie kaum Anhaltspunkte für die Ermittlungen fanden. Bergkamp war das nicht unrecht. Man fand die Täter meist recht schnell, weil Hinweise aus der Bevölkerung die Beamten ans Ziel brachten. Bergkamp würde diesen Fall angehen wie eine Spinne. Er würde sein Netz nutzen und warten. Bei diesem Gedanken fiel ihm etwas ein. Er drehte sich um und rannte dem Mädchen in den Innenhof hinterher.
    »Sie müssten im Präsidium vorbeikommen und sich ein paar Fotos anschauen. Außerdem brauchen wir Ihre Aussage für ein Phantombild.«
    »Ist das wirklich nötig?«, das Mädchen schloss gerade sein Fahrrad auf, als Bergkamp sie ansprach. »Ich habe immer sehr viel zu tun.«
    »Es ist leider unverzichtbar«, antwortete Bergkamp. Seufzend willigte sie ein. Noch vom Auto aus gab er die Beschreibung, die ihm die Studentin gegeben hatte, weiter an die Kollegen. Im Lauf des Tages ging sie an die Presse und die Dinge würden ihren Lauf nehmen.

7
     
    Münzenberg fühlte sich wie ein König. Mit stolzgeschwellter Brust schaute er sich in Rickys Billard um. Obwohl der Salon um diese Zeit am Vormittag eigentlich geschlossen hatte, saßen mehr als ein Dutzend Männer im Halbkreis um ihn herum oder lehnten an den mit grünem Filz bespannten Billardtischen. Einige alte Begleiter war gekommen, mit einigen hatte Münzenberg manche Schlacht ausgefochten. Ein paar der alten Kerle, die noch im Geschäft waren, hatten jüngere Stenze mitgebracht. Männer mit schwarzen, meist kurz geschnittenen Haaren und dunklen Lederjacken über teurem Sportoutfit. Männer, mit denen Münzenberg nicht viel anfangen konnte. Egal, ihm war jede Hilfe willkommen. Er betrachtete es als eine besondere Auszeichnung, dass zwei oder drei der neuen Könige am Ring ihm und seinem Anliegen ihre Aufwartung machten. Wie alle der jüngeren Männer im Raum gehörten sie einer

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