Kölner Totenkarneval: Sandmanns zweiter Fall (German Edition)
du, er hat sie beim Rummachen erwischt?«, fragte Bergkamp.
Paula lenkte den Vectra genervt
über die viel zu volle Vogelsanger Straße stadteinwärts. Sie hupte, um einen Golf
vor sich zum Weiterfahren zu bewegen. Der Fahrer zeigte ihr im Rückspiegel den Mittelfinger,
und Paula überlegte einen Augenblick, ob sie das Blaulicht herausholen sollte.
»Du meinst den Freund unseres Nagelfrüchtchens?
Möglich wär’s«, antwortete sie stattdessen. »Wir müssen uns jedenfalls mit ihm unterhalten.
Bis dahin können wir ja überprüfen, was wir über ihn haben.« Sie wählte die Nummer
der Zentrale und steckte die Freisprechanlage ein. Hannes Bergkamp beobachtete derweil
die wenigen Fußgänger und wandte sich Paula erst wieder zu, als diese das Gespräch
beendete.
»Wir sollten uns wirklich einmal
mit ihm unterhalten«, sagte sie nur.
12
Es war später Nachmittag, als Marius sich erneut in die Tür hängte,
um ein wenig zu trainieren und nachzudenken. Auf dem Küchentisch standen zwei Tüten
mit Obst und Gemüse aus Ahmeds Gemüseladen. Marius hatte dieses Mal einige Mühe
gehabt, Ahmed dazu zu bewegen, ihn die Ware bezahlen zu lassen. Mit wilden Gesten
hatte der Händler versucht, Marius klarzumachen, dass er nicht zahlen müsse.
»Du hilfst uns so«, entfuhr es dem
verzweifelten Mann schließlich.
»Noch habe ich nichts erreicht«,
hatte Marius geantwortet und die beiden gut gefüllten Tüten bezahlt.
Der Detektiv brauchte immer einige
Sit-Ups, bis er den Kopf freihatte. Im Hängen rief er am Laptop E-Mails ab, außer
einigen Spam-Mails schien nichts Interessantes dabei zu sein. Eine der Nachrichten
hatte einen Anhang, die Adresse war eine beliebige Buchstabenfolge bei einem Hotmail-Account
– anonymer ging es kaum. Marius klickte sie an, im Anhang steckte eine Audiodatei
mit seinem Namen: mariussandmann.mp3. Er checkte die Mail mit dem Virenscanner,
sie war unverdächtig. Nach kurzem Zögern klickte er die Datei an. Die Tonqualität
war miserabel, die Stimme unmöglich zu identifizieren und kaum zu verstehen. Er
musste die Aufnahme fünf Mal hören, bevor er sie verstand.
›Wenn du nicht aufhörst, stirbst
du wie die anderen.‹
Am Ende hörte er einen Knall, vielleicht
eine Tür, vielleicht einen Schuss. Für einige Augenblicke kam Panik in ihm hoch.
Er zwang sich dazu, die Stimme erst einmal zu verdrängen und weiter über den Fall
nachzudenken. Noch war er sich nicht ganz sicher, was er mit der Spur zur Fremdenlegion
anfangen sollte. Zunächst machte das den Wirt nur interessanter. Ob die Polizei
seinen Hintergrund gecheckt hatte? Bevor Marius Sandmann weiter über diese Frage
nachdenken konnte, schellte es an der Tür.
Marius schnallte vorsichtig die
Füße vom Reck, rollte sich auf dem Boden ab und ging durch den kurzen Flur. Die
Stimme von der mp3-Datei erklang wieder in seinem Kopf und er überlegte, ob er aufmachen
sollte. Doch dann drückte er entschlossen den Türöffner für die Haustür und hörte
sogleich schwere Schritte auf der Treppe in den zweiten Stock heraufkommen. Auf
Socken ging er bis zum Treppenrand und spähte durch den schmalen Spalt nach unten.
Auf dem Treppengeländer sah er eine schwere Hand, die er an ihrer Tätowierung erkannte.
Allerdings ging hinter Bauernfeind ein zweiter Mann, von dem Marius nichts erkennen
konnte, außer einem Arm in einer olivgrünen Jacke. Erst als die beiden Männer auf
dem oberen Treppenabsatz angekommen waren, konnte er den Fremden näher in Augenschein
nehmen.
Der Mann war etwas kleiner als Bauernfeind,
drahtiger, und trug zu dem olivgrünen Parka eine weite, schwarze Cargohose und Stiefel.
Das dunkle Haar war nicht mehr ganz dicht, aber lockig, das Gesicht wirkte ausgezehrt
und ließ die dunklen Augen größer wirken. Bauernfeind verzichtete auf jede Begrüßung,
stattdessen stellte er dem Detektiv seinen Begleiter als Augusto vor. Marius streckte
dem Mann die Hand entgegen und begrüßte ihn. Augusto jedoch sah Bauernfeind fragend
an.
»Augusto spricht nur Spanisch. Ich
werde also dolmetschen. Kostet übrigens extra«, erklärte der Nazi grinsend.
Marius schaute Bauernfeind einen
Augenblick perplex an. »Du sprichst Spanisch?«
»Spanisch, Englisch, Russisch. Man
muss sich mit den Kameraden ja unterhalten können. Zumindest, bis unser Deutsch
wieder Weltsprache ist.«
Marius antwortete nichts und bat
die beiden hinein. Bauernfeind steuerte schnurstracks auf die Küche zu, Augusto
folgte ihm, seine Augen scannten hektisch den Raum. Marius
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