Kölner Totenkarneval: Sandmanns zweiter Fall (German Edition)
schloss die Tür hinter
den beiden und ging ebenfalls in die Küche, wo Bauernfeind eine der Tüten in die
Hand genommen hatte und verächtlich hineinschaute. Augustos Blick hingegen hing
an dem Türreck. Die drei Männer setzten sich.
»Primero el dinero!«, begann Augusto
das Gespräch.
Bauernfeind übersetzte: »Augusto
will Geld sehen.«
»Das habe ich verstanden. Aber ich
will erst wissen, ob es sich für mich lohnt.«
Bauernfeind sagte etwas auf Spanisch
zu seinem Freund, der Mann griff in die Tasche seiner Jacke und schüttete ihren
Inhalt auf den Tisch. Marius sah einen Ausweis der Legion, ein Notizbuch und ein
paar Fotos. Den Ausweis nahm er nur kurz in Augenschein. Sein Gegenüber hieß demnach
Augusto Mortales und war am 5. Mai 1977 in Buenos Aires geboren. Vermutlich war
das nicht sein richtiger Name. Dank des Anonymats wies die Fremdenlegion jedem Legionär
eine neue Identität zu, die er nach seiner Dienstzeit behalten konnte, wenn er französischer
Staatsbürger geworden war. Was die Frage aufwarf, welche Staatsbürgerschaft Blender
hatte?
Aufschlussreicher waren für den
Detektiv die Fotos, die verstreut auf dem Tisch lagen und einen jüngeren Augusto
in Uniform und mit Kameraden zeigte. Der Argentinier deutete mit seinem ölverschmierten
Zeigefinger auf einen Mann neben sich. »Blender«, sagte er kehlig. Marius nahm das
Foto und betrachtete es genauer. Auch wenn er die Haare kürzer trug und einige Jahre
jünger war, war der Mann auf dem Bild ohne Zweifel Horst Blender. Der Detektiv gab
Augusto das Foto zurück. Dann legte er zwei 50-Euro-Scheine auf den Tisch, die gemeinsam
mit den Bildern in der Jackentasche verschwanden.
»Hat er noch Kontakt zu Blender?«,
fragte Marius über Bauernfeind. Nach kurzer Zwiesprache verneinte Augusto. Marius
war das ganz recht. Ihm war nicht daran gelegen, dass Blender über seine Recherchen
in Kenntnis gesetzt wurde. Vorerst nicht. Das weitere Gespräch verlief zäh, Augusto
antwortete wortreich, Bauernfeind übersetzte knapper und Marius war sich nicht sicher,
ob er ihm alles mitteilte. Doch ihm blieb nichts anderes übrig, als dem Nazi zu
vertrauen. Insgeheim glich er die beiden Stimmen mit der aus der Drohmail ab, keine
der beiden kam seiner Ansicht nach in Betracht. Zumal Augusto vermutlich wirklich
kein Deutsch sprach. Schließlich brachte Marius die Befragung zu ihrem heikelsten
Punkt: »Frag ihn, ob irgendetwas in Blenders Fremdenlegionärszeit vorgefallen ist.«
Bauernfeind übersetzte, Augusto
blickte Marius fragend an.
»Er will wissen, was du meinst«,
übersetzte der Glatzkopf.
Marius legte die Hände auf den Tisch
und schaute Augusto direkt an. Meistens war es am besten, die Fragen direkt zu stellen.
»Ist irgendetwas vorgefallen, das
ein Motiv liefern würde, Horst Blenders Kneipe in die Luft zu sprengen? Aus Rache
vielleicht?«
Dem erregten Gespräch zwischen Bauernfeind
und Augusto zufolge schien der Argentinier von diesem Gedankengang sehr überrascht
zu sein. Marius ließ die beiden reden. Als Augusto ihm schließlich antwortete, wandte
er sich direkt an den Detektiv. Nach jedem Satz machte er eine kurze Pause, die
Bauernfeind Zeit ließ, das Gesagte zu übersetzen.
»In der Fremdenlegion macht man
sich nicht nur Freunde … Viele, gegen die er gekämpft hat, sind sauer auf die Legion
… Deswegen gibt es die neue Identität als Legionär … Sie schützt ihn vor Racheakten
… Wir machen unseren Job, die andere Seite macht ihren Job. Keine Rache.«
»Und innerhalb der Legion?«
»Hätte er einem Kameraden Anlass
zu so etwas gegeben, wäre er nicht bis Köln gekommen. Wenn Sie glauben, dass das
Attentat Horst Blender galt, müssen Sie weiter in seine Vergangenheit zurückgehen.«
»Weiter in seine Vergangenheit?«
»Manche gehen zur Legion, um Abenteuer
zu erleben, um etwas Sinnvolles zu tun. Andere, um etwas hinter sich zu lassen oder
um vor etwas davonzulaufen.«
»Wenn das stimmt, dann ist das eine ziemliche Sensation.«
Noch einmal hatte Marius Sandmann
die Nachrichten zum Attentat im Internet durchforstet und war in einem Fernsehbeitrag
auf ein ebenso schönes wie bekanntes Gesicht gestoßen. Ohne lange zu zögern hatte
er nach einem erfrischenden, kurzen Sportprogramm, bestehend aus Sit-Ups, Liegestützen
und Klimmzügen, das Büro wieder verlassen und saß nun Verena gegenüber. Dank ihrer
sehr mitteilungsfreudigen Internetseite wusste Marius, dass sie heute eine Sendung
im Lokalfernsehen moderieren würde und deshalb
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