König 01 - Königsmörder
ihn mit Abfällen von ihren Esstischen und aus ihren Kuhställen zu bewerfen.«
Nur weil er ein Leben lang gelernt hatte, seine Gefühle in der Öffentlichkeit zu beherrschen, gelang es ihm, keinen Schmerz zu zeigen. Seine Verachtung ließ er sich jedoch mit Freuden anmerken. »Und ich nehme an, Ihr konntet es nicht erwarten, Euch anzuschließen, nicht wahr? Ihr müsst sehr stolz auf Euch sein.« Willer errötete und reckte sein Doppelkinn vor. »Durms Bücher und Papiere in einer Stunde – oder Ihr werdet es mit dem Zorn Seiner Majestät zu tun bekommen.«
»Es tut mir so leid, Herr«, sagte Darran, sobald Willer wieder gegangen war. »Ich hätte ihn nicht hereingelassen, wenn ich…«
Gar reichte ihm Conroyds Schreiben. »Was haltet Ihr davon?«
Verblüfft nahm Darran es entgegen und las es. »Ich… ich bin mir nicht sicher, ob ich weiß, was…«
»Es ist Conroyds Handschrift. Nach zwei Jahren im Kronrat würde ich sie überall erkennen. Das Gleiche sollte mittlerweile für Euch gelten. Aber…« Er schüttelte den Kopf. »Meint Ihr nicht, dass etwas
seltsam
daran ist?«
Darran betrachtete das Schreiben noch einmal. »Es tut mir leid, Herr. Nein.« Er runzelte die Stirn. »Die Schrift ist vielleicht eine Spur unsicher…«
»Ihr seht es auch, nicht wahr?«, fragte Gar. »Es ist Conroyds Handschrift… und andererseits ist sie es doch nicht. Als ob…« Er brach ab. Die Idee war einfach zu fantastisch, um sie in Worte zu fassen.
»Ja, Herr?«, hakte Darran nach. »Als ob was?«
Er nahm das Schreiben wieder an sich. »Als ob ein anderer seine Hand über die von Conroyd gelegt hätte, während er die Feder hielt.«
»Oh«, sagte Darran. »Ich verstehe. Ja. Nun, das wäre sehr seltsam, Herr.« »Denkt nicht weiter darüber nach«, riet Gar und knüllte das Papier zusammen. »Ich bilde mir etwas ein. Darran, ich brauche Eure Hilfe.«
»Gewiss, Herr«, sagte Darran. Er klang erleichtert. »Was soll ich tun?« »Durms Bücher und Journale. Ich möchte sie ein letztes Mal durchgehen, bevor ich sie Conroyd überlasse. Ich weiß nicht. Es besteht nur eine geringe Chance, aber ich denke die ganze Zeit, dass ich es
übersehen
habe.«
»Was übersehen, Herr?«
Er holte tief Luft. Dieses Geheimnis war ein Luxus, den er sich nicht länger leisten konnte. »Als er starb, hat Durm mir erzählt, dass er ein Tagebuch gefunden habe. Barls Tagebuch. Er schien es für wichtig zu halten. Ich will es finden. Ich will dafür sorgen, dass es Conroyd nicht in die Hände fällt.« Darran riss die Augen weit auf. »Herr! Wenn das wahr ist… Es könnte alles ändern!«
»Das ist es, worauf ich hoffe«, entgegnete er und verzog das Gesicht. »Worum ich bete. Durm hat das Tagebuch als unsere einzige Hoffnung bezeichnet, und
ich
habe die Hoffnung, dass er Recht hatte. Er hat mich vor Conroyd gewarnt. Irgendwie denke ich, er wusste, dass sich eine Katastrophe zusammenbraute. Aber wir haben nur eine Stunde Zeit. Ich fürchte, das Frühstück wird warten müssen. Ihr habt Euch solche Mühe mit dem Kochen gegeben …« »Meinetwegen kann das Frühstück verbrennen, Herr«, erwiderte Darran entschieden. »Lasst uns diese Bücher herbeiholen.«
herum fühlte sich ungewohnt an. Während sie benommen blinzelte und versuchte, ihre zerfahrenen Gedanken zu sammeln, hörte sie das Krachen einer Axt, die irgendwo draußen auf Holz schlug.
Nachdem sie den Nachttopf benutzt und frische Kleidung übergezogen hatte, durchstreifte sie den Rest des Hauses, nur für den Fall, dass ihre Gefühle sie getäuscht hatten und Veira doch da war, sodass sie mit ihr reden konnte. Aber nein. Weder Veira noch Matt waren im Haus, daher ging sie durch die Küchentür hinaus in den von Bäumen gesäumten Hinterhof, wo Matt Feuerholz hackte.
Er sah sie an. Nicht wütend, aber auch nicht freundlich. »Veira ist mit den Schweinen spazieren gegangen«, sagte er, während er ein frisches Scheit auf den Block legte. »Wer weiß, wie lange sie fort sein wird. Ich habe für dich Haferbrei auf dem Herd gelassen.«
»Ich habe ihn gerochen«, erwiderte sie und hockte sich auf einen in der Nähe stehenden Baumstumpf. Der Gedanke an Essen war widerwärtig. Ihr war flau im Magen vor Übelkeit. »Vielleicht später.« Sie trat mit den Fersen gegen den Baumstumpf; die drei schwarzweißen Hühner, die in der Nähe im Gras scharrten, ergriffen erschrocken und gackernd die Flucht.
Er nickte.
Als Dathne in dem Bett erwachte, das Veira für sie hergerichtet hatte, sah sie durch
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